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Hanni und Wolfgang

Hanni und Wolfgang © Mitglied

Hanni und Wolfgang

Mein Mann war an Krebs gestorben, nun stand ich vor dem Problem, mein Leben alleine zu meistern und neu zu ordnen. Das war am Anfang recht schwer. Freunde und Bekannte kümmerten sich rührend um mich. Doch ich wollte alleine mit meiner Situation fertig werden. Einige Zeit später lernte ich eine sehr nette Frau auf dem Friedhof kennen und wir freundeten uns sehr schnell an. Unsere Freizeit gestalteten wir von nun an zusammen. Schnell merkte ich, dass sie nicht zufrieden war. Eines Tages fragte ich sie, was sie bedrückt. Unter Zögern beichtete sie mir dass sie auf Kontaktanzeigen geschrieben habe. Meine Frage: "Warum? Es läuft doch alles gut!" Sie meinte, es wäre schön, wenn sie wieder einen Partner hätte, trotz unserer Freundschaft fühlte sie sich sehr einsam. Sicher, ich hatte damals noch meinen Beruf und unsere Aktivitäten beschränkten sich auf das Wochenende. Darüber hatte ich noch nicht nachgedacht und gab ihr recht. Mit meinem neuen Leben hatte ich mich arrangiert und war zufrieden, so wie es war. Sie meinte dann noch: "Vielleicht ist auch einmal etwas für dich dabei!" Aber ich winkte ab: "Nein, nein, lass mich da bloß außen vor. Ich bin froh, dass ich das Trauerjahr so gut überstanden habe! Nein, ich möchte mich nicht mehr an jemanden binden."

Eines Tages, ich weiß es noch ganz genau, es war der 26. Juni, rief meine Freundin Anne an: "Ich habe ein Date, aber ausgerechnet heute kommen die Handwerker. Er kann nur heute, bitte, bitte sieh Du ihn dir doch mal an." Wie meistens, ließ ich mich überreden, aber unter der Bedingung: "Nur, wenn du hier in der Gegend einen Treffpunkt ausmachst, in die Stadt fahre ich nicht!" Sie hängte schnell ein, um kurz darauf wieder anzurufen: "Er kommt um 17 Uhr zum Dorfplatz, Er hat einen grauen Wagen." Ehe ich etwas erwidern konnte, hängte sie ein.
Mein Gott, dachte ich, worauf hast du dich eingelassen, was soll ich da? Lustlos ging ich zur verabredeten Zeit zum Treffpunkt. Auf dem Dorfplatz waren nicht mehr viele parkende Autos, so konnte ich den grauen Wagen sofort ausmachen. Ach je, auch noch ein Mercedes.
Ich war ein Käfer-Fan. Fahrer in einem grauen Mercedes waren für mich dicke kleine Männer mit Hut und Zigarre. Weit und breit war von dem Mann nichts zu sehen. Ob er irgendwo lauert und mich beobachtet? An der Bushaltestelle setzte ich mich auf eine Mauer und dachte, dass ich nicht mehr lange warten würde. In Gedanken versunken saß ich nun da. Plötzlich stand ein sehr netter, sportlicher, dunkelblonder Mann vor mir und grinste mich an. Ich wollte schon eine dumme Bemerkung machen, als er fragte: "Sind sie Anne?" Ich wollte gerade verneinen, da viel mir noch schnell ein, dass ich ja als Anne hier war und nickte mit dem Kopf. Mir hatte es einfach die Sprache verschlagen. Eine wirklich komische Situation, ich dachte an den kleinen dicken Mann mit Hut und Zigarre und bekam einen Lachanfall. Er wusste nicht, was er machen sollte, schaute mich sehr irritieret an, was meinen Lachnerv noch mehr reizte. Als ich mich einigermaßen erholt hatte, entschuldigte ich mich und erklärte die Situation, und dass ich nicht Anne bin. Nun hatten wir beide unseren Brüller. Die vorbeigehenden Leute schüttelten den Kopf und dachten, so alt und so albern.

Der Bann war gebrochen. Wir hatten das Gefühl, als wären wir alte Bekannte. Es wurde ein schöner Abend, wir saßen bis Mitternacht in einem kleinen Biergarten am Rhein. Ich erfuhr, dass auch seine Frau an Krebs gestorben war. Er erzählte mir auch von seinen vorangegangenen Treffen, wir haben an diesem Abend sehr viel darüber gelacht. Unser Treffen wäre sein letzter Versuch gewesen, eine Frau per Anzeige zu finden. Ich dachte: Gut, dass ich es heute bin. Er gefiel mir. Später vor meiner Haustüre verabschiedete er sich mit einem Kuss, wünschte mir eine gute Nacht und bat um ein Wiedersehen.
Liebe ist jener seltsame Zustand, den alle belächeln, bevor sie von ihm befallen werden. In den nächsten Wochen und Monaten haben wir uns oft getroffen. Im Herbst verbrachten wir einen wunderschönen Urlaub in Andalusien. Die Zeit des verliebt seins war ein wunderschöner Zustand. Anne schmollte noch einige Zeit, gönnte mir aber mein Glück. Sie fand einige Monat später auch einen Partner und ist heute mit ihm verheiratet. Nach drei Jahren zogen wir zusammen und richteten uns ein gemütliches Nest ein. Einige Jahre sind seitdem vergangen, es gab Höhen und Tiefen, aber zusammen haben wir sie gemeistert. Unser Wunsch ist es, noch viele glückliche Jahre miteinander zu verbringen und im betagten Alter Hand in Hand auf einer Bank zu sitzen und die wärmenden Sonnenstrahlen zu genießen.

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