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Rettung aus Bergnot

Von ehemaliges Mitglied Freitag 12.02.2021, 17:43


Es war Samstag, 10. August 1974. Ein herrlicher, klarer Tag. Ringsum gleißten die Gipfel und Scharten der Rosengartengruppe in Südtirol. Wahres Glück für jeden echten Bergsteiger! Seit 22 Jahren hatte ich viele gefährliche Touren in den Bergen unternommen und so manchen Dreitausender erreichen dürfen.

Diesmal war ich mit meiner Tochter (10 Jahre) und meinem jüngsten Sohn (7 Jahre), beide geübt und begeistert, seit fünf Tagen unterwegs, durch das Zentralmassiv des Rosengartens. Heute wollten wir den Übergang zum hochalpinen Nordmassiv wagen.
Wir mußten zunächst über den 2561 m hochgelegenen Cigolade-Paß hinunter zur Catinaccio-Hütte (meist von Italienern besucht), dann wieder zügig bergan in Richtung unseres Tageszieles, nämlich der lt. Dolomitenführer so malerisch und hoch gelegenen Antermoia - Hütte

.Wir stiegen nach ausgiebiger Rast in den nicht sehr bekannten, jedoch sehr lohnenden Scalette-Paß ein. Dieser besteht aus mehreren übereinander liegenden Steilstufen, flankiert von fast senkrecht aufsteigenden Felswänden, die nur einen ganz beschränkten Blick zum Himmel ermöglichen. So konnten wir das heranziehende Unwetter natürlich nicht wahrnehmen.

Einige Felspassagen waren immer wieder mit Drahtseilen gesichert. Dann kamen wir auf ein sehr abschüssiges Geröllstück. Es begegneten uns mehrmals Bergsteiger, die uns in der Absicht bestärkten, die Hochtour fortzusetzen. Plötzlich kam starker Wind auf. Einige Bergsteiger, die von oben kamen, warnten uns vor der Witterung. Der Höhenmesser zeigte ca. 2 100 m an und wir kehrten um, hatten wir doch alle einen Rucksack zu schleppen. Es gelang uns noch, einen schmalen Felsvorsprung unterhalb einer senkrechten Felswand zu erreichen, als ein fürchterliches Gewitter losbrach. Blitze zuckten und schlugen in die Seilsicherungen über und unter uns ein. Der Donner brach sich laufend an den gegenüberliegenden Felswänden. Der Regen prasselte nur so auf und nieder. Trotz unserer Wetterbekleidung waren wir bald durch und durch nass. Über die Felswand, an die wir uns pressten, toste nach kurzer Zeit ein gewaltiger Wasserfall. Wir konnten jedoch nicht ausweichen, da von oben, über die Steilstufen, unzählige kleine, mittlere und große Felsbrocken vorbei flogen. Das Unwetter wurde zu einem Inferno.

Über meine Kinder gebeugt an der Felswand stehend, musste ich zusehen, wie unsere Rucksäcke vom Felshagel zerschlagen und zerfetzt wurden. Bei dem Versuch, wenigstens meinen Rucksack in Sicherheit zu bringen, wurde ich von einigen Felsstücken am Arm getroffen. Der kleinere Rucksack meines Sohnes flog davon; wir fanden ihn später zwischen zwei riesigen Felsbrocken weiter unten in einer felsigen Rinne. Inzwischen mussten wir befürchten, dass wir bald den immer rissiger werdenden Standplatz unter den Füßen verlieren würden, da der Regen unaufhörlich wolkenbruchartig hernieder rauschte.

Miteinander beteten wir laut mehrmals das »Vater unser und das Ave Maria«. Meine tapferen Kinder bekamen Angst und weinten, denn das grausige Unwetter dauerte bereits ca. eine gute halbe Stunde und die Naturgewalten wuchsen ständig an. Wir hatten alle drei »Wunderbare Medaillen« bei uns und ich hatte trotz des Getöses ringsherum — es war die Hölle — Vertrauen auf die Hilfe Gottes und der Gottesmutter. Dies sagte ich, während wir beteten, auch den Kindern, die spürbar ruhiger wurden. Der Steinhagel wurde schwächer, der Regen ließ nach. Wir konnten es fast nicht begreifen, dass wir weder verletzt waren, noch einen Schock erlitten hatten. Leider waren Fotoapparat, Taschenlampe, alpine Touren- und Lehrbücher, Verbandszeug und Bekleidung vollkommen zerschlagen bzw. verschmutzt, die Rucksäcke waren voll Sand und Kies. Nachdem ich die Kinder nacheinander aus dem Einstieg geborgen hatte, traten wir, völlig durchnässt und noch stark beeindruckt von diesen Naturgewalten, den Rückweg zur unten gelegenen Catinaccio - Hütte an. Trotz des Erlebten hatten besonders die Kinder frohen Mut, und wir alle empfanden volle Dankbarkeit für die Gottesmutter. Später erfuhren wir von anderen Bergsteigern, dass in der Geislergruppe (nördlich gelegene Berggruppe) ein Mann durch Steinschlag getötet und zur selben Zeit das Stromaggregat des Rosengartenlifts getroffen (durch Blitzschlag) worden sei, und die Insassen der Gondeln die ganze Zeit über in dem Unwetter, schaukelnd in großer Höhe, ausharren mussten. Zugleich wurde die gesamte Obst-, Gemüse- und Weinernte im Gebiet um Meran durch das gleiche Unwetter vernichtet. Wir sind überzeugt, dass uns die Gottesmutter durch die »Wunderbare Medaille« gerettet hat, da wir doch im Zentrum des Unwetters an exponierter Stelle standen. Ein Kenner des hier beschriebenen Passes (Route Süd-Nord) wird, wie wir, ein Entkommen aus einer derartigen Gefahrenlage mit natürlichen Kräften nicht erklären können.
A. Hirsehauer


Aus dem Buch "Die schönsten Mariengeschichten"
von Stadtpfarrer Karl Maria Harrer, München

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