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Der phantastische Monsieur Arthur

Von Feierabend-Mitglied Mittwoch 05.08.2020, 08:25

Pariser Geschichten

Der phantastische Monsieur Arthur

Wenn man so wenig Geld hat wie ich damals hatte, schaute man sich genau an, was wo wie viel kostete. In der Rue Tiquetonne war mir das Preisschild im Fenster eines Friseurladens angenehm aufgefallen. Ein Herrenhaarschnitt für 4 neue Franc, das war sehr preiswert. Ich kenne die Rue Tiquetonne ganz gut. Liegt sie doch gerade mal einen Kilometer von den alten Hallen und vom Jardin du Forum des Halles entfernt. Ich bin mittags die Rue de Tourbigo und dann die Rue Francaise hochgelaufen zur Rue Tiquetonne. Dort gab es, wenn man links in die Straße einbog nach wenigen Metern auf der rechten Straßenseite den Friseursalon von Monsieur Arthur. Ich hatte ihn per Zufall entdeckt und die Preistafel für das Haare schneiden lockte mich wieder hin.

So einen Laden hatte ich noch nie im Leben betreten und so einen Paradiesvogel wie Monsieur Arthur hatte ich noch nie im Leben gesehen. So etwas gab es in unserem Dorf nicht. Einen Mann mit blauen und roten und grünen Haaren, die golden glitzerten von winzigen Goldsternchen. Er trug manchmal hochhackige Schuhe und ein Klitzerkleidchen. Hab ich schon erwähnt, dass er mindestens siebzig Jahre alt war. Nachts arbeitete er als Maskenbildner und Friseur an einer Travestiebühne nahe der Moulin Rouge. Aber das habe ich erst später erfahren. Ich hatte keine Ahnung was homosexuell war und kapierte auch nicht, was Monsieur Arthur mit den Jungs sprach, die immer im Salon herumlungerten. Ich verstand zwar, was sie sagten, aber ich hatte keine Ahnung, worüber sie redeten.

Eines Tages fragte ich meine Kollegen in der Firma, was es mit dem seltsamen Gebaren des Monsieur Arthur auf sich hätte. Sag nur, du gehst da hin? fragte mein Vorarbeiter. Aber ja, deshalb frage ich ja.
Nachdem sie wieder Luft bekamen nach einem endlosen Lachanfall, klärten sie mich drastisch auf. Das war das Ende meiner Besuche im Salon des Monsieur Arthur in der Rue Tiquetonne. Ich war ein 14 Jahre alter dummer Junge, der sich noch beeinflussen ließ. Ein paar Jahre später wär mir egal gewesen, was die Kollegen sagten.

Ende der Achtziger Jahre war ich mal wieder dort. Den Salon gab es nicht mehr, Monsieur Arthur war schon lange verstorben. An Stelle des Salons ist ein Restaurant eröffnet worden. Ich bin hineingegangen in das „Le Loup Blanc“ und habe eine köstliche Dorade gegessen.

Wenn mich nicht alles täuscht, setzt das Restaurant die „warme“ Atmosphäre des seligen Monsieur Arthur würdig fort.

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