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Poitou und Charente-Maritime

vom 15.-23. Oktober 2016


Teil 1: 1.100 km von Mainz nach Rochefort



Zusammen mit 26 Mitreisenden unter der Leitung von Pfr. Gregor Ziorkewicz, Pfarrer für Stadtkirchenarbeit an der Mainzer St. Johanniskirche fuhren wir für 9 Tage in den Westen Frankreichs, ins Poitou und Charente-Maritime. Der Reiseveranstalter waren die Biblischen Reisen GmbH in Stuttgart.

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Elsaß, Burgund, die Provence, Bretagne und die Normandie kennt -zumindest vom Namen nach - fast jeder. Aber das Poitou? Da fragen sich die meisten: Wo liegt das?

Wikipedia sagt dazu:
"Das Poitou (französischer Name für Piktavien, kelt. Piktavia, altnorw./norm. Peitaland) ist eine Landschaft im Westen Frankreichs und war eine historische Provinz und Grafschaft. Das Gebiet der Grafschaft entsprach ungefähr den heutigen Départements Deux-Sèvres, Vienne und Vendée, ausgenommen das alte Seneschallat von Loudun, das zur Provinz Anjou gehörte. Hauptstadt der ehemaligen Provinz Poitou war Poitiers. Heute wird die piktavische ('poitevinische') Sprache immer noch gesprochen.

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Die Départements Deux-Sèvres, Vienne bildeten bis Ende 2015 zusammen mit den südlich angrenzenden Départements Charente und Charente-Maritime die Region Poitou-Charentes (die seit 2016 zur Region Nouvelle-Aquitaine gehört), während das Département Vendée zur Region Pays de la Loire gehört.

Vereinfacht gesagt ist Poitou-Charentes ein Landstrich im westlichen Teil Frankreichs, das im Norden an Pays de la Loire grenzt, im Osten an Limousin, im Süden an Aquitanien und im Westen an den Atlantik.

Die Reize von Poitou-Charentes gilt es zu entdecken - sei es die Hauptstadt Poitiers mit den zahlreichen denkmalgeschützten Gebäuden, sei es die alte Festungsstadt La Rochelle, die 450 km lange Küste mit den Inseln Île d’Oléron und Île de Ré, oder die Heimat des Cognacs, der dort vor 300 Jahren erfunden wurde, und nicht zuletzt die vielen Kirchen und Klöster. In keiner anderen Region Europas gibt es ein so dichtes Netz romanischer Kirchen wie im Poitou.

Vom 15. bis 23. Oktober 2016 haben wir das Poitou kennengelernt.

Wenn Du auf die Bilder klickst, werden sie größer und schärfer !

1. Tag: Samstag, 15.10.16

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Um 7.30 Uhr starteten wir mit dem Bus der Firma Menges Reisen aus Brandscheid im Westerwald. Unser Busfahrer Roger kutschierte uns sicher durch die engsten Straßen und zahlreichen Kreisel Frankreichs und brachte uns wieder gesund und sicher nach Mainz.

Nachdem um 8 Uhr die Laubenheimer zugestiegen waren, fuhren wir die A 63, Kaiserslautern – Saarbrücken über die Grenze nach Frankreich. Auf dem Rastplatz Longville hatten wir unsere erste Pause. Danach ging es weiter, vorbei an Metz und Verdun.

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Pfr. Ziorkewicz berichtete über die Geschichte Lothringens und der Maginot-Linie. Nach dem 1. Weltkrieg wurde das riesige Verteidigungssystem gebaut. Es bestand aus unterirdischen Kasernen, Forts und Krankhäuser, die mit Eisenbahnen miteinander verbunden waren. Die Soldatenfriedhöfe rings um Verdun erinnern an die grausamen Schlachten des 1. Weltkriegs.

Bereits im 2. Weltkrieg waren die Festungsanlagen jedoch veraltet und konnten der modernen Kriegsführung nicht standhalten.

