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Hill Street-Stutterheim
Hill Street-Stutterheim

Stutterheim – eine kleine Stadt mit sehr viel deutscher Geschichte


Die kleine Stadt Stutterheim im Eastern Cape ist untrennbar mit der schillernden Persoenlichkeit des Barons Richard von Stutterheim verbunden. Ich habe den Ort Stutterheim selbst einige Male besucht und bin dann spaeter auch in Kontakt mit den Nachfahren des Barons in Deutschland gekommen. Ich moechte euch hier nicht die wirklich besondere Geschichte des Mannes vorenthalten, der fuer viele deutsche Ortsnamen im Eastern Cape verantwortlich ist. Er gehoert zu den tragischen Figuren des 19. Jahrhunderts, aber ich moechte nicht vorgreifen. Hier eine Schilderung zum Leben des Barons.

Baron Richard Carl Gustav Ludwig Wilhelm Julius von Stutterheim wurde im Jahre 1809 in Helmstadt geboren. Sein Grossneffe hat die folgende Schilderung gegeben:

"Ich erinnere mich an die beiden Kinder des Britischen General Majors Richard von Stutterheim aus der Zeit, als ich selbst noch ein junger Mann war. Eins war der Lieutenant Colonel, auch mit Namen Richard und seine Schwester Alice, eine Prinzessin in Steterburg (Brunswick). Natuerlich war ich an dem Grossonkel, der unter den Englaendern gedient hatte sehr interessiert. Aber jede Frage, die ich meinen Verwandten stellte, wurde geschickt umgangen und fuehrte zu einer peinlichen Stille. Es war sichtbar, dass der Vater keine Liebe im Herzen seiner Kinder hinterlassen hatte.

Nachforschungen im weiteren Familienkreis brachten mir endlich einige Informationen. Der Grossonkel war auf seine Weise ein Genie, aber es war nicht mit einem standhaften Charakter verbunden. Diese Kombination konnte zum Aufstieg oder zum tiefen Fall fuehren, die typisch franzoesische Form des Genies. Ueber all diesem hing ein Hauch von Unbehagen. War das vielleicht der Grund, warum die Leute nicht ueber ihn sprechen wollten? War da ein Fluch ueber ihm? Wir leben im 20. Jahrhundert und glauben nicht mehr an solche Dinge. Und doch dieses geheimnisvolle Gefuehl hatte einen der Schriftsteller, Julius Grosse, inspiriert. Er verfasste eine Erzaehlung “The Ghost”, die 1891 erschienen war. Der Verfasser gab in einer Fussnote an, dass er seine Arbeit mit seiner eigenen schriftstellerischen Phantasie angereichert hat, dass aber die Figur des Helden auf einer wahren historischen Persoenlichkeit beruht. Baron von Stutterheim ist in dieser Erzaehlung portraetiert worden.

In der Erzaehlung wird gesagt, dass der Geist an allen Kreuzwegen des Lebens des Helden erschien und ihn immer zielsicher in die falsche Richtung gelenkt habe. Der Geist war der eines Kameraden, den von Stutterheim als junger Offizier in einem Duell erschossen hatte.

Es ist wahr, dass Richard von Stutterheim als Leutnant im Husaren Regiment in Duesseldorf einen Kameraden im Duell getoetet hat. Es ist auch wahr, dass dieses Ereignis sein Leben in eine neue Bahn gelenkt hat. Anstatt seinen Aufstieg im Militaer zu machen, floh er nach England und trat in die britische Armee ein. Er schloss sich der Britischen Legion an, die im Spanischen Buergerkrieg gekaempft hat. Als Soldat und Draufgaenger kaempfte er in San Sebastian, Ametzagana, Orimendi, Yrun, Andosin und wo immer man kaempfen konnte. Er erhielt alle nur moeglichen Auszeichnungen und Ehren. Als direktes Ergebnis fand er sich bald als Kapitaen der Kavallerie wieder. Diese abenteuerliche Zeit war ganz nach seinem Herzen, aber sie dauerte nur drei Jahre. Danach kehrte er 1839 nach Deutschland zurueck um seine unterbrochene Militaerlaufbahn fortzusetzen – jetzt unter der Flagge von Brunswick. Sein Leben schien nun in ruhigen Bahnen zu verlaufen.

