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Lebendiges Wasser

Von ehemaliges Mitglied Dienstag 18.05.2021, 10:40


Es war im Jahre 1945 nach Kriegsende. Ich war während des Krieges aus dem Ostsudetenland nach Deutschland dienstverpflichtet worden und sollte nun wieder in meine Heimat nach Jägerndorf in das nun von Tschechen besetzte Ost-Sudetenland zurückkehren. Als der Zug die Grenze passierte, wurden alle Deutschen von den Tschechen aus dem Zug herausgeholt. Unter militärischer Bewachung wurden wir Wehrlose nach Turnov in der Nähe von Reichenberg in ein Lager gebracht und dort festgehalten. Wir als Deutsche, die den Krieg verspielt hatten waren ja rechtlose Sklaven und wurden auch als solche behandelt. Es würde zu weit führen, hier Einzelheiten aufzuzählen. Von hier holten mich eines Tages Tschechen zur Arbeit. Ich wurde nach Klein-Skat in ein Hotel zur Arbeit gebracht. Die schwere Arbeit, die man mir hier aufbürdete und die meine Kräfte überstieg, dazu die sehr schlechte Ernährung, die es für Deutsche gab, führten dazu, dass ich am rechten Mittelfinger ein Art Phlegmone bekam. Die Sache sah recht schlimm aus, so wurde ich, da ich doch nicht arbeiten konnte, schließlich ins Krankenhaus nach Turnov gebracht und lag dort schon drei Monate. Der Finger wollte und wollte nicht besser werden. Ich lag dort mit mehreren deutschen Frauen in einem großen Saal. Ich konnte mich ihrer dadurch etwas annehmen.

Eines Tages, es war an einem Sonntag, brachte man eine junge deutsche Frau schwer verletzt herein. Sie war 27 Jahre alt, hatte drei Kinder, ihr Mann war im Krieg gewesen, als der Krieg endete verlor sie jede Verbindung zu ihm. Sie stammte aus gutem Haus und war nach Kriegsende samt ihren drei Kindern von den Tschechen arbeitsverpflichtet worden. Man brachte sie auf einen Bauernhof zu schwerster Arbeit, der sie nicht gewachsen war. Sie musste mit Pferden umgehen und wurde dabei von einem Pferd mit beiden Hufen in den Leib getreten. Es ging ihr sehr schlecht. Zuerst wollte man mit ihr nicht mehr anfangen, dann entschloss man sich schließlich doch, sie zu operieren. Diese Operation konnte ihr keine Hilfe mehr bringen. Am Mittwoch sagte mir die Pflegeschwester Bescheid über ihren Zustand. Ich bemühte mich um die Kranke und sprach davon, ob sie sich versehen lassen wolle. Sie war auch nicht abgeneigt, sagte aber: „Aber nicht von einem Tschechen!" Sie hatte schon zu viel Böses von Tschechen erfahren müssen, deshalb lehnte sie einen tschechischen Priester ab. Als ich ihr aber zu verstehen gab, dass die Sache sehr ernst sei, willigte sie sofort ein mit den Worten: „Ja, wenn es so um mich steht, dann selbstverständlich. Dann will ich auch bei einem Tschechen beichten. Ich bin ja ein Marienkind!"

Sie beichtete und kommunizierte, das war an einem Mittwoch. Ihr Zustand verschlimmerte sich zusehends, doch nochmals gab es zwischendurch ein bisschen Hoffnung. Sie litt entsetzlichen Durst, durfte aber nichts zu trinken bekommen. Oft und oft jammerte sie: „Wasser, Wasser, gebt mir doch nur ein bisschen Wasser!" Einmal erwachte sie aus einem tiefen Schlaf. Sie rief mich zu sich und sagte: „Du, jetzt hat mir so sehr, sehr schön von der Muttergottes geträumt. Sie ist zu mir gekommen und hat gesagt: "Halte den Durst nur aus, ich will dir dafür lebendiges Wasser zu trinken geben." Von da an litt sie mit großer Tapferkeit den entsetzlichen Durst und verlangte nichts mehr zu trinken. Ihr Körper hatte nicht mehr die Kraft zur Heilung und die Sache wurde hoffnungslos. Am Samstagmorgen kommunizierte sie nochmals und lag dann fast den ganzen Tag teilnahmslos da. Gegen Abend ging es zu Ende. Ich war bei ihr. Plötzlich kam nochmals Leben in sie. Sie richtete sich auf. Ihre Augen wurden übernatürlich weit und wunderschön. Strahlend blickte sie in eine Richtung. Ich neigte mich über sie. Da sagte sie ganz klar: „Du, die Muttergottes ist da! Siehst du sie auch? Dort steht sie, dort!" Dann faltete sie ihre Hände und betete: „Maria mit dem Kinde lieb, uns allen Deinen Segen gib!" ... Dann fiel sie zurück und starb ganz ohne jeden Todeskampf.

Mich hatte es in die Knie gezwungen. Ich hatte nichts gesehen, hatte nichts gespürt, aber die Nähe dieser anderen Unsichtbaren Welt, die Nähe der lieben Gottesmutter hatte auch mich erfasst. Was mich dabei am meisten erschüttert hatte, war dies: Die Gottesmutter hatte sich derer angenommen, die von aller Welt verachtet und verstoßen waren. Die von allen verlassen worden waren, die hatte sie nicht verlassen. Und eigenartig war auch dies. Mein Finger, der durch drei volle Monate nicht hatte heilen wollen, oder nicht hatte heilen sollen damit ich dieser Frau hatte beistehen können, und somit diese wunderbare Begegnung mit der anderen Welt, mit der Muttergottes hatte erleben dürfen, wurde wie durch ein Wunder ganz schnell gut, so dass ich schon am darauf folgenden Mittwoch, also am 4. Tage nach diesem Geschehen entlassen werden konnte. Der Finger ist steif geblieben zur immerwährenden Erinnerung an diese Zeit und das wundervolle Ereignis.

Margarete Fuhrmann




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