Um 12 Uhr erreichen wir den kleinen Ort Sainte-Menehould (Menou) im Départment Marne und haben eine Stunde Zeit, die wir für einen kurzen Rundgang und eine Mittagspause in einem kleinen Bistro nutzen.

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Nur 6 Minuten entfernt steht die in den 2010er Jahren wieder aufgebaute Mühle, die an die Kanonade von Valmy im Jahr 1792 erinnert. Auf dem Schlachtfeld standen sich österreichische, preußische und französische Truppen unter der Leitung von General Kellermann gegenüber, die den Preußen trotz Übermacht erfolgreich Widerstand leisteten. Die Nachricht vom „Sieg bei Valmy“ erlangte historische Bedeutung.

J.W. von Goethe, der als Begleiter des Herzogs Karl August von Sachsen-Weimar den Feldzug mit in die Schlacht zog, soll gesagt haben: „Von hier und heute geht eine neue Epoche der Weltgeschichte aus, und ihr könnt sagen, ihr seid dabei gewesen.“

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Seit 1892 steht in der Nähe des Obelisken, in dem 1820 das Herz von Kellermann bestattet wurde, auf dem Schlachtfeld eine Kellermann-Statue, die den General im Moment seiner patriotischen Ansprache zeigt, die in seinen Soldaten Mut und Zuversicht auslösten. Goethes berühmte Worte sind in das Denkmal eingemeißelt.

Kurz vor 15 Uhr nähern wir uns Reims und gegen 16.30 Uhr Paris. Während die Autobahn bislang eher leer war, wird der Verkehr merklich stärker und schließlich geht es wegen eines Unfalls eine Stunde lang nur schleppend voran. Um 18.15 müssen wir noch einmal eine 30minütige Pause an einer Tankstelle einlegen, wobei das nicht schlimm ist, denn die Tank- und Rastplätze in Frankreich scheinen gepflegter als bei uns und vor allem ist die Toilettennutzung kostenlos – die WC, die wir aufgesucht haben, allesamt sauber.

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Dafür zahlen die Franzosen eine Menge Maut – immer wieder muß unser Busfahrer in den kommenden Tagen an den Mautstellen anhalten und zahlen.

Gegen 20 Uhr erreichen wir den kleinen Ort Nogent-le-Rotrou in Zentralfrankreich zwischen Chartres und Le Mans. Im Hotel Sully beziehen wir Quartier für eine Nacht und gehen in der Nähe in ein kleines Restaurant zum Abendessen. Das Menü besteht aus Quiche Lorraine, Kalbfleisch und Kartoffelgratin und Apfeltarte mit Sahne.

2. Tag: Sonntag, 16.10.16

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Nach dem Frühstück fahren wir um 9 Uhr nach Angers, einer Stadt mit vielen Parks und einer schönen Altstadt, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört.

Im Bus begrüßen wir den Tag mit einem Lied aus dem Büchlein „In Gottes Namen fahren wir“, und Pfr. Ziorkewicz hält eine kurze Andacht. Wir sind schließlich mit „Biblischen Reisen“ unterwegs.

Auf dem Weg durch die Altstadt von Angers kommen wir an der Abtei Saint-Aubin vorbei, einem Kloster aus dem 6. oder 7. Jahrhundert und am ältesten Gebäude der Stadt, dem Haus des Adam (Maison d'Adam).

Es steht an der Place Sainte-Croix, eine der wichtigsten Handelsstraßen der Stadt im Mittelalter. Der Erbauer dieses Fachwerkhauses war Apotheker. Auffallend sind die vielen, teilweise sehr frechen Schnitzereien an der Fassade. Pfr. Ziorkewicz macht uns auf einige Figuren aufmerksam. Wir sehen einen Apfelbaum, der vermutlich die Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies darstellen soll. Daneben gibt es Skulpturen aus der Bibel, wie den Heiligen Georg oder die Engel, aber auch Tiere und Fantasiegeschöpfe aus der Mythologie. Und was macht der Typ mit dem nackten Popo?

