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Demokratie

In unserer Zeit wird der Zustand der Demokratie als etwas Erstrebenswertes und durch und durch Positives gesehen. Für diesen Zustand werden nun sogar Kriege geführt, um die Segnungen der Demokratie zu den Menschen zu bringen, die nach westlicher Lesart in undemokratischen Verhältnissen leben müssen. Wenn man sich nun einmal etwas intensiver mit der Entstehungsgeschichte der Mutter aller Demokratien im alten Athen beschäftigt, dann entdeckt man so manche Merkwürdigkeit.

Athen war von einer Reihe von Tyrannen regiert worden und diese hatte nur ihre eigene Bereicherung und das Streben nach Macht als Antriebsfedern ihres Handels gehabt. Nach dem Ende der Tyrannenherrschaft übernahm der Adel die Leitung des Staates Athen, aber auch dieser Weg führte nicht zum Ziel und um das Schlimmste zu verhindern, ersann Kleisthenes, selbst ein Angehöriger der Adelsschicht, einen Ausweg. Aristoteles beschreibt dies so: „Er brachte das Volk auf seine Seite, indem er der breiten Masse die Gewalt im Staate übertrug.“ Herodot bringt es noch deutlicher auf den Punkt: „Als er im politischen Ringen unterlag, machte sich Kleisthenes das Volk zum Freund.“

Es war also bei Weitem nicht der Wunsch die Macht mit dem Volke zu teilen, sondern nur noch ein letzter Ausweg, um das Überleben der Adelsschicht ohne all zu große Einbußen sicherzustellen, was letztendlich zur Geburt der so viel gelobten Demokratie geführt hat.

Nun kann man bei dem Wort ‚Volk“, das die beiden oben genannten klassischen Berichterstatter verwendet haben schnell auf den Gedanken kommen, dass sich dies tatsächlich auf alle Menschen beziehen würde, die innerhalb der Staatsgrenzen von Athen gelebt haben, dem war aber bei Weitem nicht so. Als Volk wurden ausschließlich die Männer die zudem im Besitz des Bürgerrechts sein mussten gesehen. Die Frauen, die Sklaven und das Heer der Fremdarbeiter, die sogenannten Metöken waren nicht Bestandteil des Volkes und hatten somit keinen Anteil an den Segnungen der Demokratie.

Denn zu dieser Zeit etwa 20- bis 30.000 Bürger standen 300- bis 400.000 Sklaven und Metöken gegenüber. Wenn wir nun noch die Frauen und Kinder mit rund 100.000 Personen ansetzen, dann gab es die Demokratie gerade einmal für fünf Prozent der Bevölkerung. Dies zeigt, dass eine kleine elitäre Gruppe herrschte und sich nur bei der Ausübung der Macht abwechselte. Aus der Reihe der Bürger wurden 5.000 Vertreter gewählt, die die Staatsgeschäfte und alle anderen Aufgaben wahrnahmen. Es war also rund jeder vierte Bürger in einem der politischen Ämter beschäftigt.

Diesen Luxus konnte man sich leisten, da die rechtlose Mehrheit den Wohlstand der regierenden Minderheit bereitgestellt hat.

Schauen wir noch einmal etwas genauer hin, dann entdecken wir, dass es zwar die Vollversammlung aller Bürger Athens gab, die das letzte Wort in wichtigen Entscheidungen, wie bei großen Bauprojekten, Verhandlungen mit anderen Staaten oder den Fragen von Krieg und Frieden hatte, aber genau diese Vollversammlung konnte nur über die Punkte entscheiden, die der Rat der 500 auf die entsprechende Tagesordnung gesetzt hatte. Der Rat der 500 war von Kleisthenes als vorgeschaltetes Kontrollgremium entworfen worden.

Nun gab es aber auch einige sehr gute und sinnvolle Einrichtungen in dieser ersten Demokratie, denn die gewählten Beamten durften nicht mehr als zwei Amtsperioden in ein und demselben Posten verweilen. Am Ende ihrer Amtszeit mussten sie einen öffentlichen Rechenschaftsbericht ablegen und wurden von der Vollversammlung für ihr Handeln beurteilt. Hatten sie dem Staat durch ihr Handeln Schaden zugefügt, so waren sie mit ihrem Privatvermögen haftbar und dies wurde zur Regulierung des Schadens herangezogen. Dieser kluge Schachzug verhinderte, dass sich jemand nur deshalb um einen Posten bewarb, um dort den Versuch zu unternehmen sich persönlich zu bereichern.

Man sieht, dass die sogenannte direkte Demokratie nur für eine elitäre Minderheit galt und sich deshalb wohl kaum als wirkliches Vorbild für den Zustand eignet, den man heute mit dem Begriff der Demokratie verbindet. Das System hatte schon im alten Athen die Grenzen des Machbaren erreicht und ist aus Gründen der Praktikabilität auf überschaubare Gemeinwesen beschränkt.