Er heiratete und sein Schwiegervater, ein hoch geachteter Foerster, und seine Frau Marie von Lauingen eroeffneten ihm den Zutritt zu den hoechsten Kreisen. Alles war zu seinen Gunsten, aber dann kam der boese Geist dazwischen. Nach einem sehr heftigen Disput mit seinem Vorgesetzten, der von Stutterheim beschuldigte, dass er demokratischen Ideen anhaenge, entschloss er sich den Dienst zu quitieren. Er schloss damit ein Kapitel seines Lebens, bevor es richtig begann.

Aber das Glueck war auf seiner Seite. Er hatte im Kontingent von Brunswick gegen die Daenen gekaempft und so erschien es sehr natuerlich, dass er seine Dienste in Schleswig-Holstein anbot, das sich mit Daenemark im Krieg befand. Er wurde schnell Major und wenig spaeter Bataillonskommandant. Er bewies seine Tapferkeit und fand sich gegen Ende des Krieges als Oberkommandierender wieder. Der Krieg endete mit einer Niederlage fuer Schleswig Holstein und von Stutterheim fand sich als Major im Holsteiner Dragoner Regiment wieder. Diesmal war das schnelle Ende der kurzen Zeit des Gluecks nicht sein Fehler.

Wir finden von Stutterheim kurz danach in der Position eines Sekretaers in der mexikanischen Botschaft in Berlin wieder. Auch dies war nur von kurzer Dauer.

Er hoerte bald von Englands Absicht, eine deutsche Fremdenlegion fuer den Krim- Krieg aufzustellen. Ohne zu zoegern, arbeitete er einen Plan aus, wie man die Mitglieder fuer eine solche Legion rekrutieren koennte. Nur sehr kurze Zeit spaeter finden wir von Stutterheim in London wieder. Aber nicht in einem grauen und staubigen Armeebuero mit Stiften und zwischen Aktenbergen, sondern im besten Hotel der Stadt. Hier gab er Parties fuer Gott und die Welt und benahm sich, als ob er bereits eine halbe Million in seiner Tasche haette. Der grosse Gastgeber war in Wirklichkeit ein armer Teufel und er praesentierte die Rechnung dem englischen Minister Lord Russell. Der Minister soll daraufhin gesagt haben „Das ist entweder ein verrueckter Pirat oder der Mann, den wir brauchen“. Zum Glueck fuer von Stutterheim entschied sich der Minister fuer die letztere Version und beauftragte ihn mit der Rekrutierung von 10.000 Mann. Fuer diesen Zweck wurde ein Lager auf der damals englischen Insel Helgoland errichtet und der Erfolg liess nicht lange auf sich warten. Er hatte vor, die Maenner fuer 10 britische Pfund pro Kopf anzuwerben. Die Englaender hatten keine Einwaende und es war auf der deutschen Seite, dass man sich ueber diesen modernen Sklavenhandel aufregte.

Die Maenner, die sein Angebot annahmen, kamen nicht aus Abenteuerlust, sondern Armut hatte sie zu dieser Entscheidung getrieben. Es war ein persoenlicher Triumph fuer von Stutterheim schon nach kurzer Zeit seine neue Armee der Koenigin zu praesentieren. Er nahm sich danach die Freiheit heraus, die Koenigin zum Essen zu bitten. Die Einladung wurde nach kurzer Zurueckhaltung angenommen. Von Stutterheim wurde anschliessend zum Kommandierenden der Britisch German Legion gemacht. Im gleichen Moment brachte der Friedens Beschluss den Krieg auf der Krim zu einem Ende und die Fremdenlegion wurde ueberfluessig. Von Stutterheim war nicht der Mann, den man einfach nach Hause schickte und er war nicht gewillt, seinen Maennern zu gestatten zu gehen. Als Alternative wurde schnell die Kap Provinz mit dem Problem British Kaffraria gefunden. Hier waren die ungezaehmten Wilden eine staendige Gefahr fuer die weissen Siedler. Man fasste den Plan, die Maenner der British German Legion als Farmer in einem Pufferstreifen anzusiedeln und sie im Bedarfsfall jederzeit wieder als Soldaten vor Ort verfuegbar zu haben. Mit dem Komando in der Tasche zog von Stutterheim aus, seine Maenner in den schwarzen Kontiment zu fuehren.

