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Die Kugel [3]

Von Feierabend-Mitglied Dienstag 01.08.2023, 00:07 – geändert Dienstag 01.08.2023, 00:24

. Es wurde sich artig für die freundliche Unterstützung nach der Havarie der Urmutter bedankt. Die nachfolgende Botschaft hatte es in sich. Hinter dem Mond warte ein Schwarm Kugeln und bat darum, auf der Erde landen zu dürfen.
. Es landete eine Kugel mit einem Meter Durchmesser in Rom, eine in Mekka, in Delhi, in Istanbul, in Jerusalem und so weiter. In jeder herausragenden religiösen Kultstätte der abrahamitischen Religionen tauchte eine auf und fing an zu predigen. Sie sagten, (man konnte sie nur ca. 200 m weit hören), so berichteten die Reporter übereinstimmend, alle dasselbe. Ihr Gott sei derjenige, den alle anbeten würden. Allerdings sei es ihm egal unter welchem Namen er verehrt würde, Hauptsache man erkenne seine Überlegenheit an. Er habe bislang weder Zeit noch Gelegenheit gehabt, in den letzten 5000 Jahren die Erde erneut zu besuchen und hätte nur einen telepathischen Kontakt mit einem gewissem Abim gehabt. Weil sein Sektor so viele bewohnte Planeten umfasse und es auch für einen Gott energetisch sehr aufwendig sei zu reisen. Es bedürfe gewisser Vorbereitungen, einen angemessenen Empfang zu organisieren. Nun aber sei der Ring bald groß genug um den Transport durchführen zu können und deshalb wurde beschlossen, die Menschheit darüber in Kenntnis zu setzen. Bis zu seiner Ankunft sollten allerdings genug Menschen von der neuen Situation unterrichtet sein, da er sehr darauf bedacht sei, angemessen verehrt zu werden.
. Die Gläubigen, erst skeptisch, dann immer euphorischer, kamen zu den eilig improvisierten Versammlungen. Erst in eilig aufgestellten Zelten, später in, nach der neuesten Bauweise im biologischen Selbstwucherverfahren hergestellten riesigen biologisch lebendigen Hallen. Deren einziges Problem war, deren unkontrolliertes Verbreiten zu verhindern. Die Hallen benötigten ständige Pflege durch einen Trupp Gärtner. Dafür reparierten sie sich selber, überstanden sie jeden Sturm, wuchsen auch im Wüstensand oder auf Felsen und die Feuchtigkeit, die die Besucher ausatmeten, war schon mehr als reichlich, um die Pflanze am Leben zu erhalten. Für die Inneneinrichtung wurden spezielle Keime aus Schatten-Pflanzen verwendet. Die Blüten verschönerten die ganze Umgebung des Gebäudes und die Energiebilanz war phänomenal. Mit den Holzabfällen ließ sich jeweils eine ganze Kleinstadt mit Energie versorgen.
. In jeder Halle wuchs ein Altar, auf der eine Miniaturausgabe der Kugel platz nahm. Die Kommunikation war zugegebenermaßen etwas einseitig. In etwa 100 m Umkreis war die Kugel deutlich zu „empfangen“ Sie dozierte zu den Gläubigen, ohne, dass ein Dialog möglich war. Man konnte denken, was man wollte. Es kam keine Antwort. Sie sagte den Anwesenden auf den Kopf zu, dass sie ihren alten Glauben nicht aufgegeben hätten. Klang es etwas amüsiert? Was wichtiger schien, dass es keine Hölle geben würde. Überhaupt eine Bestrafung? ER habe durchaus wichtigeres zu erledigen. Wir sollten unsere Probleme gefälligst in Eigenregie lösen. Opfer würden auch nichts bringen. Was ER zu sich nimmt, könnten wir uns nicht einmal vorstellen.
. Nachdem den Gläubigen so der Kopf gewaschen wurde, wurden einige wissenschaftliche Grundlagen übermittelt. Als Bombe schlug ein, die Lichtgeschwindigkeit ist zwar eine unumstößliche Grenze, aber unumstößlich sei nicht unüberwindbar. Es sei doch bekannt, dass der Raum gekrümmt werden könne. Was neu war, dass diese Krümmung auch in Falten gelegt werden könne und man dann durch diese einzelnen Falten praktisch Tunneln könne. Man stelle sich ein Blatt Papier vor. Der Strich darauf, sei die Entfernung, die das Licht zurücklege. Falte man nun dieses Papier kann, man es mit einer Nadel durchbohren und so die andere Seite des Blattes sehr schnell erreichen. Die Anleitung zum Falten gab es gratis und revolutionierte in den folgenden Dekaden die Astronomie. Die Anleitung zum Durchbohren wurde mit ganz klarer Ansage nur angedeutet. Keine Lebensgemeinschaft dürfe ins All aufbrechen, wenn die grundlegenden Erfindungen nicht Eigenentwicklungen seien.
. Die seltsamste und wertvollste Erfindung, die die Kugeln uns schenkten, aber war eine Friedenstrompete. Sie zu beschreiben fällt schwer und kann hier wegen der komplizierten Form nur angedeutet werden. Der Bau der Ersten dauerte 5Jahre, weshalb mehr die Auswirkungen und weniger die Funktion beschrieben wird. Sie hatte eine Art (Dudle) Sack von 2 m Länge mit 6 Pfeifen und benötigte 7 Personen um sie zu spielen. Die Pfeifen wurden aus Ebenholz gedrechselt, mit geheimnisvollen, aus einem 3d Drucker stammenden Formteilen gefüllt. Der Klang war sehr eigen. Jeder hörte ihn anders. Für die Friedfertigen war es ein Klang, der sich dem persönlichen Musikgeschmack anpasste, so hörte ein Bluesfan Blues und sein Nebenmann eine Opern-Arie, während der vor im sitzende einen Rapp Song vernahm. Für die Sorte Mensch, die aggressiv auf dritte losgehen, sowie Betrüger, Diebe, sonstige Schmarotzer oder die, deren liebste Freizeitbeschäftigung, das
„Aus reiner Bosheit Gemeinheiten verteilen“ war, ebenso.
. Mit einem kleinen, aber äußerst wirksamen Unterschied. Die Musik blieb ihnen, auch nach Ende des Konzerts im Ohr. Und zwar Laut. So laut, sie übertönte alles. Eine Kommunikation mit den Mitmenschen war über Sprache schwer eingeschränkt. An Schlaf war nicht mehr zu denken. Die Kakofonie hielt so lange an, bis bei dem oder der Geschädigten eine Entschuldigung einging. Ob es bei Mördern je aufhörte, ist unbekannt. Es ist erst 45 Jahre her und bei den Überlebenden quäkt es immer noch im Ohr.
. Es wurde eine sehr friedfertige Gesellschaft. Da schon jedes Kind zwangsläufig lernen musste, wie es ohne die Mitmenschen zu schädigen ein lebenswertes Leben aufbauen kann. Die Schadenfreude beschränkte sich auf wirklich zufällige Unglücksfälle. Die absichtlich herbeigeführten verschwanden fast vollständig. Das Militär verschwand innerhalb einer Generation genau wie ein Großteil der Polizei und so weiter. Kaum noch ein Mensch versuchte sich Korruption oder Ausbeutung.


