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An jenem Tag begann ich die Küche zu lieben ...

Von tastifix Samstag 26.01.2019, 15:48

Als I-Frauchen-Eheweib stürzte ich mich noch voller Illusionen und dollem Enthusiasmus auf das mir total fremde Haushaltsfeld, für das ich mich vor der Heirat nicht die Bohne interessiert hatte. Es geriet zum reinen Abenteuer und hielt massenweise Überraschungen der unbequemen, arbeitsintensiven und leider auch welche der ausgesprochen peinlichen Art bereit.

Etwa so:
1. Ich kochte stolzgeschwellter Brust Nudeln und sie kochten über ...
2. Ich briet Kartoffeln und es wurden Briketts. Hatten wir eigentlich einen Ofen?? Den Hunger stillten wir anschließend in Deutschlands Pommes-Futterkrippe Nummer Eins.
3. Ich versuchte mich an einem Braten. Er wurde zäh wie Leder und uns sah man zum Zahnarzt eilen ...
Wenn Sie jetzt glaubten, ich hätte aufgegeben und mich verschämt hinter dem sprichwörtlichen Ofen verkrochen, dann irren Sie sich gewaltig.
"Nee, wenn`s Kochen nicht hin haut, dann back` ich halt!"
Dass dieser Aussage irgendwie etwas an Logik abging, nahm ich schulterzuckend in Kauf.

Zum ersten Male in meinem Leben durchschnupperte ich aufmerksam jedes Backbuch, dessen ich habhaft werden konnte.
"Oh Gott, bei dem Rezept muss ich ja ... Nee, besser nicht!"
Die nächste Seite:
"Walnußtorte! Au ja, die ist etwas Ausgefallenes. Die lieben Verwandten fallen vom Glauben ab, wenn ausgerechnet ich die ... !"
Bevor ich zur Tat schritt, stutze ich denn aber:
"Hm, so` ne Kalorienbombe - zweifel ... !"
Gerade noch rechtzeitig und dann endgültig bremste mich vor jenem waghalsigen Experiment der ungute Gedanke an den von mir geplanten, ja mehr als ungewöhnlichen Fischli-Nachtisch. Nein, das ging denn wirklich zu weit. Das leuchtete sogar mir blindem Küchenhuhn ein. Also keine Walnusstorte.
Halb verzweifelt schnappte ich mir ein Party-Buch, blätterte wie gehetzt darin herum und bestaunte all die perfekt zubereiteten Köstlichkeiten.
"Mensch, wenn ich nur endlich ne Idee hätte!"
Ich hatte es noch nicht richtig ausgesprochen, da kam der rettende Einfall. Wieso nur war ich nicht längst darauf gekommen?
"Ich backe Pizza. Die mögen alle!!"

Aufgeregt griff ich zum Telefon und verriet meiner besten Freundin mein mutiges Vorhaben.
"Gaby, bist`e Dir da auch ganz sicher?"
Traute sie mir das etwa nicht zu? Na warte!
"Klar doch! So schwierig ist das ja wohl nicht!", trumpfte ich ahnungslos auf.
"Dann nimm wenigstens den fertigen Teig von Dr. XYZ!", riet sie mir abschließend.
´Denkste!`, dachte ich. ´Wenn schon, denn schon!`
Mein Mann kam ja heute erst spät nach Hause. Also blieb mir mehr als genügend Zeit. Frohgemut stellte ich sämtliche Zutaten wie Öl, Mehl, Wasser, Sahne, Eier und Schmelzkäse auf der Arbeitsplatte vor mich hin.
´Ich halte mich strengstens ich ans Rezept. Dann kann gar nichts schief gehen!`

