Neu hier? Lies hier über unser Motto gemeinsam statt einsam.
Mitglied werden einloggen




Passwort vergessen?

Für Gestaltung und Inhalt dieser Regionalseiten sind ausschließlich die jeweiligen Regionalbotschafter verantwortlich. Die von den Regionalbotschaftern eingegebenen und heraufgeladenen Inhalte unterliegen grundsätzlich weder einer Kontrolle durch Feierabend, noch nimmt Feierabend hierauf Einfluss. Hiervon ausgenommen sind werbliche Einblendungen und Beiträge die von Feierabend direkt eingestellt wurden und als solche gekennzeichnet sind.

Felszeichnungen

Beim Betrachten von Felsgravuren und Felszeichnungen, als einige der ältesten Kunstwerke, die unsere Vorfahren angefertigt haben, um ihrer Vorstellung von der Welt und ihrem Glauben Ausdruck zu verleihen, bemerken wir, dass es neben den naturalistischen Darstellungen gleichzeitig eine große Zahl von auf den ersten Blick völlig unverständlichen abstrakten geometrischen Mustern gibt.

Für das Nebeneinander von zwei so grundverschiedenen Formen der Darstellung und ihren offensichtlich verschiedenen Inhalten wird in den bisherigen allgemeinen Erklärungsversuchen oft einfach übergangen.
Claude Levi-Strauss hat in seinem Werk „Traurige Tropen“ aus dem Jahre 1955 einen sehr interessanten Gedanken hierzu entwickelt. Ausgehend von den beiden grundverschiedenen Formen der Darstellung schlägt er vor, die naturalistischen und figürlichen Darstellung als künstlerischen Ausdruck der Männer und die stilisierten und geometrischen Muster den Frauen zuzuordnen. Dies würde erklären, warum wir zwei so grundverschiedene Formen des künstlerischen Ausdrucks für lange Zeit unmittelbar nebeneinander in Felszeichnungen und Gravuren finden.

Es handelt sich hierbei um eines der Phänomene, die auf allen Kontinenten vorkommen und dass den Gedanken nahelegt, dass es sich hierbei um eine Ausdrucksform der Gedankenwelt handelt, die dem modernen Menschen zu eigen war, bevor er sich anschickte, Afrika zu verlassen. Es ist sonst sehr schwer zu erklären, warum die Menschen in so weit von einander entfernten Siedlungsgebieten immer wieder die gleichen Techniken und Motive verwendet haben sollten. Man kann wohl recht sicher ausschließen, dass die Menschen über einen langen Zeitraum im steten gedanklichen Austausch gestanden haben und somit bleibt eigentlich nur die Möglichkeit, dass alle auf eine gemeinsame Quelle zurückgehen.

Die Frauen werden sicher schon recht früh einen Zusammenhang zwischen der Dauer des weiblichen Menstruationszyklus und den Veränderungen in der Erscheinung des Mondes erkannt haben. Der Mond ist in den ältesten Erzählungen immer im Zusammenhang mit dem weiblichen Element gesehen worden. Die Beschäftigung mit dem Nachthimmel und seinen Erscheinungen könnte hier ihren Anfang genommen haben und sich im Laufe der Jahrtausende zu dem unglaublichen komplexen astronomischen Wissen verschiedener früher Kulturen geführt haben. Es ist bekannt, dass die ältesten menschlichen Aufzeichnungen sich auf Mondzyklen und andere Erscheinungen am Himmel beziehen.

Es liegt der Verdacht nahe, dass sich bei einer ganzen Reihe der geometrischen Darstellungen in den ältesten Felsenbildern und Gravuren ebenfalls um eine Form von Aufzeichnungen der von der den Menschen beobachteten Himmelserscheinungen handeln könnte. Da wir an anderer Stelle bereits die älteren Frauen als die Träger und Übermitterinnen des Wissens in der Gemeinschaft identifiziert haben, zeichnet sich hier nur die logische Konsequenz ab, dass sie auch diejenigen gewesen sind, die sich um die Erscheinungen am Himmel gekümmert und ihre Beobachtungen aufgezeichnet haben.

Die männlichen künstlerischen Darstellungen widmen sich dem Erlebnisraum der Männer und handeln von Tieren und Auseinandersetzungen mit anderen Menschengruppen. Hier haben die Darstellungen sicherlich auch viel im Zusammenhang mit sogenannten Totemtieren als wichtigen Symbolen für den Einzelnen als auch für die Gruppe als Ganzes zu tun. Die magische Transformation des Menschen in eine tierische Gestaltform nimmt ebenfalls großen Raum in den Darstellungen der Felszeichnungen und Gravuren ein.

