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Bregenz_Melanchthon

„Turandot“ – Bregenzer Festspiele


Beeindruckend, man verlässt den Bahnhof und ist direkt am Hafen von Lindau.

Herrlicher Sonnenschein und entsprechend belebt sind Uferpromenade und die dazugehörige Straße. Überall flanieren Leute, lassen sich malen oder sitzen in Terrassen-Cafés. Ich suche mir einen schönen Platz mit Aussicht direkt auf die Hafenausfahrt und das ganze Gewimmel, bestelle mir einen Kaffee und einen Mozart-Becher, der nicht bombastisch aussieht, aber super lecker schmeckt, mit gebrannten Mandeln und angerösteten Nüssen.

Die „Insel“ ist mit herrlichen alten Häusern und Bäumen bewachsen und bietet viele Fotomotive, so verfliegt die Zeit und ich mache mich zu Fuß in mein Hotel.

Niemals mehr werde ich in Google eine „zu-Fuß“-Wegstrecke nachschlagen und notieren. Schon nach kurzer Zeit bin ich am Pusten, denn es geht nur noch bergauf und die Strecke zieht sich. (Komisch, auf Google-Maps sah das so viel näher aus!) Glaube mich verfranst zu haben und frage nach dem Weg. Mir wird ein Fußweg gewiesen, wo ich ganz in der Nähe auf die richtige Straße stoßen würde. Leider endet der Fußweg auf einem herrlichen Privatgelände, bestanden mit mehreren Häusern, einem großen Schwimmteich, Hochbeeten und einer recht malerischen alten Scheune. Drei Frauen sind mit Kindern beim Beeren pflücken und die Älteste bietet mir spontan an, mich zum Hotel zu fahren „das ist viel zu weit und zu steil, um dahin zu laufen“. Sie hat Recht, wie ich kurze Zeit später feststellen muss. Mein Hotel liegt direkt auf dem Sattel einer Anhöhe, vom Balkon aus kann ich den See sehen.

Am nächsten Morgen mache ich mich erst einmal zu Fuß auf den Weg, denn am Vorabend habe ich etwas gesehen, was ich unbedingt knipsen muss. Danach geht es mit dem Stadtbus auf die „Insel“. Wunderschöne kleine Gässchen mit hübschen Häusern, eine breite Flaniermeile mit Geschäften, Restaurants und einer Menge Touristen.

Das Schiff zur Abendvorstellung ist bereits ausgebucht, also kaufe ich nur eine einfache Fahrt nach Bregenz. Bis das Schiff ablegt, laufe ich noch ein Stück außerhalb des Hafens am See entlang. Es tummeln sich viele Segelboote, das eine oder andere Paddelboot ist zu sehen, und immer wieder kommen große Schiffe vorbei. Man kann die Seele baumeln lassen und nur schauen.

In Bregenz schlendere ich langsam zur Seebühne, denn dort habe ich eine Führung gebucht.

Man erfährt viel über den grundsätzlichen Aufbau der Bühne, dass die Herstellung der Kulissen von der Planung bis zur Fertigstellung ein Jahr dauerte, dass die höchste Stelle der Chinesischen Mauer 27 m ist, dass sie 72 m (Fußballfeld) breit ist und mit 59 Lautsprechern bestückt.
Sie wiegt 335 t und 650 Mauersteine sind verbaut worden. Diese sind aus Holz und nur vorne beschichtet, um die perfekte Illusion zu bieten. In der Mitte befindet sich ein Zylinder, Durchmesser 10,9 m, deren Klappe aufgestellt werden kann und darunter zwei Ebenen sind, die durch Drehung das Bühnenbild verändern.

Es wurden insgesamt 205 Terrakottakrieger gefertigt. Im Wasser stehen 61 aus Beton, verankert auf dem Untergrund der Seebühne. 144 Krieger wurden aus Polycarbonat gegossen und sind hinten durchsichtig, um sie bei der Vorstellung einzeln anstrahlen zu können, vorne sind sie beschichtet und sehen täuschend echt aus. Alles ist so gefertigt, dass es zwei Jahre Wind und Wetter trutzen kann.

2,15 unter der Wasseroberfläche verläuft kreisförmig um die Seebühne ein Schienenkarussell, auf dem wir später die Arche der Turandot schwimmen sehen werden.

Wir werden von hinten auf die Bühne geführt, was uns auch Gelegenheit bietet, detailliertere Fotos zu machen, und wir sehen den Saal, in dem das Orchester und der Chor die Aufführung begleiten. Hier gibt es auch noch Plätze, wenn die Aufführung wegen Unwetter abgebrochen werden muss, aber die Seebühne hat 7.000 Plätze der Saal nur 2.000. Ich würde nicht zu den Privilegierten gehören.

Schon nachmittags beäuge ich mit Sorge die großen Gewitterwolken und richtig, als fast alle sitzen, blitzt es auf der Lindauer Seite ganz kräftig und sieht sehr dunkel aus. Wir werden aufgefordert die Tribünen zu verlassen und uns in den Flur des Festspielhauses zu begeben. Schreckliches Gedränge, daher bleibe ich – wie auch andere – draußen sitzen (außerdem bin ich fußmüde und mein Rücken verlangt dringend eine Lehne). Mit Nachdruck werden wir aber dann unter Dach gescheucht.

