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Kamin und Kammerspiele




Die Wintermonate sind geeignet, zum Buch zu greifen oder ins Kino, Kabarett und Theater zu gehen.

Für den 25. Januar hatte ich 15 Karten für die Kammerspiele besorgt. Nach den erfolgreichen „Zeitgeist“-Revuen haben Claudia Wehner und ihr Team die neue Theaterreihe „Lieblingsbücher“ ins Programm genommen – ein Musikalisches Lesetheater.

Begonnen hat die Reihe mit dem autobiografischen Buch von Joachim Meyerhoff „Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke“.

Im Flyer der Kammerspiele ist zu lesen: „Von einem, der auszog, Schauspieler zu werden – und bei den Großeltern einzieht.“

Wir durften gespannt sein.


Um 17 Uhr hatte ich Plätze im Kamin reserviert. Das Restaurant befindet sich in der Altstadt – perfekt gelegen zum Kino und den Kammerspielen. Als wir eintrafen, waren wir die ersten Gäste. Im Kamin knisterte das Holzfeuer und in der Speisekarte konnten wir unter vielerlei Flammkuchen-Variationen und anderen leckeren Speisen und Getränken wählen.


Bei netten Gesprächen und dem leckeren Flammkuchen verging ruck-zuck die Zeit. Kurz nach 19 Uhr gingen wir die wenigen Schritte über die Rheinstraße zu den Kammerspielen, wo wir diejenigen, die nicht mit zum Kamin gegangen waren, trafen.

Wir hatten reservierte Plätze und noch genügend Zeit bis zum Beginn, uns mit einem Glas Wein oder Wasser zu versorgen und Schwätzchen zu halten.

Pünktlich um 20 Uhr begann das Theater mit Achim Stellwagen, Bodil Strutz und Leonard Schärf. Begleitet wurden sie am Klavier von Thilo Zetzmann. Ich hatte die drei Bücher von Joachim Meyerhoff „Alle Toten fliegen hoch“ gelesen und war neugierig, wie die Schauspieler die Geschichten in Szene setzen würden.

Nach dem ersten Band der Reihe, in dem Meyerhoff sein Schüler-Austauschjahr in Wyoming beschreibt und dem zweiten Band, in dem er seine Kindheit in Hesterberg beschreibt – sein Vater ist Direktor der Kinder- und Jugendpsychiatrie – beginnt er im dritten Band seine Schauspielausbildung auf der Otto Falckenberg Schauspielschule in München. Er zieht zu seinen Großeltern in deren Villa in Nymphenburg. Seine Großmutter Inge war selbst eine gefeierte Schauspielerin und Lehrerin an genau dieser Schule, sein Großvater Hermann emeritierter Philosophieprofessor.

Der Alltag der Großeltern hat ein feststehendes Ritual: Vor dem Frühstück gibt es um 9 Uhr ein Glas Champagner. Das Frühstück selbst besteht aus Brötchen, die auf der Brotschneidemaschine in hauchdünne Scheiben geschnitten werden. Beide lesen die Süddeutsche Zeitung, die doppelt abonniert wurde, weil beide gemeinsam das Feuilleton lesen und sich darüber austauschen.

Zum Mittagessen gibt es Weißwein, um 18 Uhr Whiskey, zum Abendessen Rotwein und später noch ein Glas Cointreau. Danach entschwinden sie mit dem Treppenlift in den ersten Stock.

Tagsüber macht Joachim seine Schauspielausbildung, die ihn immer wieder frustriert. So z.B. die Aufgabe, eine Szene aus Fontanes Effi Briest als Nilpferd zu spielen. Skurril wird die Situation am Abend, als er seinen Großeltern erklären will, was ein Nilpferd mit Effi Briest zu tun hat: „Ich muß als Nilpferd Effi Briest sprechen“ – Großvater: Was hat ein Nilpferd mit Effi Briest zu tun?“ „Nichts, genau das ist die Idee“. Reaktion der Großmutter: „Arme Effi“ und des Großvaters „Armes Nilpferd“.

Mehr und mehr kämpft Meyerhoff in der Schauspielschule gegen ihn völlig überfordernde Aufgaben an – er erkennt überall Risse, Sprünge und Lücken, diese entsetzliche Lücke.

Das Stück lebt von skurrilen Situationen, von seinem stillen Humor, wobei es nur ansatzweise die vielen kleinen liebevollen Details und die (teilweise tragische) Komik aus dem Buch zeigen kann, bei dem ich auf vielen Seiten schmunzeln oder lachen musste.

Das Ende des Stückes, das ich hier nicht verraten will, fand ich mit am besten. Damit hat Meyerhoff seinen Großeltern ein tiefgehendes Denkmal gesetzt.

Heute ist Joachim Meyerhoff ein erfolgreicher Schauspieler am Burgtheater Wien.

Als wir gegen 22.30 Uhr die Kammerspiele verlassen, hat es zum Glück nur leicht geschneit. Auch das vorhergesagte Glatteis blieb aus, so dass wir wieder alle gut nach Hause gekommen sind.


Die Bilder, insbesondere die, die Elke/Sunny322 von uns während der Pause in den Kammerspielen gemacht hat, findest Du in meinem Album. Klicke hier


(eingestellt am 27.1.19)

Autor: Feierabend-Mitglied

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