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HOCHZEIT MIT HINDERNISSEN

Von egalis 17.01.2021, 15:25

Donnerstag, vor Pfingsten 03. Juni
„Nanu, Ihr auch hier?“, sagte Bruno, als er und Renate uns auf dem Schiff, das uns nach Borkum bringen sollte, entdeckten. Bruno ist mein Chef auf dem Pferdehof gewesen und Renate war eine Reitfreundin, die ihren Urlaub dort verbrachte. Bruno und seine Frau hatten uns eingeladen, unsere Hochzeit bei ihnen im Saal, der mit der Wirtschaft zum Hof gehörte, zu feiern.
Morgen war nun dieser Tag. Die Verwandtschaft von meinem Liebsten wollte dann mit dem ersten Schiff anreisen.
Meine Familie, Onkel, Tanten und Freundinnen waren schon da und warteten auf uns. Oma war nicht mitgekommen, sie war ja zwei Wochen vorher erst Witwe geworden. Ihre älteste Tochter, meine Patentante, hatte ihr Geschenk mitgebracht.
„Lasst uns man erst noch einen Schnaps trinken“, meinte Bruno und wir prosteten uns zu. Bei einem Schnaps blieb es aber nicht. Unser Dampfer, die „Rheinland“ brauchte damals noch längere Zeit zur Insel als die Fähren heutzutage. So waren wir in lockerer Stimmung, als wir auf Borkum ankamen und waren uns einig, dass wir jetzt noch nicht zum Hof konnten.
In unserer Stammkneipe von früher, im „Störtebeker“ feierten wir so richtig schön unseren Junggesellenabschied, mit all unseren Freunden aus meiner Borkumzeit, die wir dort trafen.
Als einer fragte, ob wir denn schon eine Kutsche hätten, mit der wir zur Kirche fahren würden, schlug Bruno sich vor die Stirn: „Schiet ok. Das habe ich vergessen.“ Er hatte uns nämlich eine Kutsche besorgen wollen. Er telefonierte hin und her, aber keiner hatte einen Wagen frei. Gerade, als wir gehen wollten, kam Kobus herein und hörte noch von unseren Schwierigkeiten. „Ich habe Sonnabend wohl Zeit“, sagte er. Wir waren erleichtert.
Der Tag hatte angefangen, es war schon fast Melkezeit, als wir zum Upholm kamen. In der Küche brannte Licht. Unser Leisegang hatte nicht viel genützt: Plötzlich stand Hilde im Flur und ließ ein Donnerwetter los, dass es nur so krachte. Dann standen unverhofft meine Eltern neben ihr. Die Augen meines Vaters sprühten Blitze, meine Mutter stand kurz vorm Weinen.
Das war eine Stimmung!
Unsere beschwingte und gute Laune war wie weggeblasen.
Die Gäste hatten mit uns Polterabend feiern wollen und wir waren nicht da. Meine Schwestern hatten geheult, meine Brüder geschimpft, die anderen Gäste waren beleidigt ins Bett gegangen.
Das alles konnte ich nicht aushalten. Mir schossen die Tränen in die Augen und vor lauter Verzweiflung wollte ich von der ganzen Hochzeit nichts mehr wissen. Mein Einziger hatte Mühe, mich zu beruhigen.
Dann durften wir noch nicht einmal zusammen in einem Zimmer schlafen, weil es sich nach Meinung meiner Eltern nicht gehörte, wenn man noch nicht verheiratet war. (Wenn sie wüssten...) Dabei hätte ich mich so gerne trösten lassen! Mein Bräutigam schlief oben, neben dem Zimmer von meinen Eltern und ich hatte meine Kammer unten. Die alte Treppe war nicht liebefreundlich. Sie knarrte entsetzlich. An ein Zueinanderschleichen war also nicht zu denken.

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