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Sehnsucht nach Kreta

Von Feierabend-Mitglied Mittwoch 07.06.2023, 23:51 – geändert Donnerstag 08.06.2023, 02:38

Nach dieser langen Zeit in der Großstadt bricht mein Bedürfnis nach Freiheit und Weite schmerzlich auf. Ich war mehrere Male auf Kreta, ich liebe diese Insel, am eindrucksvollsten war meine erste Tour 1982 ganz allein. Der Urlaub war so nicht geplant, ich wollte mit einer Kollegin fahren und die erste Woche mit ihr verbringen, um mich erst einmal zurechtzufinden, es war meine erste Reise ins Ausland. Ganz überraschend verabschiedete sie sich bereits im Flugzeug, sie hatte Freunde getroffen und wünschte mir eine schöne Zeit.

Ich war fassungslos und wünschte, der Flieger würde auf der Stelle umkehren. Aber dann atmete ich tief durch, redete mir gut zu und versprach mir, mich für eine neue Erfahrung ganz weit zu öffnen. Ich fuhr per Anhalter nach Heraklion zum Busbahnhof und wollte in ein kleines Dorf im Süden. Die erste Nacht schlief ich am Strand, für die nächste Nacht zeigte mir am späten Abend jemand ein freies Bett in einem großen Raum. Es gab noch keinen Strom in diesem Ort. Am nächsten Morgen erwachte ich mit 9 Männern im Zimmer. Alle waren so herzlich und hilfsbereit, sie waren jung und ich schon 42 Jahre alt, meine innere Sicherheit wuchs und ich entschied mich dafür, die Insel zu erwandern, ganz allein. Per Anhalter über die Berge, ließ ich mich in einem kleinen Dorf absetzen und frühstückte genussvoll unter freiem Himmel. Dann trabte ich los, ohne Ziel, ich hatte ja Zeit.

Ich lief durch Olivenhaine mit herrlichen alten Bäumen, füllte meine Flasche mit Quellwasser und kaufte mir im nächsten Dorf Proviant. Am Abend sah ich ein Bergdorf und ich entschloss mich, den Weg dort hinauf zu wandern. Plötzlich erschrak ich, denn oben sah ich eine Schar griechischer Männer, die mich sahen und sofort wegliefen. Ich blieb stehen und wartete unentschlossen. Dann kamen viele Frauen mir entgegen, winkten, redeten laut durcheinander, ich verstand kein Wort. Sie fassten mich bei den Händen, nahmen mir meinen Rucksack ab und führten mich in das Dorf.

In kurzer Zeit war ein Essen bereitet, viele Frauen beteiligten sich daran, wir lachten viel und redeten mit Händen und Füßen und der Ouzo floss. Dabei erfuhr ich, dass die Männer weglaufen, um eine alleinreisende Frau nicht zu erschrecken, dann schicken sie die Frauen zum Willkommen. Ein toller Abend folgte mit Gesang und Tanz und soviel Gastfreundschaft. Ich schlief auf einem Sofa und wurde am nächsten Tag mit Proviant versorgt, verabschiedet. Ich wanderte durch eine traumhaft schöne Landschaft, schlief nachts meist im Freien, schaute andächtig in die Sterne und atmete die heilenden Kräuter, die mich umgaben. Eines Abends kam ich zu einer Schafherde, der Schäfer, uralt, lud mich ein, teilte sein Brot mit mir und bot mir zur Nacht seinen Schlafsack an. Den Geruch allerdings werde ich niemals vergessen.

Viel zu schnell war diese Zeit zu Ende, das Gefühl von Freiheit und innerer Heilung hat mich sehr lange getragen. Das würde ich gern noch einmal erleben.

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