. Nach nur einer Generation erlebte die Menschheit einen ungeahnten Reichtum. Kindergärten mit Kleingruppen wurden überall eingerichtet. Die Schulklassen auf eine Schülerzahl von 12, die normale Schulzeit für alle Schulformen auf 15 Jahre festgelegt. Die Lebenserwartung stieg allgemein um 10 Jahre.
Eine psychologische Betreuung der Kinder war so normal wie früher der Schulbesuch.
. Die normale Arbeitszeit betrug 20 Stunden in der Woche. Gearbeitet wurde nur noch auf Wunsch, weil ein Grundeinkommen die Kosten von allem Lebensnotwendigen abdeckte. Da jede Arbeit freiwillig erledigt und nicht mehr bis an die Kraftgrenzen gearbeitet wurde, gab es keine Bummelanten mehr, die ihre Aufgabe einfach nicht erfüllten oder aus Unvermögen Pfusch produzierten. Wer nicht arbeiten wollte, brauchte es ja nicht. Ein unerwarteter Effekt, der die Wirtschaft noch weiter voranbrachte.
. Eine Kommission legte die Mindesthaltbarkeit von technischen Geräten fest und überprüfte die Produktionsprozesse auf ihre Umweltverträglichkeit. Durch das weltweite Grundeinkommen sank das Bevölkerungswachstum, da Kinder als Altersversorgung nicht mehr notwendig waren, sondern eher zur Bereicherung des Lebens gezeugt wurden.
. Der urplötzlich auftretende Wissensschub der jungen Generation und die Zeit, die plötzlich für die Lösung von Problemen zur Verfügung stand, schaffte einen Sturm des Wissens, gegen das der Innovationssprung der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, sich wie ein laues Lüftchen ausnahm. So manches angeblich eisernes Gesetz wurde trickreich umgangen. Der Quantencomputer wurde gebaut, Solarzellen erreichten einen Wirkungsgrad von 80 %, Akkus eine Energiedichte von 5 kWh kg. Es wurde ein Katalysator entwickelt, der mithilfe von Sonnenlicht Wasser trennte und das, so war man sicher, war erst der Anfang.

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