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Auf dem Place du Ralliement, dem Marktplatz, bekommen wir für eine Stunde Freizeit. Wir steuern das nächste Restaurant an, und stärken uns im „Le Duplex“ mit einem reichhaltigen Salatteller.

Über holpriges Kopfsteinpflaster spazieren wir nach der Mittagspause zum Château d'Angers aus dem 11. Jh., das im 13. Jh. fertiggestellt wurde und Teil der Stadtmauer war.

Das von König Ludwig IX. in Auftrag gegebene Schloss ähnelt von außen einer Festung mit 17 Türmen, die bis auf den Mühlenturm alle gestutzt wurden. Das Schloss mit seiner architektonischen Besonderheit in den Baumaterialien, weißer Tuffstein und schwarzer Schiefer, zählt zu den besterhaltenen historischen Bauwerken Frankreichs.

Im Inneren der Festung verstecken sich elegante gotische Gebäude, darunter das Châtelet der Herzöge von Anjou und schöne Gartenanlagen.

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Ein besonderes Kunstwerk, das auf Schloss Angers ausgestellt ist und das uns von einem Deutschen, der seit langen Jahren in Frankreich lebt, fachkundig erklärt wird, ist der Wandteppich der Apokalypse. Es ist ein Wandteppichzyklus, der den Weltuntergang nach der Offenbarung des Johannes darstellt.

Der Wandteppich ist der älteste erhaltene Bildteppich dieser Größe, wurde im 14. Jahrhundert gewebt, und ist ein einzigartiges Beispiel für die Wandteppichkunst des Mittelalters. Er besticht durch seine außergewöhnliche Größe. Die 70 heute noch erhaltenen Einzelbilder haben eine Höhe von 4,5 m und eine Gesamtlänge von 103 m. 1375 wurde der Teppich von Ludwig I, Herzog von Anjou, in Auftrag gegeben.

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In Wikipedia ist zu lesen: „Der Wandteppichzyklus der Apokalypse ist der älteste erhaltene Bildteppich dieser Größe. Seine stilistische und technische Qualität zeugen von dem Ehrgeiz des königlichen Geldgebers, Bruder König Karls V. Über die Darstellung der Apokalypse hinaus gibt das Werk wertvolle Aufschlüsse über die soziale und politische Situation Ende des 14. Jahrhunderts, als noch immer der Hundertjährige Krieg wütete.

Für welchen Zweck oder welchen Raum diese Tapisserien gedacht waren, ist nicht bekannt. Vielleicht wurden sie auch nur bei großen Gelegenheiten innerhalb des Schlossbezirkes unter freiem Himmel aufgehängt.

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Ganz allgemein hatten Wandteppiche im Mittelalter die Aufgabe, die Wohnungen oder die religiösen Gebäude vor Zugluft zu schützen und zu verschönern. Wie besondere Möbelstücke, so wurden Wandteppiche auch auf Reisen mitgenommen. Als Geschenk spielten sie sogar bei der Pflege diplomatischer Beziehungen eine Rolle.

Möglicherweise handelte es sich um eine prunkvolle Ausstattung für den „Ordre de la Croix“, den Kreuzorden, den Ludwig I. um das Jahr 1370 gegründet hatte. Die Tatsache, dass der Teppich eine Fahne mit dem Kreuz mit einem doppelten Balken enthält, Zeichen der Verehrung des Herzogs für die Reliquie des echten Kreuzes im Anjou, lässt dies vermuten. Aber sicher ist das nicht, wohl aber, dass man sich seinerzeit der Bedeutung dieser Teppiche bewusst war.

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Erst in der Barockzeit ging der Sinn für diese Kostbarkeit verloren. 1782 wurden sie zum Verkauf angeboten. Während der Französischen Revolution zerschnitt man sie und benutzte sie als Decken, Bettvorleger oder Abdeckplanen, um Orangenbäume im Winter vor der Kälte zu schützen.

