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FIDELE LEICHEN I

Von egalis Samstag 16.01.2021, 15:11

Zu meinen Großeltern hatte ich ein etwas gespaltenes Verhältnis. Eine Herzlichkeit gab es nicht. Seit Opa mir ein fernlenkbares Auto weggenommen hatte, das mein größter Wunsch gewesen war und das ich vom Weihnachtsmann bekam, war meine Sympathie auf ein Minimum geschrumpft.
Es war die Zeit des wirtschaftlichen Aufbaues. Er brauchte das Auto für einen Kunden, der ihm im Gegenzug eine Tür besorgen konnte. Und was wollte ein fünfjähriges Kind mit einem Fernlenkauto – und dann noch ein Mädchen – und Auto?? Den Seelenschmerz vergaß ich nie.

Zwei Wochen vor meiner Hochzeit starb mein Opa. Meine Familie fuhr mit mir und meinem Bräutigam zur Beerdigung, wo sich die ganze große Verwandtschaft traf. Dazu gesellten sich Geschäftspartner, Freunde und Bekannte. Die Kirche war voll und der Friedhof um das Grab schwarz von schwarzgekleideten Menschen.
Obwohl das Verhältnis zum Opa zu wünschen übrigließ, war ich doch traurig.

Die Trauergesellschaft fand sich anschließend im Gasthof ein und bald machten die ersten alkoholischen Getränke ihre Runde. Mit einigem Erstaunen beobachtete ich die lockerer werdenden Trauergäste und war entsetzt, als Witze die Runde machten und herzhaft gelacht wurde.
Es war die erste Beerdigung in meinem Leben und die hatte ich mir wesentlich anders vorgestellt.
Was war jetzt aber mit unserer Hochzeit? Mussten wir die absagen und das Trauerjahr abwarten?
Oma wurde gefragt, Tanten klinkten sich ein: „Nein“, hieß es, „das würde Opa nicht wollen. Er wollte, dass Ihr eifrig feiert und ihn vielleicht nochmal hochleben lasst.“

So ist es dann auch geschehen.

ebd

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