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Afrikabild im deutschen Schulunterricht

Über die Schwächen eines Schulsystems lässt sich sicherlich trefflich klagen. Heute möchte ich einmal einen kleinen Bereich eines Erdkundebuchs, das in vielen Schulen in NRW im Jahre 2010 verwendet wird, näher betrachten.

Titelbild

Unter dem Titel ‚Heimat und Welt für die Klasse 7 und 8‘ wird seit 1999 ein Buch verwendet, in dem sich einige recht merkwürdige Aussagen finden. Ich habe dabei nur den Anfang des Bereichs „In der Wüste Sahara und im Sahel“ betrachtet.

Es findet sich zum Beispiel keine Erklärung für das arabische Wort ‚Sahel‘, dabei ist der Begriff ‚Küste‘, denn nichts anderes bedeutet dieses Wort sicherlich wichtig für das Verständnis. Die Sahara wirkte auf die Menschen, wie ein riesiges Meer und an ihrem nördlichen und südlichen Rand gab es eine ‚Küste‘. Eine solche Erklärung wäre sicher hilfreich gewesen.

Die Übersichtskarte von Nordafrika dieses Buches stellt das von Marokko besetzte Gebiet, der ehemaligen spanischen Kolonie West Sahara, als eigenständigen Staat dar. Es ist aber mit keinem Wort erwähnt, das in diesem Teil der Welt den Menschen das Recht auf Selbstbestimmung trotz einer entsprechenden Forderung der UN nicht zugestanden wird.

Dattelpalme

Bei der Behandlung der Dattelpalme wird den Kindern erklärt, dass man die jungen Blätter der Palme als Salat essen würde. Wer schon einmal in seinem eine Dattelpalme gesehen hat, wir sich fragen, wie man denn diesen Salat ernten sollte. Die nächste Frage ist, warum um Himmelwillen jemand die Blätter essen sollte? Die Menschen in Deutschland essen doch auch nicht unbedingt ihren Rasen als Beilage, oder? Der Nährwert von beiden Pflanzenteilen liegt in gleichen Bereich.

Zum Thema „Wasser in der Wüste“ wird zwar erwähnt, dass der uralte unterirdische Wasservorrat heute verstärkt mit Motorpumpen gefördert wird, aber es wird mit keinem Wort die Kurzsichtigkeit eines solchen Vorgehens thematisiert. Die Aussage, dass dieses Wasser zur Bewässerung in den Oasen benutzt wird, lässt einen staunen, denn eine Oase kann nur dort entstehen, wo es einen für die Pflanzen erreichbaren Grundwasserspiegel gibt. Eine nur auf Bewässerung basierende Situation ist keine Oase!

Unter der Überschrift „Lkw statt Kamel“ enthält mehr fragwürdige Aussagen, so heißt es dort z. B.: „In vielen Oasen der Sahara ändert sich die Wirtschaftsweise. Lkws bringen auf asphaltierten Straßen Getreide und andere Nahrungsmittel hierher. Die Preise sind so niedrig, dass sich der Anbau kaum noch lohnt.“ Man reibt sich die Augen bei so einer geballten Ladung von Unfug. Erstens wurde in den Oasen kein Getreide im westlichen Sinne anbaut. Zweitens womit bitte bezahlen die Menschen aus den Oasen all die Segnungen der Zivilisation? Drittens wer baut all die schönen neuen asphaltierten Straßen, die dann am Ende nur zu einer kleinen Oase führen?

Das Buch beschäftigt sich auch mit dem wichtigen Thema der Landflucht: „Vor allem die jungen Oasenbewohner wandern ab. Gut bezahlte Arbeit finden sie in den großen Städten, den Ferienzentren an der Küste, auf den Ölfeldern und in Fabriken im Ausland.“ Diese Aussage möchte ich wirklich nicht weiter kommentieren, denn sie ist in sich allein ein schlechter Witz. Wer solche Märchen verbreitet, sollte zur Rechenschaft gezogen werden.

Aber es geht gleich weiter im Text und wir bekommen die Begründung für ein solches Verhalten der jungen Menschen: „Sie wollen ein moderneres Leben führen als ihre Eltern. Ein eigener Jeep ist für sie interessanter als eine Herde Ziegen.“ Zwar kämpft man in den meisten Ländern der Welt gegen die Landflucht, aber in deutschen Schulbüchern wird sie wenigstens noch als eine zu begrüßende und positive Seite des modernen Lebens dargestellt. Von den stetig wachsenden Elendsvierteln am Rande der großen Städte, wo all die jungen Menschen landen, die den Versprechungen von einem besseren Leben geglaubt haben, weiß das Schulbuch nicht.

Hotelanlage in der Wueste

Um das Ganze dann noch abzurunden, wird ein Bild mit einem großen Swimmingpool in einer Oase als Beleg dafür geliefert, dass der Tourismus, den Wohlstand zu den Menschen in der Wüste bringt.

Die Texte an sich sind schlimm genug, aber dass sie dann in Aufgaben vom Schüler noch einmal wiederholt werden müssen, zeigt, dass hier bewusst ein falsches Bild von der Welt in die Köpfe von jungen Menschen gepflanzt wird.

Wo sind die Lehrer, die sich weigern solche Inhalte zu vermitteln? Der Alltag zeigt, dass diese falschen Aussagen buchstabengetreu vermittelt werden.

Es gibt dabei durchaus sehr gute Bücher zu diesem Thema, wie zum Beispiel das von Peter Fuchs verfasste Werk „Menschen in der Wüste‘. Fuchs hat sich jahrzehntelang mit dem Thema der Sahara und ihren Menschen beschäftigt und dies wird in seinen Texten spürbar. „Meine Beschreibung der saharischen Menschen und ihrer Kulturen ist ein Versuch der Vermittlung. Wer dieses Buch zur Hand nimmt, lässt sich auf einen Dialog ein, von dem man nicht weiß, wie er ausgehen wird. Man kann nicht verhindern, dass beim Lesen die Nomaden und Oasenbauern der Sahara mit ihren Anschauungen, Wünschen, Gefühlen und Hoffnungen in unser Leben treten und uns zwingen, darüber nachzudenken, ob die Art und Weise, wie wir die Dinge sehen, wirklich die einzig Richtige ist oder nur eine von mehreren Möglichkeiten darstellt. Vielleicht müssen wir uns eingestehen, dass man in der Sahara für so manches Problem des Zusammenlebens der Geschlechter und Generationen humanere Lösungen gefunden hat als in den Industriegesellschaften, und dass es auch noch andere Menschheitsziele gibt, für die es sich lohnt zu leben. Da mag manches aus dem Gleichgewicht geraten.“

Ein guter Lehrer würde auf der Grundlage solcher Quellen seinen Unterricht vorbereiten und den Kindern ein menschliches und ehrliches Bild vom Leben in und am Rande der großen Wüste vermitteln. Dies bedeutet aber Arbeit und persönlichen Einsatz, an dem es leider viel zu oft mangelt.

Ich hoffe so manch einer wird sich nun einmal die Schulbücher der Enkel etwas näher ansehen und dann mit ihnen über die Inhalte reden.


März 2010

Autor: denis2010

Seitengestaltung - Renate (piadora2010)

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