Eine gute Gelegenheit mit Anderen ins Gespräch zu kommen. Leute aus Konstanz berichten von früheren Aufführungen die sie besucht haben, ein älteres Paar aus Köln gibt mir Tipps für andere Orte am See.

„Bla, bla, bla, wir müssen noch eine Gewitterzelle abwarten ……“, aber dann „…. Das Wetteramt hat Entwarnung gegeben, bitte nehmen sie ihre Plätze ein, die Vorstellung wird in Kürze beginnen.“ Statt wie geplant um 21.15 Uhr beginnt die Vorstellung um 21.45 Uhr.

Imposant was da aufgeboten wird, dabei spreche ich nicht von den Sängern, denn dass die gut sind, habe ich erwartet. Ebenso, dass die Wiener Philharmoniker, die seit 1946 das „Orchestra in residence“ sind, eine perfekte Begleitung sein werden.

Die Mauer stürzt in der Mitte ein, so dass die obere Terrakotta-Armee zu sehen ist, deren Soldaten je nach Bühnenbeleuchtung individuell verschieden ausgeleuchtet werden. Der Zylinder klappt auf und wird mit chinesischen Bildern bzw. der sich fast unmerklich verändernden Maske der Turandot angestrahlt. Turandot umkreist die Bühne auf ihrem Nachen, mit Zofen an jeder Seite, ausgeleuchtet durch große, weiße, ovale, chinesische Lampions.
Es bewegen sich Träger mit chinesischen Lampions auf den Turm, Fackelträger auf die andere Seite, die ganz Bühne wird von Akrobaten, Feuerschluckern, bänderschwingenden Komparsen, bevölkert. Toll was da abgeht, um die Oper für das Auge interessanter zu gestalten.
Bis zum Schluss an etlichen Stellen Fontänen aufspritzen, die farblich ausgeleuchtet werden.

Die Köpfung erfolgt vom linken Turm. Die Führerin erzählte, dass am Anfang der letztjährigen Spielzeit der Körper nach der Köpfung durch Taucher wieder hoch geholt wurde. Einmal konnte der Taucher den Körper nicht gleich finden, tauchte an anderer Stelle wieder auf und wurde von den Zuschauern gesehen. Seitdem ist der Körper mit einem Seil verbunden und in der nächsten Szene, wenn keiner mehr darauf achtet, wird der Körper am Seil eingeholt.
Die Köpfe sieht man übrigens, wenn der Zylinder weiter aufgeht, in der sogenannten Bibliothek in Glasvitrinen.

Übrigens, alle Sänger und Darsteller müssen unterschreiben, dass sie schwimmen können und Taucher und Rettungskräfte stehen immer bereit. Bei der Vorstellung der Königin der Nacht fiel die Sängerin in den See, wurde trockengeföhnt und sang dann weiter.

Eine wirklich spektakuläre Vorstellung! Neben dem Geschehen auf der Bühne kann man auf großen Leinwänden den Dirigenten, Orchestermitglieder bzw. den Chor eingeblendet sehen und natürlich auch den Text mitverfolgen, wenn man das möchte.

0.15 Uhr fährt der Zug zurück nach Lindau und kein Taxi am Bahnhof. So nach und nach kommt dann mal eins, aber bis ich im Hotel bin ist es 1.30 Uhr, und vor Übermüdung kann ich gar nicht gut einschlafen. Denke ich träume, als ich vor 7 Uhr von einer Blaskapelle geweckt werde. Aber nein, sie stehen direkt unter meinem Fenster und spielen. Beim Frühstück frage ich, ob der Chef Geburtstag hätte, wegen des Ständchens am frühen Morgen. „Nein, heute ist doch Kinderfest und bevor sie dann in der Stadt den Festzug begleiten, spielen sie sich hier ein!“ (Na toll, das hat das Internet natürlich nicht gesagt. Hätte ich das vom Kinderfest gewusst, wäre ich erst am späten Nachmittag abgereist. Ein Hotel, wo morgens vor 7 Uhr die Blaskapelle übt, hätte ich mein Lebtag nicht gebucht!)

Eine Bushaltestelle war wegen Kinderfest gesperrt, so lande ich wieder an demselben Stopp wie am Tag zuvor. Nur dass der Bus heute nicht auf die Insel fährt und ich noch weiter als gestern an den Bahnhof laufen muss, was wegen des Kopfsteinpflasters mit dem Ziehköfferchen gar nicht so einfach ist.
Mir gelingen noch ein paar schöne Fotos vom Kinderfest und schon sitze ich im Zug nach Stuttgart und blicke ein wenig wehmütig auf den See, den ich hoffentlich noch einmal länger besuchen werde.

Übrigens, in meinem Wohnort, hat eine mir fremde Frau angeboten, mich heimzufahren. Durch einen ziemlichen Sonnenbrand rot im Gesicht, sah ich wahrscheinlich aus, als würde ich gleich zusammenklappen. Diese beiden Begegnungen bestärken mich an das grundsätzlich Gute im Menschen zu glauben.

Ich habe Fotos in meine Galerie eingestellt.

Hier geht's zur Galerie Festspiele

und hier zu den Aufnahmen aus Lindau

(eingestellt am 29.7.16)

Autor: Melanchthon

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