Neu hier? Lies hier über unser Motto gemeinsam statt einsam.
Mitglied werden einloggen




Passwort vergessen?

4 4

Von Kühen und Bullen (14)

Von tastifix 29.10.2023, 13:03 – geändert Donnerstag 07.12.2023, 05:29

Weil wir am Stadtrand wohnen, konnte ich lange Jahre Kühe nicht nur als Rindersteaks, sondern tatsächlich lebend bewundern. Sie lebten bei dem Bauern in der Nähe und nannten eine große, sogar mit Bäumen bewachsene Weide ihr Eigen. Dort grasten sie friedlich und unterzogen vorbeigehende Spaziergänger neugierig einer optischen Prüfung. Meist bestanden wir Zweibeiner den Test mit einer annehmbaren Note und wurden als freundlich eingeschätzt.

Doch auch im Westerwald kennt mam sie. Allerdings bevorzugen die Bauern dort die Bullen, die sich dann in jener waldreichen Gegend auf hoch gelegenen einsamen Wiesen durch den Tag hindurch langweilen. Das ist auch gut so, denn viele Menschen sind von deren niedrigeren Reizschwelle überzeugt und auf diese Weise kann man ein zu häufiges Zusammentreffen zwischen Spaziergängern und Bullen verhindern. Auch ich dachte ähnlich, dass jene Machos relativ schnell aggressiv werden könnten.

Bald sollte ich ein Machotreffen sehr ungleicher Art miterleben. Denn auch Knödelchen war einer. Er bevorzugte jedoch die noch weitaus interessantere Kombination "Machopascha". Zum Glück ein extrem sanfter! Was resultiert eigentlich aus der Begegnung zweier Machos? Die wird dann sehr spannend.

Wieder mal wanderten wir mit den Tieren durch das Waldgebiet. Je höher wir gelangten, umso einsamer und stiller wurde es. Nur von ferne hörten wir noch ab und an Vogelgezwitscher. Ja, diese Gegend eignete sich bestens für die Bullenweiden. Schön abgelegen, damit der menschliche Bestand bei aufkeimender Aggression der Tiere nicht zu gravierend dezimiert wurde. Nichtsahnend zogen wir fröhlich des Weges. Dann, hinter einer Linkskurve verbreiterte sich der Pfad plötzlich stark bis hin zu einer weiten Lichtung. Und dort entdeckten wir ihn, einen in 50cm Höhe gespannten Draht, der augenscheinlich von einer großen Weide trennen sollte. Dass der so niedrig angebracht war, beschlich mich ein sehr mulmiges Gefühl. Denn hinter diesem entzückendem Draht standen vier noch viel entzückendere riesige Bullen, die uns auffallend aufmerksam beäugten. Die schienen etwas sauer zu sein, in ihrer Idylle gestört zu werden. Wir selber waren ja klug und verhielten uns möglichst still, damit sich die Riesen ja nicht aufregen sollten. Doch wir hatten ja meine drei Hunde bei uns, leider nicht ganz so klug. Knödelchen hielt also bei derem Anblick nicht etwa schüchtern die Klappe, sondern bellte empört los. Klar garantiert aus Angst, aber auch, weil er meine Panik und die seiner vierbeinigen Freunde spürte und uns zu beschützen hatte.
Immer heftiger meckerte er herum, steckte Quinny und Feechen damit an, die Zwei mischten eifrig mit und selbst Angsthäschen Quinny spielte den tapferen Mann auf vier Beinen. Feechen als Schäferhündin fühlte sich ja an Knödelchens Seite sicher und schimpfte laut.

Die Drei machten einen Höllenlärm, der weder uns und noch viel weniger die Bullen gelassen bleiben ließ. Das jedes sensible Lebewesen auf die Palme treibende Gebell ging auch den Bullen furchtbar auf den Keks. Ein Orchester aus Alarmanlage=Quinny, wild gewordenem Handfeger=Feechen und wutschnaubendem Rudelführer=Knödelchen. Es war klar, dass die Bullen garantiert nicht mehr lange die Ruhe behalten würden.

Ich herrschte meine Hunde energisch an:
"Haltet endlich die Schnauze! Wenn die da in Rage raten, sehen wir hier aber alle alt aus! Still, verflixt nochmal!!“
Es war nichts zu wollen. Knödelchen war außer sich. Er hatte uns schließlich zu verteidigen. Eines der Tiere, wahrscheinlich der Oberbulle, geriet wegen Knödelchens unverschämter Anmache arg in Wut. Der in seinem Zorn ach so wahrlich sympathische Kerl entschied sich zum Rachefeldzug, senkte den mächtigen Kopf, scharrte wild mit den Hufen und brachte seine Freunde, die auch Bullen hießen, dadurch ebenfalls auf Trab. Entsetzt registrierten wir, wie die Tiere sich gen Sicherheitsdraht näherten.
"Oje!!“
Zwecks Lebensrettung sollten wir besser den Rückzug antreten. Die riesigen Bullen würden es mit Leichtigkeit bringen, jenes Pseudo-Zäunchen zu überspringen. Knödelchen gebärdete sich inzwischen wie ein Wilder. Hund schien immer noch zu glauben, er könnte gegen diese Fleischkolosse wirklich etwas ausrichten. Hätte ich ihn nicht krampfhaft festgehalten, wäre Knödelchen glatt über den Zaun gespringen, um dem Leitbullen ins Bein zu beißen. Hund wäre als Pfannkuchen geendet, denn der Bulle hätte ihn nieder getrampelt.

Damit es bloß nicht dazu kommen sollte, suchten wir mit den vierbeinigen Wüterichen fix das Weite, bevor die Bullen noch gar eine schnellere Gangart anschlugen. In unserer Phantasie hechteten sie schon fast über ihren Zaun, um uns wehrlose Geschöpfe in dann sehr absehbarer Zeit zu Mus zu zerstampfen. Weil wir so aber nicht enden wollten, rafften wir die Hundeleinen noch kürzer als ohnehin schon und rannten in Richtung des sichereren Waldes. Dabei ersparten wir uns den Blick zurück zu den Ungetümen. Wir bildeten uns tatsächlich ein, sie würden uns verfolgen. Erst, als wir zwischen den ersten Bäumen kurz verschnauften, drehte ich mich zögerlich um. Glück gehabt! Die Bullen hatten doch wohl doch zu großen Respekt vor dem Elektrodraht gehabt und den Sprung nicht gewagt.

Nun in Sicherheit, galt es, die aufgebrachten Vierbeiner zu besänftigen. Knödelchen als echter Macho gab klar nicht so einfach zu, dass er bei dieser kräftemäßig ungleichen Auseinandersetzung den Kürzeren gezogen hatte. Also schickte er dem Oberbullen noch ein wütendes "Wau" rüber. So, wie das klang, hieß das:
"Scheißkerl!"
Von drüben antwortete ein besonders "liebevoll-furchterregendes" Brummen. Das bedeutete:
"Dreckskerl!"
Nach diesem überaus freundlichen Abschied voneinander wurde Knödelchen endlich friedlich, Feechen und Quinny dann ebenfalls. Die waren bestimmt heilfroh, mit dem Leben davongekommen zu sein.

Nie während unseres Urlaubs kehrten wir so erleichtert ins Ferienhaus zurück. Nein, dermaßen einsame Bergpfade würden wir mit den Vierbeinern zukünftig meiden!

Du möchtest die Antworten lesen und mitdiskutieren? Tritt erst der Gruppe bei. Gruppe beitreten

Mitglieder > Mitgliedergruppen > Menschen Mit Hund > Forum > Von Kühen und Bullen (14)