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Michail und Carl – Zwei Jahrhundertschicksale -
von Carl-Heinz Knob

Wir schreiben das Jahr 1944; der deutsche Diktator Hitler peitscht seine Soldaten von Sieg zu Sieg.
Derselbe Hitler bringt zur gleichen Zeit hunderttausende jüdische Menschen um, lässt sie einfach vergasen.
Und dann sind da noch die sogenannten "Ostarbeitersammellager " mit überwiegend jungen Männern. Sie wurden von deutschen Truppen nach dem Überfall auf die Sowjetunion durch die Organisation Todt und Sauckel aus der Ukraine, Weißrussland, Russland und Moldavien als Zwangsarbeiter nach Deutschland verschleppt. In Lagern untergebracht, wurden sie zwangsweise in Betrieben zur Erstellung von Rüstungsteilen zur Arbeit eingesetzt.
Viele von den jungen Menschen haben den Transport in Güterwagen oder die Strapazen des Lagerlebens nicht überlebt. So war zum Beispiel eine Lungenentzündung durch fehlende - oder überhaupt noch nicht erforschte - Medikamente kaum heilbar.
Einer dieser jungen "Ostarbeiter " war auch der damals 19 jährige Michail Anissimow

Wir schreiben das Jahr 2003, schon seit mehr als 50 Jahren sind die Angehörigen des Michail bemüht, etwas über das Schicksal des Vermissten zu erfahren.

In diesen Tagen ist es der kleinen saarländischen Schaumberg-Gemeinde Tholey , in Zusammenarbeit mit dem auch in Russland tätigen Volksbund deutscher Kriegsgräber sowie dem Bundeskanzleramt in Berlin, gelungen, Licht in das Dunkel um Michail Anissimow zu bringen.

Nicht nur, dass eine Sterbeurkunde beim zuständigen Standesamt vorliegt, auch auf dem sogenannten Judenfriedhof in Tholey , wo 75 russische tote "Zwangsarbeiter " ihre letzte Ruhe fanden, zeigt eine Grabplatte namentlich, dass Michail dort beerdigt ist.

Durch Zufall war einem Bediensteten des Berliner Kanzleramtes, wo die Anfrage schließlich eingegangen war, der Name " Tolai" aufgefallen, den es so in Deutschland nicht gibt.
Er erinnerte sich, früher einmal den Ortsnamen Tholey gelesen zu haben und kam durch einen Anruf bei der Gemeinde Tholey auf die richtige Spur.

Wir erinnern uns zurück in das Jahr 1945, die deutsche Armee ist größten Teils geschlagen und gefangen genommen, nur der Kampf um Berlin tobt noch.

Mein Vater, Carl Knob, 47 Jahre alt, liegt als sogenannter "Volkssturmmann" in einem Schützengraben auf dem Sportplatz in Berlin Tegel, nahe seiner Wohnung.
Mit einer Gewehrattrappe soll er Berlin vor der sich nähernden russischen Armee verteidigen, welche unaufhaltsam mit ihren schweren Panzern T 34 von Norden her auf Berlin zu stürmt.
Plötzlich stöhnt er auf, Blut fließt über seinen Hals, er ist getroffen und erleidet einen Kiefernschuss.
Warum verrichtet Carl K. nicht den Dienst an der Waffe der deutschen Wehrmacht ?
Als Chemiker, der in der Deutschen Chemischen Reichsanstalt Berlin ,die Treibstoffe für neue Raketen entwickelt, war er vom Militärdienst freigestellt.
"Wenn mich einmal der Russe erwischt, siehst du mich nie wieder ..." sagte er einmal zu seiner Frau und Mutter seiner vier Kinder.
Nun, diese Ahnung sollte zur bitteren Wahrheit werden.....
....denn nach dem Kiefernschuss auf dem Tegeler Sportplatz brachten ihn Sanitäter in das Wehrmachtslazarett, in den Humboldtbunker.
Dort erschienen nach kurzem, erbittertem Kampf um Berlin , Offiziere der siegreichen russischen Armee. Sie hatten eine Liste mit Namen deutscher Wissenschaftler, die auch den Namen Carl Knob enthielt.

Wir schreiben das Jahr 1950. Ein aus russischer Kriegsgefangenschaft entlassener ehemaliger deutscher Soldat erscheint bei der Mutter des Carl K. in Wattenscheid und bestätigt, dass es ihrem Sohn soweit ganz gut gehe. Die Kiefernverletzung
sei gut verheilt, er arbeite in seinem Beruf in einem Schweigelager in Leningrad.

Weitere "Lebenszeichen" kamen in Deutschland nicht mehr an, bis heute hat auch der Zufall - wie bei Michail Anissimow - bei der Suche nach dem Verbleib und der letzten Ruhestätte des Carl Knob über das Rote Kreuz, keinen Erfolg gezeigt.

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