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Der vierte Vorname

Von tastifix Freitag 30.06.2017, 20:08

Der vierte Vorname

Die Firmung an sich interessierte mich nicht sehr. Es bedeutete, dass ich zum x-ten Male sämtliche Sünden nachhalten und sie mit vor Respekt bis zum Hals klopfendem Herzen dem gelangweilten Geistlichen im Beichtstuhl verraten musste.
„Hoffentlich sind es auch genügend. Hab ich auch keine vergessen?“
Das „genügend“ war dem uns betreuenden Kaplan äußerst wichtig. „Zu wenige“ stand für eine nur mittelmäßige Einkehr. Demütigen Blickes und mit gefalteten Händen marschierte ich in den Beichtstuhl und kam klitschnass vor Aufregung und einsetzender Reue wegen der kleinen Schnitzer, die ich begangen hatte - oder auch nicht - wieder raus.
„Immerhin hab ich jetzt die erforderliche weiße Weste!“
Mit diesem wunderbar beruhigenden Gefühl reihte ich mich am Festsonntag in die Reihe der Firmlinge ein, Hand in Hand mit meiner Freundin, weil es erstens Mut machte und zweitens die Aufregung wegen eines ganz bestimmten Umstandes ein wenig schmälerte. Monatelang hatte ich schon deswegen gegrübelt und mir alles Mögliche ausgemalt, was mir im besten Falle des Falles beschieden sein könnte. „Hach, wäre es schöön!“ Der liebe Gott (wohl eher die Kirche) würde uns allen einen zusätzlichen Vornamen spendieren. Wow!
´Eigentlich brauche ich den nicht so dringend. Hab ja schon drei. Aber die sind so überfromm!` Ich hatte schon so oft das Gebetbuch gewälzt, ein Buch voller Namen. Sicherlich alle fromm, aber eben nicht so über- … ´Bringt jetzt sowieso nichts mehr. Die Entscheidung ist ja längst gefallen!`- - - An dem besagten Tag dann half selbst die Anwesenheit meiner Freundin nicht mehr. Mir brach der Schweiß aus. Heimlich putzte ich die feuchten Hände am Festtagsstaat ab. ´Ist mir doch egal, ob das Kleid Knitterfalten kriegt. Trag ich ja doch nie wieder!`
Die Messe nahm ihren Lauf. Es wurde gebetet und gesungen und gesungen und gebetet. Sehr zurecht kamen mir die Fürbitten. Ausnahmsweise flehte ich ausnehmend inbrünstig: „Lieber Gott: Bitte mach, dass ich nicht zur heiligen Franziska werde!“ „Mein Kind, du wirst einen wunderschönen Namen erhalten!“, kam tatsächlich von oben. ´Wer weiß, was der wunderschön findet!` - - - Dann endlich hielt der Kaplan eine richtige Ansprache. Eine Ansprache nur für die Firmlinge. „Nun, liebe Kinder ...“ „Oh nein, das wird ja heiter!“ „Bestimmt freut Ihr schon sehr auf den zusätzlichen Vornamen, den ihr ab heute tragen dürft. ´Mach es nicht so spannend!` „Meine lieben Mädchen, heute wird euch der wunderschöne Name „Elisabeth“ zuteil!“ Mir klappte der Unterkiefer runter.
„Lieber Gott: Sag, dass das nicht wahr ist!“ Er schwieg sich dazu klugerweise aus. Meine Eltern sahen meinen entsetzten Gesichtsausdruck und verbargen mühsam ein Grinsen. Denn in der Kirche geht alles stets todernst zu und zudem war es für mich ein mehr als frustrierender Moment. Denn ab dann hieß ich tatsächlich:
´Gabriele, Maria, Elisabeth, E l i s a b e t h!!`
Selten im Leben war ich so sauer.

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