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Birand Binguel – Kein Vaterland nirgends


Ihr werdet euch wahrscheinlich wundern, warum ich heute ein Buch gewaehlt habe, dass sich nur mit Deutschland und nicht mit Afrika beschaeftigt. Ich will versuchen zu erklaeren, warum ich es fuer ein sehr wichtiges Buch halte aus dem man viel lernen kann.

Der Deutsch-Tuerke Binguel hat sich eines sehr schwierigen Themas angenommen und wir sollten ihm dafuer dankbar sein. Er schafft es mit diesem kleinen Band die Augen fuer Dinge zu oeffnen, die von den meisten Menschen schon als eine fast unabaenderliche gottgewollte Form des miteinander Lebens aufgenommen werden. Er legt den Finger in die Wunden der deutschen Gesellschaft mit Aussagen, wie „Wir produzieren Verlierer am laufenden Band. Ob Alte oder Jugendliche, ob Frauen, Auslaender oder Arbeitslose – immer mehr Menschen werden abgewertet. Wir haben so viel Abstiegsangst wie nie zuvor. Die Ausgrenzung trifft Deutschland ins Herz.“

Er zeigt, dass sich die Gesellschaft in Deutschland auf dem Weg befindet, der die Ausgegrenzten bald zur Mehrheit im Lande machen wird und dann faellt das System, nicht mit einem lauten Knall, aber unaufhaltsam.

Das reiche Industrieland Deutschland hat ueber Jahrzehnte eine immer staerker werdende Ausgrenzung betrieben und bis heute gibt es kein wirkliches Zeichent, dass die politisch Verantwortlichen diesen Prozess stoppen oder gar umkehren wollen.

Er hat sein Buch vor dem Einsetzen der Rezession der Weltwirtschaft geschrieben und konnte deshalb nicht vorhersehen, wie schnell sich die Dinge im gegenwaertigen schlechten wirtschaftlichen Klima bewegen koennen.

Man fragt sich bei seinem sehr guten und lesenswerten Buch, warum koennen die politisch Verantwortlichen diese Dinge nicht genau so glasklar erkennen, wie dieser junge Mann?

Das der wahnsinnige wirtschaftliche Aufschwung Deutschlands nach dem zweiten Weltkrieg die Grundlagen fuer die immer staerker werdende Ausgrenzungspolitik gelegt hat, ist vielen Menschen bis heute nicht klar geworden. Der Staat Deutschland konnte es sich ueber Jahrzehnte leisten immer mehr Menschen aus dem aktiven Leben in der Gesellschaft auszugrenzen. In Deutschland hat man die Verwaltung der Arbeitslosen und der sozial Schwachen zu einer nationalen Aufgabe erhoben. An einer Aenderung der Lebensverhaeltnisse dieser Menschen wird dabei im Grunde nicht gearbeitet, denn sie garantieren ja durch ihre pure Existenz die vielen Arbeitsplaetze in der Verwaltung. Inzwischen gibt der deutsche Staat fast die Haelfte des jaehrlichen Bundeshaushalts fuer die Unterstuetzung der ausgegrenzten Menschen aus. Wie lange kann man eine solche Politik noch durchhalten?

Kein Vaterland

Binguel zeigt, dass die Ausgrenzung schon im fruehesten Kindesalter beginnt und dann systematisch vorgesetzt wird. Mit der Ausgrenzung der Alten – und ich spreche hier nicht von den 80jaehrigen, sondern von den Menschen, die gerade einmal die 40 ueberschritten haben - aus dem Arbeitsprozess wurde in den letzten Jahren ein neuer Hoehepunkt in diesem Prozess erreicht. Ich selbst kenne eine ganze Reihe von Menschen, die noch nicht einmal 50 sind und schon zu den aus Altersgruenden nicht mehr Vermittelbaren gehoeren. Wie lange können es sich eine Gesellschaft und ein Staat leisten so mit seinen humanen Ressourcen umzugehen? Man laesst viel zu viele Jugendliche gar nicht erst in den Arbeitsprozess eintreten und dann versucht man die Menschen nach der Halbzeit ihrer Lebensarbeitszeit so elegant wie moeglich wieder loszuwerden.

In Deutschland kann „ jeder fuenfte Fuenfzehnjaehrige nicht richtig schreiben oder lesen, beziehungsweise verstehen, was er gelesen hat.“ Eine Zahl von 20% strukturalen Analphabeten, dass ist ein Niveau, wie man es in den Laendern Afrikas erwarten wuerde, aber nicht in Mitteleuropa.

Oder ein anderes Beispiel: “Die Ausgrenzungsmisere der 420.000 Schueler an Foerderschulen ist nicht zu vernachlaessigen. Nur ein Drittel dieser Schueler ist geistig oder koerperlich behindert. Die Mehrheit gilt als lernbehindert und sozial auffaellig. Ihnen haftet das Stigma an, ‚Minus-Kinder‘ zu sein. Um sie besonders zu foerdern, richtete Deutschland eigens eine Schulform ein: Ausgrenzung als Problemloeser. Das Ergebnis: Acht von zehn Foederschuelern schaffen keinen Abschluss.“

Aus der Entfernung nimmt sich ein solches Verhalten als ausgemachter Irrsinn aus und ich denke, genau so fuehlen sich die Menschen, die von der Ausgrenzung erfasst worden sind.

Ich kann dieses Buch nur sehr empfehlen, auch wenn es nicht die Loesungen, sondern in vielen Faellen nur die Probleme aufzeigt. Ich denke es ist wichtig sich dieser Dinge bewusst zu werden, denn dies ist fuer mich immer noch der erste notwendige Schritt, um sie am Ende zu aendern.

Denis – April 2009

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