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Rheinhessisches Schulwesen

Am 8. Juli besuchten 11 Mitglieder die Ausstellung „Guten Morgen, Herr Lehrer! – Volksschule in Rheinhessen“, die noch bis zum 26.3.2017 als Beitrag zum 200jährigen Jubiläum von Rheinhessen im Ortsmuseum Nackenheim gezeigt wird.

Bis 1964 bestand in Deutschland die 8jährige Schulpflicht in den Volksschulen, bevor sie von der Grund- und Hauptschule abgelöst wurde. Viele von uns erinnern sich noch an ihre Volksschulzeit, zumindest an die ersten 4 Jahre, bevor einige in die Mittelschule oder das Gymnasium wechselten. Die meisten, dazu gehörte ich auch, drückten 8 Jahre die Schulbank in der Volksschule. Ich war zudem der letzte Jahrgang, der 1964 entlassen wurde; seitdem gibt es neben den weiterführenden Schulen die Grund- und Hauptschule.

Wie aber sah Schule in früheren Zeiten aus. Das konnten wir in einer einstündigen Führung von Thomas Flügen, Mitglied des Museumsausschusses, sehen und erfahren.

Vom Bahnhof ist es nicht weit bis zum Ortsmuseum, das im alten, 1832 errichteten Nackenheimer Schulhaus untergebracht ist. Es ist der Prototyp eines rheinhessischen Schulhauses mit zwei Klassenräumen im 1. Stock und einer Lehrerwohnung im Paterre.

Schule früher_kobold1952

1717 wurde die Schulpflicht vom preußischen König Friedrich Wilhelm I. eingeführt. Er bestimmte, dass die Kinder vom fünften bis zum zwölften Lebensjahr zur Schule gehen und lesen und schreiben lernen sollten. Schulen gab es zwar bereits im Spätmittelalter; sie blieb aber nur wenigen Kinder vorbehalten. Friedrich II. von Preußen reformierte das Schulwesen. 1763 wurde die Dauer der Schulzeit auf 8 Jahre festgelegt.

1779 wurde zum ersten Mal der Begriff Volksschule erwähnt; sie wurde auch Elementarschule, Grundschule, Landschule, Dorfschule oder Armenschule genannt. Die Schulaufsicht unterstand zu dieser Zeit der Kirche.

Schule früher_kobold1952

Schule früher_kobold1952


Als 1816 der nördliche Teil des französischen Departement du Mont-Tonnerre dem Großherzogtum Hessen zugeschlagen wurde, entstand die Provinz Rheinhessen. Mainz wurde zur Provinzhauptstadt.

Während die katholische Kirche eine konfessionelle Ausrichtung der Lehranstalten weiter bestehen lassen wollte, erwog die hessische Staatsregierung im Laufe der Zeit eine weltlichere Schulpolitik in Form von Gemeindeschulen, die überkonfessionell sein sollten. Dabei spielte das von Regierungsrat Friedrich Wilhelm Hesse erlassene liberale Gesetz von 1827 eine Rolle.

Schule früher_bakru26

Wilhelm Hesse, der von 1816 bis 1835 in der Mainzer Provinzialverwaltung tätig war, formuliert im Vorwort seines Rechenschaftsbuches von 1835 die politischen Ziele seiner Verwaltungstätigkeit in Rheinhessen.
Es sollte... "... jeder wahrhaft Nothleidende durch die Hülfe und Sorge der Verwaltung geschützt und gesichert, ... keine Gemeinde ohne guten, oder doch wenigstens befriedigenden Unterricht, kein schlechtes Schulhaus mehr vorhanden seyn, und ... alle größere und kleinere Verbindungswege in vollkommen gutem Zustande sich befinden." (Hesse, S. V)

Quelle: Ingelheimer Geschichten

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"Die Volksschule hatte die Aufgabe, den Kindern durch Unterricht, Übung und Erziehung die Grundlagen religiös-sittlicher und nationaler Bildung und für das bürgerliche Leben nötigen allgemeinen Kenntnisse und Fertigkeiten zu gewähren" ….das können wir auf einem der Plakate lesen, die wir in der Ausstellung sehen. In den Dörfern Rheinhessens konnten die Kinder aber meist nur im Winter zur Schule gehen. Im Sommer mussten sie den Eltern bei der Feldarbeit helfen.

