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Laster mit dem Zaster Teil 2

Von optik Freitag 12.01.2024, 17:32

Den geneigten Leserinnen und Lesern ist schon klar geworden, dass ich keiner finanziell durch und durch abgesicherten Oberschicht angehöre. Dafür hätte ich mir „embryonal“ ein anderes Nest aussuchen müssen. Ich bin auch keine Lottomillionärin. Ich spiele nicht. Die Wahrscheinlichkeit eines richtig großen Gewinns steht ja auch nur bei 1 zu 140 Millionen. Ich lebe auf dem Lande und die „großen Tiere", die sich mit Bullen und Bären auskennen, gehören nicht zu meinem Bekanntenkreis. Allerdings höre ich häufig von jenem unruhigen Dax, dessen Gewinne und Verluste mich seit jeher eher genervt als interessiert haben. Ich verlagerte das Glück in meinem Leben in andere Bereiche, z.B. in meinen kleinen Terrier und – manchmal - auch in die Liebe.
Früher wäre es ja selbstverständlich gewesen die übrig gebliebenen „Piepen“ direkt und spontan ins Sparbuch eintragen zu lassen. Aber heute gibt es ja keine herkömmlichen Sparbücher mehr, geschweige Zinsen und - somit erübrigt sich der Transfer. Außerdem: Wofür sollte ich das? Größere Anschaffungen stehen in meinem Alter nicht mehr an. Im Gegenteil, ich bemühe mich langsam, meinen wohnlichen Bereich zu reduzieren. Ich möchte auch keine Geschenke mehr, die zwar nett anzusehen sind, sich allzu oft aber als Staubfänger entpuppen. Der Kleiderschrank hängt auch voller Klamotten und die Gelegenheiten sich aufzubrezeln verlieren zunehmend ihren Reiz. Einzig dem kleinen inneren Schweinehund zolle ich meine uneingeschränkte Treue. Er liebäugelt mich so verführerisch und schmachtet sinnlich an, wenn kleine süße Schokoverführungen vor mir liegen. Dann kann ich nicht wiederstehen, dann muss ich sündigen.
Natürlich wurde ich als ein Kind der Nachkriegszeit zum Sparen erzogen. Zahlte später als ordentliche, gute Bürgerin treu, brav und ehrlich meine Steuern und Abgaben. Damals galt das Sprichwort: Spare in der Zeit, dann hast du in der Not! Heute gilt eher: Spare in der Not, denn für die lange Zeit danach bleibt nicht mehr viel! Für mich als Rentnerin ist es ein Glück, dass ich mit wenig Einkommen auszukommen gelernt habe. Zu Rechenprofis hat uns - mehr noch als die Schule - das Leben gemacht.
Vor Monaten wiesen uns Wahlplakate mit durchweg lächelnden Konterfeis darauf hin, dass wir gut und gerne in diesem Land leben würden. Das merkte ich auch schon länger beim Einkauf. Denn der Handel denkt mit und zeigt sich wirklich bestrebt, uns Verbrauchern dieses gute Leben zu verdeutlichen. Die Preise stiegen stabil an, dafür verringerte sich der Inhalt in den Packungen klammheimlich und versteckt. „Weniger, kleiner und teurer“ scheint angesagt zu sein.
Andererseits wird unsere Nahrung immer vielfältiger und – zugegeben - teils auch schmackhafter. Angereichert mit allem Möglichen und Unmöglichem und als wertvoll gepriesen, mit Zutaten die kein Mensch kennt. Wie einst beim „Zauberlehrling“ des eingangs zitierten Geheimrats Goethe: "Herr und Meister hör mich rufen, Herr die Not ist groß! Die ich rief, die Geister werd ich nun nicht los."

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