Brav reihte ich Arbeitsgang nach Arbeitsgang, vermischte Mehl, Hefe und Wasser und ließ das Ganze zwanzig Minuten gehen.
"Wieso eigentlich ´gehen`?", fragte ich mich.
Zum Glück ging da gar nichts, sondern alles blieb brav in der Schüssel. Dass mit ´gehen` ´aufgehen` gemeint war, ging mir erst viel später auf.
Nach jenen zwanzig Minuten wurde es echt spannend. Ich vermengte das restliche Wasser mit dem Öl, der Hefe, dem Salz und dem Mehl zu einem geschmeidigen Teig. Was stand da?
„Schlagen Sie den Teig so lange, bis er sich gut vom Schüsselboden löst!“
„Schlagen ... !??“
Ich war empört. So etwas entsprach wirklich nicht meiner Natur, mich als Teig-Quälerin zu betätigen. Nein, ich würde ihn streicheln, ihn vorsichtig umrühren, mit ihm reden ... So machte man das und nicht anders. Basta!!

Leider musste ich dann registrieren, dass die geforderte Gewalt einem Teig gegenüber sehr wohl dringend anzuraten war. Dieser erwies sich nämlich wegen der viel zu zärtlichen Behandlung als ausgesprochen beleidigt, löste sich keinesfalls wie beschrieben, sondern ließ sich rachsüchtig von mir abkratzen. Von Geschmeidigkeit keine Spur. Er legte sich als knochenharter Brocken in meine vor Enttäuschung bebenden Hände und schmeidete kein bisschen, so sehr ich auch versuchte, ihm Beulen zuzufügen.

„Da hilft alles nichts! Da muss noch mehr Öl dran, dann klappts!“
Im Anfall von Wahnsinn kippte ich so ungefähr dreißig Milliliter dieses Schmiermittels hinzu und mengte abermals, mit dem Ergebnis, dass der Teig jetzt ausgezeichnet schmierte und deutliche Ansätze zur reißenden Tropfenbildung zeigte. Fast heulend hielt ich Hände über die Arbeitsplatte, um das Ausmaß der Schweinerei zu begrenzen. Inzwischen waren meine Finger als verklumpte Teigwürste verkleidet. Alle paar Sekunden löste sich ein Krümel, kleckste auf die Platte und danach auf den Küchenboden, der sehr bald mit einem lebhaften Pünktchenmuster geschmückt war.

„Bloß jetzt kein Telefon und keine Klingel!“, stöhnte ich.
Leider zu spät. Klar bimmelte im nächsten Moment das Telefon, selbstverständlich schellte es an der Wohnungstür Sturm. Das Telefon klang nach Schwiegermama und die Tür nach ´Ehemann`.
Den Hörer würde ich jetzt nicht abnehmen, denn ich liefe Gefahr, dass der fest pappte und ich ihn nach dem wahrscheinlich höchst erquicklichen Gespräch mit meiner Zweitmutter auch nicht wieder los würde. Die Tür ... Hatte mein Mann etwa seinen Schlüssel vergessen, ausgerechnet heute??
„Oh Mann, oh Mann!“, murmelte ich und versuchte hastig, wenigstens etwas von der klebrigen Masse noch schnell abzurubbeln.
Klar klappte das so schnell nicht und ich marschierte als Teigweibchen von oben bis unten, Teigwürmer in den Haaren, Teigkrümel im Gesicht und mit krustenüberzogenen Armen in Richtung des Einganges.
„Warum öffnest Du denn nicht?“, kam ungeduldig von draußen.
„Moment ... Ich weiß nicht recht, wie ...“
Das ´Wie ` war mir wirklich noch ziemlich unklar und erst recht, wie ich ihm den ganzen Mist schonend beibringen konnte.

Mit puterrotem Gesicht vor Verlegenheit stapfte ich reißend/tropfend – der Teppichboden freute sich – zur Tür, legte meinen verkrusteten Arm (tropf) auf die Klinke, beschwerte diese mit meinen immerhin 52 kg, hüpfte kurz hoch und die Tür sprang auf. Vor mir stand mein Mann, starrte erst entgeistert auf mein Gesicht, dann auf den verdreckten Rest, schließlich auf meine Hände, von denen die reinen Teigzapfen herunter baumelten und war kurz davor, die Fassung zu verlieren.
„Was ist denn hier passiert?“
„Ich hab` Pizza gebacken!“, war meine klägliche Antwort.








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