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Ostergedanken

Von optik Dienstag 19.03.2024, 10:03

Vom Eise befreit sind Strom und Bäche,
durch des Frühlings holden, belebenden Blick.
Im Tale grünet Hoffnungsglück,
der alte Winter in seiner Schwäche
zog sich in rauhe Berge zurück….

Es sind wohl einige wenige, die sich an den gesamten Wortlaut dieser Zeilen erinnern und sie noch in voller Länge kennen. Beginnend mit den Gedanken an den Winter wird die Frische bejubelt und die zunehmende Strahlenkraft der Sonne, die kein Weißes mehr duldet und „überall regt sich Bildung und Streben, alles will sie mit Farbe belegen“.

Ja, diese kraftvollen Worte fand einst unser Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe im ersten Teil seiner Tragödie, in seinem Faust. Die Passage beschreibt einen Osterspaziergang. Und wer vermag nicht nach den trüben, dunklen und oftmals verschneiten, verregneten Monaten des Winters derartige Hoffnungen an die Sonne, das erste frische Grün und die ersten zarten Farben zu hegen?
Vom Erwachen des Frühlings wurden zahlreiche Dichter und Denker zu wahren Freuden- und Wonnebekundungen veranlasst. Ob Möricke, Fontane, Rilke, Heine, Uhland, alle klassischen Denker beschrieben dieses alljährlich wiederkehrende Schauspiel der Natur. Bei Eichendorff heißt es: „die Welt wird schöner mit jedem Tag, man weiß nicht, was noch kommen mag“, usw. usw. Für uns, dem ab- und aufgeklärten Personenkreis ist der Frühling mit dem Osterfest verbunden. Pragmatisch stülpt uns der Handel mit seinen Saisonartikeln gleich nach dem Weihnachtsfest die Osterhasen, -eier und all den süßen Kram über, an dem niemand vorbeikommt.

Aber: Es liegt auch etwas Geheimes in dem Geschehen der Natur, etwas Mystisches in den Bräuchen und Ritualen. Dabei wäre als Erstes das Ei zu nennen, dass als Ursprung allen Lebens anzusehen ist. Bereits in der urchristlichen Zeit war es neben dem Sinnbild des Lebens auch das der Auferstehung. So las ich in alten Büchern, dass man im Altertum einem Toten ein Ei mit ins Grab gab. Aus einem scheinbar toten Körper schlüpft schließlich etwas Lebendiges. Ein Ei hält etwas verborgen wie ein verschlossenes Grab. Damit wird eine Beziehung zur Auferstehung Christi deutlich.
Die Form von einem Ei ist ohne Anfang und Ende. Was war zuerst: Ei oder Huhn? So lässt sich die Frage nach der Ewigkeit deuten.
Wirtschaftlich war das Ei ein Zahlungsmittel, eine Gegenleistung, mit der man Pacht und Zins begleichen konnte. Während der Fastenzeit war der Verzehr von Eiern untersagt. Bis zum Osterfest hatten sich daher viele Eier angesammelt.

Innerhalb der vielen Jahrhunderte nach der christlichen Zeitrechnung fanden sich verschiedene Ursprünge der Farben. Rote Eier sah man vor mehr als tausend Jahren in Ägypten, es soll die Farbe des Blutes Christi, die des Lebens und auch die der Lebensfreude darstellen. Aus Osteuropa kennt man goldfarbene Eier als Zeichen von Kostbarkeiten.
Der Hase als Überbringer der Ostereier gilt als reiner Volksglaube. Im Haushaltsbuch eines Speyerer Domherren steht überliefert, das die Gläubigen mit Hasen und Eiern bezahlt wurden.
Aus weiteren Überlieferungen geht hervor, dass ein Schuldner nach der Bezahlung seiner Schulden wieder als freier Mann galt, der mit einem Hasen verglichen wurde, der nicht mehr vom Hund gehetzt wird. Zum anderen gilt der Hase wegen seiner starken Vermehrung als Symbol der Fruchtbarkeit, was zum Fest der Auferstehung und des Lebens passt.

Auch die Tradition des Osterfeuers reicht bis in die vorchristliche Zeit zurück. So war das Feuer im Altertum Göttern und Menschen heilig gewesen. Man sorgte dafür, dass es niemals ausging. Mit dem Frühlingsfeuer wurde in heidnischen Zeiten die Sonne begrüßt, die als Mittelpunkt des Lebens galt und als Kult der Fruchtbarkeit Wachstum und Ernte sichern sollte.
Der Sieg über den Winter, das Erwachen nach langer, kalter Zeit deutet auf das Christentum in der Auferstehung Jesu hin und als Licht in der Finsternis. Teilweise wird am Osterfeuer eine Osterkerze angezündet.
Das Osterlamm stammt aus dem Ritual der Juden zum Passahfest. Das Lamm wird zum Gedanken an Gott geschlachtet und verspeist. Im Christentum wurde das Tier symbolisch zum Lamm Gottes, versehen mit einer Fahne als Zeichen des Sieges. Sein weißes Fell gilt als Symbol für Reinheit und friedliche Lebensweise und wird als Zeichen des Lebens und des Friedens angesehen.

Wie viele Erinnerungen gehen uns durch den Kopf, wenn wir Frühlingslieder singen oder hören. Ja, es kommen Gedanken an den ersten Lenz, an die erste Liebe, ach so viele andere Dinge kommen in uns auf und ein Frühlingsgedanke beschwingt unser Herz.
Einen ganz besonderen Zauber , der sich mit Ostern verbindet, hat Richard Wagner in Töne gefasst. Gemeint ist der Karfreitagszauber in Parsifal. Wagner nannte es ein Bühnenweihspiel und weihevoll ist es allemal für den Liebhaber und Zuhörer seiner Werke.

Ich hatte mit einem Klassiker begonnen und ebenso klassisch möchte ich meine Gedanken beenden. Beim Lesen in Berichten über Richard Wagner und seine Werke fand ich die Worte des Theologen Dr. Gerhard Begrich:
…. „es gibt diese Augenblicke, in denen des Frühlings Blütensegen die Welt verändert, dass die Erde aufstrahlt in der Schöpfung ursprünglicher Schönheit. So, als wäre Gott gerade vorbeigegangen und hätte seine Spuren hinterlassen. Damit ist die Schöpfung gemeint, von der wir vieles zu sagen wissen, nur das eine nicht, dass sie gut sei.
Nein diese Welt ist nicht gut, sie ist auch nicht die beste aller möglichen, dies zu glauben ist uns längst zerschlagen.
Aber geblieben ist ihre Schönheit, hin und wieder zu schauen…


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