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Happy End

Von chevaline 29.06.2014, 11:06

Zum Happy End gehören in unserer Vorstellung Hochzeitsglocken, ein weißer Schleier und die um der Fruchtbarkeit willen auf das Brautpaar geworfenen Reiskörner. Doch diese kleinen Körner enthalten das Übel, denn wenn der Zauber wirkt, sind Kinder diejenigen, die ein andauerndes Happy End in eine weite Ferne rücken.
Gibt es überhaupt ein andauerndes Happy End? Ist es nicht vielmehr wie mit dem Glück? Oftmals geht es einem erst sehr viel später auf, dass eine bestimmte Lebensphase, oder auch nur eine Stunde, ein Augenblick, reines Glück gewesen sind. In dem Moment, da es wahrgenommen wird, ist es bereits Vergangenheit.
Das Happy End kommt aus der Traumfabrik, aber Hollywoods Regisseure haben es nicht erfunden. Das Happy End ist viel älter – die Märchen enden schon: „Sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende.“ Ob das immer Glück war?
Adam und Eva wurden aus dem Paradies vertrieben. Die Menschheitsgeschichte begann also nicht mit einem Happy End. „Nichts ist schwerer zu ertragen, als eine Reihe von Festtagen.“ wusste schon Goethe zu sagen. Er wird gewusst haben wovon er sprach. Auch Eva wird das Paradies schließlich langweilig geworden sein, hätte sie sonst auf die Schlange gehört? Shakespeare hat gewusst, warum er Romeo und Julia sterben ließ. Was wäre nach einem Happy End dieser romantischen Liebesgeschichte noch zu erzählen gewesen? Glück schläfert ein, am Leid wachsen wir. Trotzdem ziehen wir das oft nur vermeintliche Glück vor. Wir werden ums Leid nicht herumkommen, es ist die Kehrseite der Medaille.
Ist Glück nur als Happy End zu erzählen? Das kommt sicher darauf an, was unter Glück verstanden wird, und das kann sich im Laufe eines Lebens wandeln. Oft erträumen wir uns ein Glück, ein Happy End, das uns Gott-sei-Dank verwehrt wird. Für eine große Liebe, die nur während der Urlaube gelebt wird, ist ein Happy End möglicherweise das Ende. Die chaotische Unordnung des Geliebten, für ein paar Wochen erträglich, ja liebenswert, würde zum Anlass unendlicher Streitereien werden. Wenn wir vor der Erfüllung unserer Träume bewahrt werden, erweisen sich die offenen Enden zum Schluss oft als die glücklicheren.
Märchen, die happy enden, weitergehen, wäre richtiger zu formulieren, sind selten. Eine viel versprechend beginnende Liebesgeschichte, die nie ihre Erfüllung findet, macht uns zwar erst einmal todunglücklich, stürzt uns in Verzweiflung, aber sie beschäftigt uns ein Leben lang, lässt uns alle unsere Träume auf sie häufen.
Nach dem Happy End beginnt das eigentliche Leben. Wenn die Kirchenglocken verklungen sind, der Brautschleier eingemottet und das Paar von der Hochzeitsreise zurückgekehrt ist, beginnt die Aufgabe, ein langes Leben gemeinsam zu gestalten, um glücklich und zufrieden, wie Prinz und Prinzessin im Märchen, bis ans Ende zusammen zu leben. Ein andauerndes Happy End ist, wenn es wirklich einmal gelingt, andauerndes Bemühen.

Elke Tegtmeyer

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