"Ich habe heute die Ehre, Sie ..."

Selbstsuggestion ist etwas Feines und so unterdrückte ich bereits auf der Fahrt zur Klinik, in der mich zum wiederholten Male die Augenspritze erwartete, ein Gähnen. Der Zuhause- Beruhigungstee schien also zu wirken. Dementsprechend schwebte ich denn etwas froheren Mutes die Treppe hoch, wurde mit einladender Geste in den Vorraum des OP-Raumes gebeten und dort mit blauem Mützchen sowohl auf dem Kopf als auch um die Schuhe geschmückt. Störte mich so gar nicht, denn Blau steht mir ausgesprochen gut.

Eine Arzthelferin öffnete die Tür, strahlte mich an wie eine Flugbegleiterin beim Betreten der Maschine und bat mich, wieder mit einladender Handbewegung, in den OP. Dort standen drei Liegen, eine nah des Ausganges, eine mittig und eine ganz hinten an der Wand. Leider wurde mir die an der Wand zugewiesen. Die vordere hätte mir zwecks Fluchtmöglichkeit gen Ausgang noch besser gefallen, aber ich war ja beruhigt und nahm nach höflicher Aufforderung gehorsam auf ihr Platz. Fürsorglich schob sie mit eine Nackenrolle unter den selbigen und eine zweite unter die Knie.
„Liegen Sie bequem?“
Hm, ich wollte sie nicht frustrieren und bejahte gepresst. Es war glatt gelogen, denn die letztere hatte das Hosenbein hochgezogen und dies war verflixt unangenehm. Heimlich rubbelte ich mit dem Schuh so lange an ihm herum, bis ich wieder einen korrekt gekleideten Anblick bot.

Es dauerte noch ein paar Minuten. Der Tee wirkte noch stärker und ich kämpfte verzweifelt dagegen an, einzuschlafen. Plötzlich aber vernahm ich wie aus weiter Ferne eine sympathisch klingende weibliche Stimme, die rasch näher kam. Sofort wieder wacher, sah ich zur Seite. Neben mir stand eine zur Stimme passend sehr sympathisch wirkende junge Ärztin, die Spritze bereits im ´Anschlag`.
„Hallo, Frau S! Ich habe heute die Ehre, Sie behandeln zu dürfen!“
´Huch, so bin ich hier noch nie begrüßt worden!`
Total perplex lächelte ich sie nur an.
“Aber gerne!!“, bekam ich nicht heraus.
Wenige Sekunden später hatte ich es hinter mir und schwang mich, nun wieder hellwach, grinsend zurück in die Senkrechte. Die mir hilfsbereit entgegen gestreckten Hände der Helferinnen ignorierte ich.
„Dankeschön! Alles okay!!“

Wieder im Wartezimmer rief ich meinen Chauffeur(= Ehemann) an:
„Bin fertig!“
Kurz darauf hielt der Wagen vor der Tür und ich stieg ein.
„Da hatte gerade jemand die Ehre, mich ...“, platzte ich heraus.
„Hääh!!??“