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Es ist alles gerichtet

Mit bleischweren Gliedern kniete Lena auf dem gepflasterten Bürgersteig und kratzte mit einem alten Küchenmesser das Unkraut aus den Fugen. Eine mühevolle Arbeit, aber der Gehsteig sollte sauber sein. Lena hatte bereits das Unkraut im Garten gejätet, den Hof gekehrt, die Blumen gegossen.
Früh schon war sie aufgestanden um die Wäsche zu waschen die nun schon fast trocken war. Es war noch nicht mal Mittag und sie war schon müde, doch es gab noch so viel zu tun. Wäsche bügeln, Fenster putzen, Tom´s Jacke aus der Reinigung holen, Mona´s Koffer packen. Morgen würde Mona für zwei Wochen mit ihrer Schulklasse auf Klassenfahrt in ein Schullandheim verreisen. Zumindest würde sie erst mal wegfahren und das war gut so. Lena brauchte nun Zeit für sich.

Als Lena die letzte Schaufel Dreck in den Mülleimer kehrte kam Martha eine Nachbarin um die Ecke, beladen mit zwei schweren Einkaufstüten. Das übliche "wie geht´s" und "schönen Tag". Nie ist Zeit für ein Gespräch. Lena hat schon so oft versucht Freunde und Bekannte um Rat zu fragen. Nie hat jemand Zeit und Lust für ein ernstes Gespräch. Man trifft sich zu Party´s, zu Grillfesten, zu Feten. Alle wollen nur Spaß und Fun. Jeder, dem sie versuchte von ihren Sorgen zu erzählen, blockte sie mit den Worten ab, sie mache sich zu sehr verrückt, bildete sich nur was ein. Niemand wollte etwas wissen von ihrer Angst. Nicht mal Tom war bereit, ihr wirklich zuzuhören. Mona war fast sechzehn und hatte, wie alle Teenies keine Zeit. Evelin, ihre Älteste, war bereits vor zwei Jahren zu ihrem Freund gezogen, der in einer nordeutschen Kleinstadt arbeitete. Seither sah sie ihre Tochter nur noch selten. Doch Evelin war flügge. Sie würde ihren Weg machen.

Am Spätnachmittag fuhr Lena mit dem Fahrrad zur der kleinen Druckerei, in der sie zweimal in der Woche putzte. Lena kündigte mit sofortiger Wirkung und gab den Schlüssel zum Hintereingang ab. Ihre Chefin war nicht sehr begeistert, aber ohne zu fragen was für Probleme Lena hat, eine solche Entscheidung zu treffen, stimmte sie der sofortigen Kündigung doch widerwillig zu.

Am Abend lief Fußball. Tom ging zu einem Freund. Erst spät in der Nacht kam er ziemlich angetrunken nach Hause. Lena fand keinen Schlaf in dieser Nacht. So vieles ging ihr im Kopf herum. Nichts wollte sie vergessen. Alles sollte perfekt sein.

Früh stand sie auf, weckte Mona und brachte sie nach dem Frühstück zum Ausflugsbus. Lange schaute Lena dem abfahrenden Bus nach. Mach es gut meine Kleine, flüsterten ihre Lippen als der Bus endgültig aus Lenas Augen verschwand.

Nun noch Einkaufen. Der Supermarkt öffnet um neun Uhr und Lena musste noch einige Kleinigkeiten besorgen. In den letzten Tagen hatte sie schon vieles vorgekocht. Die Gefriertruhe war gut gefüllt. Lena beeilte sich, um anschließend das Mittagessen zuzubereiten. Tom war am Morgen nochmal ins Büro gefahren, um die Samstagspost durchzusehen. Tom hatte keine Zeit mehr auf eine Tasse Kaffee nach dem Essen. Er wollte mit Lukas zum Fußballplatz. So schnell würde er nicht nach Hause kommen. Bestimmt gingen die beiden wie üblich auf ein paar Bier. Als Tom gegangen war, machte Lena machte den Abwasch. Die Reste des Mittagessens verwahrte sie in Behältern und stellte diese in den Kühlschrank.

Lena hatte höllische Kopfschmerzen und der Schmerz in ihrem Bauch war fast nicht mehr auszuhalten. Tom sagte immer nur, sie solle zum Arzt gehen. Doch Lena wollte nicht hören, was der Doktor ihr zu sagen hat. Sie fühlte es doch selbst, war sich ganz sicher. Doch mit wem konnte sie über ihre Angst reden?

Lena entschied sich nur zwei Tabletten zu nehmen. Sie wollte den Schmerz nicht ganz zerstören und falsche Illussionen hervorrufen. Nur ein wenig lindern wollte sie ihn, denn es gab noch was zu tun. Der Brief, den sie auf dem Wohnzimmertisch hinterließ, wurde nicht sehr lange. Was sagt man schon denen, die nicht zuhören wollen.

Es ist alles gerichtet, dachte Lena, ehe sie mit ihren Füssen den Stuhl umtrat.

Autorin: Eulenfrau

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