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Ein Lyzeum schützt seine Schäfchen

Von tastifix Freitag 01.03.2024, 13:08

An meiner Schule waren männliche Geschöpfe extrem unerwünscht. Egal, wie jung sie waren, galten sie als für die weibliche Psyche schädliche Monster. Tauchten sie dennoch auf dem Pausenhof auf, um nach Unterrichtsschluss ein Schutzbefohlenes zu entführen, schien es wie ein Wunder, dass nicht sofort der Feueralarm ausgelöst wurde.

Ältliche Lehrerinnen rannten hektisch umher, verzweifelt bemüht, schleunigst sich selber und auch die Schülerinnen in Sicherheit zu bringen. Sie scheuchten die halb erwachsene Kicherschar in die Klassenräume und knallten deren Türen betont heftig zu. Dass sie vor den Schlitz zwischen Tür und Boden nicht noch Bücher stapelten, war alles. Jene betreffenden Damen hatten uns zuvor bereits mehrmals eingetrichtert, dass auch Türen eine empfindsame Seele und wir dementsprechend zartfühlend mit ihnen umzugehen hätten.

Je älter wir Mädchen wurden, umso mehr wuchs die Panik vor den ebenfalls heranwachsenden jungen Männern. Eines Tages - inzwischen waren die Meisten 16 Jahre – entschied die Lehrerschaft, dass es dringend Zeit würde, uns das Basiswissen um den Unterschied Mädchen(Junge zu vermitteln.

Es geriet zur amüsantesten Pseudo-Bio-Stunde unseres langjährigen Schülerinnendaseins, denn die besagten Lehrerinnen platzten mit ihrem Anliegen ausgerechnet in die Musikstunde hinein. Wir lauschten gerade wahrlich entrückt Liedern von Heintje und Hansi Hinterseer. Vielleicht hatten die Damen überlegt, dass dieser unsägliche Schmalz als Hintergrundmusik der ihnen entsetzlich peinlichen Situation die Peinlichkeit nehmen oder diese wenigstens minimieren könnte. Noch nichtsahnend und nur erstaunt, dass gleich drei Lehrerinnen gleichzeitig die überaus romantische -Stimmung störten, harrten wir gespannt auf das, was uns denn erwarten würde. Im Zeitraffertempo gingen wir unser Streiche-Sündenregister durch. Doch da gab es nichts, was einen solchen Auftritt gerechtfertigt hätte. Erleichtert atmeten wir auf, denn mit Einträgen ins Klassenbuch musste also nicht gerechnet werden.

Und schon ging es los: Mit hochroten Köpfen und am Rocksaum nestelnden Händen stotterten sie etwas von Bienen und Blumen und ob wir vielleicht schon mal beobachtet hätten, was dabei so vor sich ging. Weil wir alle nicht so ganz doof warten, dämmert´e uns bereits beim ersten ´Summ, Bienchen, dass sich diese Stunde für immer in unser Gedächtnis einbrennen würde. Fast erstickten wir an nur mühsam unterdrücktem Prusten und hier und da vernahm man denn doch ein leises Glucksen. Sie hielten sich mit ihren Ausführungen nämlich nicht länger bei den Bienchen auf, sondern brachten dann alles recht fix auf den Punkt. Und wir, die wir sichtlich Oberwasser bekamen, brachten es dann fertig, die vor uns stehenden, vor Scham fast in den Boden versinkenden Grazien nach Strich und Faden zu veräppeln. Unschuldig guckend schauten wir sie fragend an:
„Meine Güte! Soo geht das also und wir dachten, dass der Klapperstorch ...“
Was wir wirklich glaubten und vor allem in diesen Minuten von dem dreifachen Lehrkörper hielten, blieb sicherheitshalber unser Geheimnis. Derweil ihnen nämlich wegen des verfänglichen Themas Schweißtropfen auf die Stirnen traten, bewies sich für uns genau das als zutreffend, was wir sowieso bereits all die Jahre lang vermutet hatten. Garantiert hatten sie mit keinem einzigen männlichen Wesen eine wie auch immer gestaltete Gemeinsamkeit gepflegt und hätten von Einigen aus der Klasse noch eine ganze Menge lernen können. Denn die hatten längst ihren Freund und brauchten keine Bienchen und Blümchen mehr zum glücklich sein.

Entgegen ser extremen Bemühungen jener Lehrerinnen, uns vor dem Einfluss der Männlichkeit zu bewahren, heirateten wir später fast alle sehr früh und und fühlten uns in der Rolle als junge Ehefrauen recht wohl.
Was unsere Lehrerinnen wohl dazu gesagt hätten? Sie wären bestimmt einer Ohnmacht nahe gewesen!

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