Sollte sich dieser Gedankengang, von einer klar getrennten künstlerischen Ausdrucksweise von Frauen und Männern, als richtig erweisen, hätte dies tiefreichende Konsequenzen für die Struktur der Gesellschaft zu dieser Zeit. Eine solche Trennung von weiblich und männlich könnte tatsächlich auf die, schon an anderer Stelle postulierte Organisationsform innerhalb der Gesellschaft hinweisen. Falls wir annehmen, dass es tatsächlich so gewesen ist, dann hätten die Geschlechter zwar in der gleichen Gruppe gelebt, aber ihre Gedankenwelt hätte sich um sehr verschiedene Dinge bewegt. Dies wäre dann nicht so sehr eine Aufgabenteilung im täglichen Leben, als vielmehr eine Trennung im kulturellen und spirituellen Leben.

Es würde uns die herausragende Bedeutung der Kulte die mit der ‚Großen Mutter‘ und der Beobachtung der Erscheinungen am nächtlichen Sternenhimmel verbunden waren erklären und gleichzeitig eine Erklärung für die Herausbildung der Kulte, die im Zusammenhang mit der Jagd standen. Innerhalb der Gesellschaft hätten sich dann zwei sehr unterschiedliche Entwicklungen parallel vollziehen können. Wenn wir nun annehmen, dass die Frauen, die dominante Rolle, in einer solchen Gesellschaft gespielt haben, wäre auch klar, warum die materiellen Ausdrücke ihrer Gedankenwelt eine so große Bedeutung erreichen konnten.

In vielen Höhlen findet man rund um den Globus farbige Handabdrücke, die einen festen Platz in der künstlerischen Ausschmückung dieser Orte einnehmen. Bis vor Kurzem gab es keine Möglichkeit das Geschlecht der Person zu bestimmen, die sich dort mit ihrer Hand verewig hatte.

Erst die Untersuchungen von Dean Snow von der Pennsylvania State University aus dem Jahre 2009 haben gezeigt, dass Frauen die Mehrzahl der Handabdrücke in verschiedenen Höhlen mit Felszeichnungen hinterlassen haben. Er hat mithilfe eines statistischen Verfahrens einen Weg gefunden, der über die Länge der Finger und das Größenverhältnis von bestimmten Fingern zueinander, eine Bestimmung des Geschlechts des Besitzers der entsprechenden Hand ermöglicht. Die Treffergenauigkeit liegt bei über 80% und erlaubt nun zum ersten Mal einen Einblick in die Zusammensetzung der beiden Geschlechter unter den Höhlenmalern.

Zur großen Überraschung stellte sich heraus, dass die weiblichen Handabdrücke 66% ausmachen und dies deutet auf eine absolute Gleichberechtigung, wenn nicht sogar auf eine weibliche Dominanz in diesem Bereich hin.

Ich hoffe, dass diese kurzen Ausführungen euch gezeigt haben, dass wir die Felszeichnungen nicht einfach als primitive Kunst abtun dürfen, denn sie sind in Wirklichkeit der lebendige Ausdruck eines sehr komplexen und interessanten Weltbildes von Gesellschaften, die es geschafft haben, über unvorstellbar lange Zeiträume stabil und weitgehend unverändert leben zu können. Die fehlende Veränderung wird immer wieder gern als Mangel an Fortschritt gedeutet, dabei ist es nur ein Ausdruck, dass Lebensweisen möglich sind, die nicht auf der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen und der Zerstörung der Umwelt beruhen.

Als eine letzte Anmerkung noch der Hinweis, dass die Höhlen wohl nie als Wohnstätten genutzt worden sind, sondern immer als besondere Orte an denen Rituale durchgeführt wurden und an denen man die besondere Nähe zur Mutter, in diesem Fall die Erde als Ganzen, gesucht hat. Das Bild des primitiven Höhlenbewohners gehört in die bibeltreue Zeit des ausgehenden 19. Jahrhunderts und sollte endlich dorthin geworfen werden, wo es seinen Platz hat, auf dem großen Müllhaufen der Fehler und Irrtümer in der Geschichte.

Autor: denis2010

Artikel Teilen

 

Artikel bewerten
5 Sterne (4 Bewertungen)

Nutze die Sterne, um eine Bewertung abzugeben:


2 2 Artikel kommentieren
Regional > Südliches Afrika > Menschen und Kulturen > Felszeichnungen