Heute haben wir die sogenannte repräsentative Demokratie, die durch die Schaffung von politischen Parteien, die sich dann zur Wahl stellen einen Zwischenschritt eingeführt hat, der die Machtübertragung des Volkes an die Parteien und einzelne direkt gewählte Vertreter vorsieht. Dieses Verfahren entstand aus dem Wunsch die Grundzüge der Demokratie auch in einem eigentlich hierfür zu großen Gemeinwesen, wie einem modernen Staat anzuwenden.

Leider sind wesentliche Beschränkungen, wie die Zeit, die ein Volksvertreter im Amt bleiben darf und die persönliche Rechenschaft und Haftbarkeit inzwischen verschwunden. Als direkte Folge davon hat sich eine eigene Klasse der Berufspolitiker herausgebildet, die zusammen mit den Lobbyisten, als Vertreter der Wirtschaft und anderer großer Interessengruppen zu den wahren Herrschern im Staate erhoben haben.

Die Wahlen sind inzwischen für die meisten Bürger zu einem sinnentleerten Ritual verkommen, an dem sich zunehmend weniger Bürger beteilige. Im alten Athen war es übrigens eine Pflicht an der Wahl teilzunehmen, denn dort hat man die zwingende Verknüpfung von Rechten und Pflichten noch wahrnehmen können.

In der repräsentativen Demokratie entwickelt sich zunehmen eine Haltung, die die Bürger in dem einen Lager und den Staat mit seiner Verwaltung in einem anderen oft mehr oder weniger gegnerischen Lager sieht. Der Grundgedanke, dass der Staat für die Bürger da ist, wie es im alten Athen war, ist inzwischen verloren gegangen. Auch wenn die ursprüngliche direkte Demokratie mit vielen Fehlern behaftet war und sich nur auf eine verschwindend kleine Minderheit im Staat bezogen hat, hatte sie noch immer deutliche Vorzüge gegenüber der sinnentleerten Form der repräsentativen Demokratie unserer Tage.
Wer sich nun über den Ausschluss der Frauen im alten Athen wundert, der sollte sich vor Augen halten, dass dies in einer Zeit geschah, in der die ursprüngliche weibliche Dominanz in der Gesellschaft durch eine männliche Dominanz abgelöst wurde. Wie immer in einem solchen Fall kam es nun zu einer fast völligen Zurückdrängung der ursprünglich dominanten Gruppe.

Das männlich wurde als höherwertig angesehen und somit dem weiblich überlegen. Als einer der Auswüchse dieser Zeit ist die Knabenliebe der männlichen Bürger anzusehen. Es war gute Sitte sich als erwachsener Mann einen oder mehrere Lustknaben zu halten. Junge Männer, die bis zum Erreichen ihrer Männlichkeit noch keinen älteren Liebhaber gefunden hatten, galten als das Pendant ‚der alten Jungfer‘ des 19. Jahrhunderts.

Die Welt Athens war eine Welt der Männer, so wollen es uns die erhalten schriftlichen Zeugnisse dieser Zeit glauben machen. Wenn man jedoch etwas tiefer schaut, dann bekommt auch dieses Bild schnell Risse, die sich bei noch intensiverer Beschäftigung immer mehr dahin entwickeln, dass man erkennt, dass die erhaltenen Dokumente die männliche Sicht der Dinge widerspiegeln und uns die weibliche Sicht der Dinge einfach nicht überliefert wurde.

Warum habe ich diesem Thema so viel Raum gegeben? Es kommt immer wieder einmal die Behauptung, dass in verschiedenen afrikanischen Staaten die Demokratie nicht mit der gleichen Begeisterung wie in Deutschland als die beste aller möglichen Regierungsformen gesehen wird.

Im Fall von Südafrika kann ich mich dieser Sicht nicht anschließen, denn hier darf z. B. nach der neuen Verfassung (ab 1994) ein Präsident nur zwei Wahlperioden im Amt sein. Mandela ist nach nur einer Periode nicht wieder angetreten. Mbeki hat vor dem Ende seiner zweiten Amtszeit, zur Vermeidung eines Konfliktes zwischen seinem Amt und dem Willen der Partei ANC seinen Rücktritt eingereicht. Er hätte verfassungsrechtlich gegen den Wunsch der Partei vor dem obersten Verfassungsgericht klagen und so seine zweite Amtszeit zu Ende bringen können.

Er hat in dieser schweren Stunde wirkliche Größe gezeigt und sein Amt zum Wohle des Landes zur Verfügung gestellt.

Der amtierende Präsident Zuma wurde erst vor wenigen Tagen von der Partei aus ermahnt und darauf hingewiesen, dass es keine automatische zweite Amtszeit gibt, sondern, dass gegen Ende der ersten Amtszeit über den Erfolg der Arbeit geurteilt wird und erst dann eine Entscheidung über eine mögliche Wiederwahl getroffen wird.
Man kann an diesen Beispielen erkennen, dass in diesem Land die demokratischen Spielregeln noch sehr lebendig sind und auch eingefordert werden.

Ich kann angesichts der Vorgänge in Stuttgart und im Zusammenhang mit der Abberufung eines Bundesbankvorstands in Deutschland sehen, dass die Demokratie hier auf die Probe gestellt wird. Es ist sicher spannend zu verfolgen, wie sich die Dinge weiter entwickeln werden.

05. September 2010

Autor: denis2010

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