Unterrichtet werden Religion, Lesen und Schreiben, deutsche Sprache, Rechnen, Formenlehre, Geschichte, Erdkunde, Naturkunde, Gesang, Zeichnen, sowie für die Buben Turnen und für die Mädchen Unterricht in weiblicher Handarbeit.

Schule früher_kobold1952

Wenn Du auf die Bilder klickst, erscheinen sie größer und besser lesbar!

Schule früher_kobold1952


Die Lehrerausbildung erfolgte durch zweijährige Lehrerseminare und für Lehrer ohne Abitur davor eine dreijährige Vorbereitung auf das Lehrerseminar. Da die Lehrerausbildung meist nach der eigenen Schulzeit begann, konnte man bereits mit 19 oder 20 Jahren Junglehrer sein. Die Bezahlung der Lehrer war schlecht.

Ich habe einen weiteren interessanten Artikel aus der Ingelheimer Schulgeschichte gefunden, der typisch für alle Volksschulen in Rheinhessen zur damaligen Zeit gewesen sein dürfte.

Hier kannst Du ihn nachlesen


Schule früher_kobold1952

In den Schulgesetzen wurde alles mögliche geregelt:
„Für jeden Schüler ist ein Flächenraum von mindestens 0,8 qm erforderlich, einschließlich des Rames für die Unterrichtsmittel, Katheder, für den Ofen samt Zubehör sowie die Gänge. Der Gesamtluftraum für einen Schüler wird auf mindestens 3 cbm bestimmt.“

Selbst für die Toiletten wurde bestimmt:
"Bei der Wahl des Platzes für die Abtritte ist darauf Rücksicht zu nehmen, daß dieselben sich in der nötigen Entfernung vom Brunnen befinden. Im Schulhaus selbst sind Schülerabtritte nie anzubringen. Für sämtliche Knaben einer Schule ist außerdem ein Pißraum mit getrennten Ständer nötig. Die Reinlichkeit dieser Räume erfordert besondere Beachtung."

Und auch die körperliche Züchtigung wurde wie folgt beschrieben:

Schule früher_kobold1952

Schule früher_kobold1952

Unterrichtet wurden in einem oder zwei Schulräumen. Oftmals war nur ein gleichzeitiger Unterricht von 80 Schülern und mehr möglich. Die Kinder wurden in Altersklassen eingeteilt, die zu verschiedenen Zeiten Unterricht hatten.

Ich kann mich noch an eine Dorfschule erinnern, in die ich beim Besuch meiner Oma in einem kleinen Hessen-Nassauischen Dorf mit meiner Cousine gehen durfte. Sie bestand aus einem Klassenraum, in dem alle Schüler von der 1. bis zur 4. Klasse unterrichtet wurden. Während die älteren Schüler Aufgaben gestellt bekamen, die sie schriftlich erledigen mussten, kümmerte sich der Lehrer um die ABC-Schützen, um ihnen die ersten Lese- und Schreibkenntnisse beizubringen.

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Diese mussten dann Buchstaben üben oder sollten etwas malen oder rechnen, während der Lehrer sich wieder den Älteren zuwandte. Ich fand das damals sehr spannend, denn in meiner Schule gab es lediglich in Religion, Zeichnen und Musik zwei Jahrgänge, ansonsten wurde jede Klasse getrennt unterrichtet.

Schaut Euch die Bilder von Kordula und Günter an; sie geben einen guten Überblick über das, was wir bei der Führung im Ortsmuseum gesehen haben.

Hier kommst Du zu den Bildern von kobold1952
und hier zu den Aufnahmen von bakru26

Nackenheim2016_bakru26

Wir beschließen den Nachmittag im Weingut Sans-Lorch. Zum Glück bleibt uns Petrus hold, so dass wir auf der Terrasse mit Blick auf den schönen Garten unseren Wein und rheinhessische Spezialitäten genießen können.

Mit dem Zug fahren wir kurz vor 21 Uhr wieder zurück nach Mainz.

Nackenheim2016_Wullewatz

(eingestellt am 13.7.16)

Autor: Feierabend-Mitglied

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