Dies war ein Auftrag, der zu einem Mann seiner Natur passte. Er sah sich und seine Maenner nicht als schuechterne Einwanderer sondern eher als Eroberer. Er begann die Arbeit mit seinen Maennern und noch heute zeigen die Namen Hamburg, Berlin, Potsdam, Braunschweig und Frankfurt den dauerhaften Eindruck, den er und seinen Maennern im Eastern Cape hinterlassen haben.

Der wichtigste Ort wurde nach dem nun Koeniglich British General Major von Stutterheim selbst benannt – Stutterheim.

Stutterheim hatte uebrigens im vergangenen Jahr die grosse 150Jahrfeier. Nun aber weiter zur Person des General Majors. Warum blieb er nicht in Afrika? Warum hatte er keinen Antrag gestellt, in den englischen Kolonialdienst aufgenommen zu werden? Seine Kameraden mochten ihn und er war beliebt bei seinen Maennern. Er fuerchtete keinen Feind. Alles sprach fuer eine Karriere in Afrika, Indien, Zentral- oder Suedamerika fuer ihn. Europa war der Platz, wo er nicht hinpasste, und doch machte er den vielleicht groessten Fehler seines Lebens, indem er Suedafrika verliess. Er fuehlte sich Deutschland verbunden. Er lebte zuerst in Braunschweig und kaufte sich spaeter ein Gut in Schlesien.

Wieder legte er den Grundstein, auf dem man ein neues Leben aufbauen konnte und wieder ruinierte er alles. Das Gut Baumgarten in der Naehe von Ohlau war bald ein Platz der High Society mit Jagd und Baellen sowie den grossen Festessen und dem gefaehrlichsten Sport Gluecksspiel.
Champagner und Geld flossen in Stroemen, nur leider floss das letztere in die falsche Richtung. In nur vier Jahren trieb es von Stutterheim in den Ruin. Er musste nach Braunschweig zurueckkehren.Wieder klopfte das Glueck an seine Tuer, Stutterheim, der das Preussische Militaer als Leutnant verlassen hatte, erhielt das Angebot als General zurueckzukehren. Seine Antwort fiel so arrogant aus – er forderte ein Korps und nicht nur eine Division zu leiten – dass Preussen das Angebot zurueckzog.

Dies war sein letzter und unverzeihlicher Fehler. Er vergab damit die Chance der Mitwirkung im Krieg von 1870/71 gegen Frankreich und solch ein Einsatz haette einem Mann von seinem Kaliber sicher gut gestanden.

Nach dem Tod seiner geliebten Tochter Gretchen im Alter von 21 Jahren brach seine Welt zusammen. Mit seinem letzten Goldstueck in der Tasche reiste er im Alter von 56 Jahren nach Wiesbaden und ging ins Spielkassino. Er spielte und verlor- nicht nur sein Gold - sondern auch sein Leben. Nach einer kurzen Fahrt nach Biebrich erschoss er sich und stuerzte in den Rhein. Freunde sorgten fuer seine Beerdigung. War sein Leben wirklich bestimmt von einem Geist? Er war kein sehr angenehmer Charakter aber sicher einer der interessantesten in der Familiengeschichte."

Der Text wurde frei aus dem englischen Uebertragen und unwesentlich gekuerzt.

Zahlenmaessig erhielt Stutterheim die groesste Gruppe der Mitglieder der Britsh-German Legion. Die Gruppe verliess Fort Murray nahe King Williams Town am 21. Maerz 1857 und bestand aus 407 Personen, 12 Offizieren, 3 Kadetten, 38 Unteroffizieren, 269 Maennern, 33 Frauen und 32 Kindern. Nur wenige der Legionaere siedelten sich in Stutterheim an, da sich viele entschlossen fuer die Englaender in Indien zu kaempfen. Spaeter kam eine groessere Zahl von deutschen Siedlern. Deren Nachfahren sind bis heute in der Stadt Stutterheim und ihrer Umgebung zu finden.

Gubu-Stutterheim
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