1843 erwarb der Bischof von Angers einen großen Teil der Teppichfragmente von der Domänenversammlung zurück, andere fanden sich nach hartnäckigem Suchen. Trotzdem blieb etwa ein Drittel der Szenen für immer verloren. Die ursprünglich leuchtenden Farben sind noch auf der Rückseite zu sehen. Die Vorderseiten sind deutlich blasser geworden, daher auch die heutigen Maßnahmen gegen zu viel Licht.

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Das Gebäude, in dem sich der Teppichzyklus heute befindet, ist 1953–54 extra für diesen Zweck errichtet worden.

Fast vollständig erhalten blieb der erste Teppich, ebenso sind der vierte und fünfte in alter Größe vorhanden. Von den anderen blieben Einzelszenen und Fragmente übrig, die sich nicht mehr in allen Fällen einem bestimmten Teppich zuordnen lassen.
“ (Quelle: Wikipedia.de)

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Nach dem Besuch des Schlosses spazieren wir noch zur Kathedrale Saint Maurice d’Angers, ein bedeutender mittelalterlicher Kirchenbau, mit einem charakteristischen Netzrippengewölbe des frühen 13. Jahrhunderts, wie es für die sogenannte "angevinische Gotik" des "Style Plantagenêt" typisch ist.

Danach ist Zeit für einen Kaffee auf dem Place du Ralliement, bevor der Bus uns zum Best Western Hotel, dem Hotel d'Anjou bringt. Es ist ein elegantes Hotel aus der Gründerzeit mit Stuckdecken und viel Plüsch. Nach dem Abendessen, das wir im Hotel einnehmen, schlafen wir gut im bequemen Bett.

3. Tag: Montag, 17.10.16

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Während es beim Frühstück noch regnet, klart der Himmel auf, als wir um 9 Uhr in den Bus steigen und je mehr wir nach Westen fahren, um so blauer wird der Himmel und die Sonne scheint. Heute stehen Klöster auf dem Programm. Unterwegs erfahren wir, dass Kathedra = Sitz, ein Ort ist, wo der Bischof saß; daher kommt auch das Wort Kathedrale = Bischofssitz.

Der Begriff „Münster“ kommt von Monasterium und geht in der Regel auf ein Kloster zurück, während ein „Dom“ = Domus dei, das Haus Gottes ist. Kathedrale und Münster beschreiben demnach, von wem und zu welchem Zweck sie gegründet wurden.

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Unser erstes Ziel ist Les Herbiers im Département Vendée in der Region Pays de la Loire. Der Ort liegt noch etwa 75 Kilometer von der Atlantikküste entfernt.
Unweit von Les Herbiers, mitten in der Natur –selbst die Kühe bestaunen unseren Bus - steht die Abbaye de la Grainetière.

Sie wurde 1130 von Benediktiner-Mönche aus der Abtei Notre-Dame de Fontdouce in Saintonge gegründet. Im 13. Jh. war das Kloster mächtig genug, um eine Befestigungsanlage bauen zu lassen, die im Jahr 1372 die Belagerung durch die Engländer trotzen konnte. Die Abtei überstand demnach sowohl den 100-jährigen Krieg mit den Engländern, als auch die Angriffe der Protestanten während der Religionskriege.

In der Folgezeit wurde das Kloster jedoch verlassen und während der Französischen Revolution 1790 als nationales Eigentum erklärt. Danach wurden die Gebäude zu einem Bauernhof und die Kirche zu einem Steinbruch.
1963 kaufte eine Gesellschaft die übrig gebliebenen Gebäude und ließ sie renovieren. 1979 ließ sich eine Benediktiner Ordensgemeinschaft (Kongregation Unserer Lieben Frau der Hoffnung) nieder und erweckte das Kloster mit einer Priorei zum neuen Leben.

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Wir werden von Bruder Nicolas empfangen, der seit 4 Jahren im Kloster, zusammen mit 11, teilweise behinderten, Brüdern wohnt. Der Orden lebt abgeschieden nach den Regeln des Hl. Benedikt.

