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Es ist ganz einfach jung zu sein...

Von Feierabend-Mitglied Dienstag 19.12.2017, 07:21 – geändert Dienstag 13.07.2021, 09:04

Wir trafen uns, wie jeden Donnerstag zu unserem Kartenspieler-Nachmittag. Und doch war es ein besonderer Donnerstag, unsere gemeinsame Weihnachtsfeier und unser letztes Treffen in diesem Jahr. Der kleine Raum in der Kulturscheune war weihnachtlich geschmückt. In den sonst geschlossenen Schwingtüren, die aus zwei einen Raum machen konnten, stand ein schön gewachsener und geschmückter Tannenbaum, auf den Tischen lagen weihnachtliche Decken und Gestecke mit Teelichtern.
Die herzliche Umarmung mit Küsschen auf die Wange bei der Begrüßung, überraschte mich wieder, wie jedes Mal. Ich spürte, dass alle froh waren, sich wiederzusehen. Meine Mitspielerinnen, teilweise hochbetagt, abgeklärt, aber fit, erfüllten mit erwartungsfrohen Getuschel und Gewisper den Raum. Unser fleißiges Lieschen brach in eine geschäftiges Treiben aus, denn der Bürgermeister hatte sich zur Weihnachtsfeier angesagt.
Ein jeder hatte Plätzchen mitgebracht, selbstgebackene, oder auch gekaufte. Diese wurden auf zwei bunten Weihnachtsteller angerichtet. Einige packten auch Flaschen aus, die mit selbst hergestellten Likören oder Schnäpsen gefüllt waren. Bis jeder sich hingesetzt hatte, zog schon ein duftendes Kaffeearoma durch den Raum. Die Kerzen wurden angezündet. Und genau zum richtigen Zeitpunkt erschien unser Bürgermeister. Mit großem Hallo wurde er von den Älteren und von uns Jüngeren, mit Respekt begrüßt. Scherzworte wurden gewechselt, kam er doch auch mit einem großen Paket. Eine neue kombinierte Kaffee- Teemaschine mit zwei Kannen, damit auch in Zukunft nicht nur wir Kaffeetrinker auf unsere Kosten kamen, sondern auch die Teetrinker. Die allgemeine Freude war groß. Bald füllte ein gemütliches und frohes Geschnatter den Raum.
Nach einer Stunde wurden einige Kartenspielerinnen unruhig, und eine gewisse Spannung lag auf einmal in der Luft. Ein riesiger Karton, indem ein Kühlschrank oder Waschmaschine Platz gefunden hätte, wurde hereingetragen. In diesem Karton befanden sich unsere mitgebrachten Geschenke für das Schrottwichtel. Jede Teilnehmerin hatte von zu Hause einen überflüssigen, nur Staub ansetzenden Gegenstand mitgebracht, der zuvor noch in Zeitungspapier eingewickelt worden war.
Ein lustiges Spiel begann, das aber auch einiges Stühlerücken mit sich brachte und auch den Lautstärkepegel erhöhte.
Ein Würfel ging reihum. Bei einer 6 durfte, der gewürfelt hatte, sich ein Paket aus dem Karton holen und schied sogleich aus der 1. Spielrunde aus. Es wurden solange Sechsen gewürfelt, bis jeder Mitspieler ein Geschenk vor sich stehen hatte. Dann packte jeder sein erspieltes Geschenk aus.
Es gab freudige Überraschung oder auch ein langes Gesicht, was aber nichts zu heißen hatte, denn das Spiel ging weiter.
Eine festgelegte Zeit lang lief wieder der Würfel reihum. Bei einer 3 rückte das Geschenk einen Platz weiter nach links, bei einer 6 durfte der Spieler, der gewürfelt hat, sein Geschenk mit einer Mitspielerin tauschen gegen das seiner Begierde.
Heiß begehrt war ein Teddybär, ein wirklich niedlicher Kerl, der, ich weiß nicht, wie oft, den Tisch kreuz die quer bei einer Sechs überquert hat. Fünfundvierzig 45 Sekunden vor Spielende hielt ich ihn in meinen Händen. Musste nur noch einmal würfeln, dachte dabei an meinen Enkel, der im Februar geboren wird, und verspielte mit einer 3 mein Glück. Der Teddybär wanderte im Uhrzeigersinn, einen Platz weiter nach links, und der Wecker klingelte erbarmungslos.
Der Verlust schmerzte mich im ersten Moment, dann aber überkam mich ein warmes Gefühl des Glücks. Das lachende Gesicht des Bürgermeisters und das jugendliche Gegicker und Gegacker meiner Mitspielerinnen, waren so herrlich. Wie sie so saßen, mit roten Wangen und vor Freude strahlenden Gesichtern. Bei allen miteinander waren die 70, 80, 90 Jahre, die sie auf dem Buckel hatten vergessen. Wie verzaubert, saßen rund um den großen Tisch nur noch junge Mädels.
©Monika Koch

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