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Im Beichtstuhl

Von Pinnacle Mittwoch 17.06.2020, 08:07

Im Beichtstuhl
Joa Bosch ©BJS

Sonnenstrahlen malten durch die bleiverglasten Kirchenfenster bunte Farben auf die Wände des Gotteshauses.
Eingenickt döste der Jungkaplan im Beichtstuhl dem Ende der Beichtstunde entgegen, als sich plötzlich die Schlupftür des schrankartigen Möbelstücks öffnete, eine große dunkle Gestalt in das Sünderabteil hineinzwängte und niederkniete. „Grüß Gott Euer Hochwürden, nehmt mir bitte die Beichte ab, damit ich im Hochamt an der Heiligen Kommunion teilnehmen darf“.
„Gut mein Sohn, lege Bekenntnis deiner Sünden ab – ich höre“.

Der Bereuende bekreuzigte sich und flüsterte in die vergitterte Öffnung: „Ich habe schwer gesündigt. Letzte Nacht habe ich einen kapitalen Rehbock gewildert, ausgeweidet, heimlich in meine Hütte gebracht,
zerlegt und jetzt weiß ich nicht weiter. Bitte sprechen sie mich frei und legen mir eine Buße auf“.

Gewildert? Der junge Geistliche war ratlos. Das war ihm noch nie untergekommen. Was gab da das Bußsakrament her? Ja, bei Lügen, Stehlen und andere Sünden hatte er je nach Verfehlung, drei „Vater unser“ oder zehn „Ave Maria“ den Frevlern zur Lossprechung auferlegt. Aber beim Wildern?
Er wusste sich keinen Rat und antwortete: „Warte hier, ich muss das in Ruhe erwägen und komme gleich wieder zurück“.

Dann eilte er in das Pfarrhaus rüber, wo der Altpriester seinen Ruhestand verbrachte. Dort angekommen schilderte er das Vergehen und bat den erfahrenen Seelsorger um Rat. „Hochwürden, was soll ich dem Sünder zur Lossprechung geben“?
Der Alte antwortete lachend: „Ja mei, ich habe ihm für das Kilo immer 5 Euro gegeben“!
Der Jungkaplan erbleichte und stotterte: „Oh mein Gott, da stecken Euer Hochwürden ja mit dem Wilderer unter einer Decke“.

*
Unter einer Decke stecken

Bedeutung:
Mit jemand eine gemeinsame Sache machen -wie im Guten so auch im Bösen.
Herkunft:
Unter einer Decke stecken konnten zunächst einmal Braut und Bräutigam. Schon im Mittelalter war die Ehe mit all ihren rechtlichen Folgen erst vollzogen, wenn die frisch Vermählten unter Zeugen ( meist nahe Verwandte ) unter die gemeinsame Decke des Ehebettes krochen um dann den Vollzug zu beeiden.

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