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Wiedergefunden

Von ehemaliges Mitglied Dienstag 04.05.2021, 09:28

Es war am Rosenkranzfest 1945, also vor über 30 Jahren. In der kleinen Kirche von Husum wurde ich Zeuge eines erschütternden Wiedersehens zwischen einem heimkehrenden Soldaten und seinen Eltern. Am nächsten Tag lernte ich die Familie näher kennen, und der Vater erzählte mir, noch ganz unter dem Eindruck der wunderbaren Fügung, die Vorgeschichte des Wiedersehens: „Klaus, unser Ältester, wurde noch kurz vor Kriegsende Soldat, kam zum Einsatz an die Ostfront, wurde schwer verwundet und nach vielem Hin- und Hertransport in Greiz, Thüringen, ins Lazarett eingeliefert. Wir erfuhren davon erst, nachdem Greiz von den Amerikanern und dann von den Russen besetzt und eine Verbindung unmöglich geworden war. Wir selbst kamen mit dem großen Flüchtlingszug über Mecklenburg nach Schleswig-Holstein und fanden hier in Husum eine Unterkunft. Unser Sohn aber blieb verschollen. War er inzwischen gesund? War er vielleicht nach Russland gekommen? Wir wandten uns an das Rote Kreuz, wir schickten die grüne Suchkarte ab — ohne Erfolg.
So verging der Sommer in banger Sorge. Wir nahmen unsere Zuflucht zum Gebet. Meine Frau betete vor allem zum Heiligen Geist, dass Er die Schritte unseres Sohnes lenken möge. Ich betete täglich abends auf dem Heimweg nach dem Dienst zehn Ave Maria mit der Rosenkranzbetrachtung „Den du, o Jungfrau, im Tempel wiedergefunden hast". Auch opferten wir regelmäßig am Sonntag die Abendmesse in dieser Meinung auf. In dieser kniete ich gestern, als mir ein Soldat auffiel, der zur Kommunionbank schritt. Er erinnerte mich an unseren Jungen. Als er zurückkam, sah ich, er war es wirklich.

Sie haben das Wiedersehen miterlebt. Ich sprang auf und führte Klaus zu seiner Mutter in unsere Bank — und schämte mich nicht, dass ich weinte. Später hat Klaus uns dann alles erzählt. Er war aus dem Lazarett entlassen worden, wusste aber nicht, wohin er sich wenden sollte, um etwas über den Verbleib seiner geflüchteten Eltern zu erfahren. Alle seine Bemühungen waren ohne Erfolg, bis ihm am Geburtstag seiner Mutter, vor dem Marienbild einer Kirche, plötzlich der Gedanke kam, an eine Familie zu schreiben, mit der wir weitläufig bekannt waren. Diese Familie hatte von unserem Aufenthalt in Husum erfahren.
Als Klaus nach mühseliger Fahrt am Sonntagabend am Husumer Pfarrhaus anklopfte, um dort die Wohnung seiner Eltern zu erfahren, erfuhr er, dass sie nebenan in der Kirche seien. So ist unser Beten wunderbar erhört worden. Wir haben unseren Sohn buchstäblich „im Tempel wiedergefunden, und das am Abend des Rosenkranzfestes während der Abendmesse, die wir sooft für ihn aufgeopfert hatten.

Dr. Hans Raßmann

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