Während des Rundgangs erzählt Nicolas, dass die Ordensgemeinschaft bis 2030, dem 900sten Jubiläum seit Beginn des Baues im Jahre 1130, ein ehrgeiziges Projekt verfolgt. Bis 2020 soll der Flügel des Dormitoriums aufgebaut sein, bis 2030 die Abteikirche.

Hier kannst Du mehr darüber lesen

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Die Mittagspause machen wir in dem kleinen Ort Pouzauges. Steil schmiegt sich der Ort an den Hügel „Le Puy Crapaud“ in 285 m Höhe. Da wir kein Bistro in der Nähe finden, das geöffnet hat, kaufen wir in einer Boulangerie belegtes Baquette und setzen uns zum Verzehr auf eine Bank in die Sonne. Ein paar Schritte entfernt, steht die Kirche Saint - Jacques, die in einer Mischung aus romanischem und gotischem Stil im 11. Jh. erbaut wurde. Die aufwendigen Glasfenster erzählen von den Kriegen der Vendée.

Später, im Bus, erzählt Pfr. Ziorkewicz von der Französischen Revolution und den Auswirkungen in der Vendée und Bretagne. Die Bevölkerung, insbesondere der Klerus, weigerte sich, sich der Revolution anzuschließen. Der Aufstand dauerte von 1793 bis 1796. Über 200.000 Tote und die Vernichtung von Siedlungen, Vieh und landwirtschaftlichen Flächen waren die Folge. Der Bischof wird auf dem Scheiterhaufen verbrannt

Die Fenster, so Ziorkewicz, stammen aus dem Jahr 1944 und könnten einen Hinweis auf Verbindungen zwischen dem Vendée-Krieg und dem 2. Weltkrieg darstellen.

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Um 13.30 Uhr fahren wir weiter nach Vouvant, eines der schönsten Dörfer Frankreichs.

Mitten im Dorf steht die romanische Kirche Saint-Louis aus dem 11. Jh., ein Kleinod der poitevinischen Baukunst, mit einer durch Skulpturen reich geschmückten Nordfassade. Im 100jährigen Krieg und im Verlauf der Religionskriege wurde das Bauwerk schwer in Mitleidenschaft gezogen. Die drei Langhausjoche im Westen stehen auch heute noch als Ruine vor dem wiederhergestellten Teil der Kirche. Das Portal, das größtenteils noch im Original vorhanden ist, zeigt Fabelwesen, Tiere und Phantasiegestalten.

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Die Krypta ist der älteste Teil der Kirche und stammt aus dem 11. Jahrhundert. Über eine Treppe gelangen wir dorthin. Sie ist ausgestattet mit Kapitellen und dicken Kämpfern.

Von der Burg, die unweit der Kirche steht, ist nur noch der 30 m hohe Donjon aus dem 12. Jh. erhalten. Nach einer Legende handelt es sich bei der Burg um die Gründung der Fee Melusine. Einer ihrer Söhne, Gottfried Großzahn, soll in der Kirche von Vouvant bestattet worden sein.

Eine Weile genießen wir noch den Blick auf den kleinen Fluß Mère, der durch den Rückstau eines Dammes einen seenartigen Charakter hat.

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Um 16 Uhr fahren wir weiter über die D 116 durch den Wald von Mervent-Vouvant und über Fontenay-le-Comte zur Ruine der Abbaye de Maillezais.

Das Kloster liegt am nordöstlichen Rand des Marais Poitevin, das noch bis ins frühe Mittelalter vom Meer überspült wurde. An einigen Stellen ragten kleine Inseln aus Kalkstein aus dem Wasser, auf denen sich Klöster und Orte ansiedelten. Als das Meer seit dem 11. Jh. allmählich westwärts zurückwich, entstand ein großes Sumpfgebiet, das die Bewohner seit dem 13. Jh. trockenlegten. So entstanden Kanäle, in denen sich das Wasser sammelte und zu den kleinen Flüssen abfloß.

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Der dadurch gewonnene Boden wurde insbesondere von den großen Klöstern wirtschaftlich nutzbar gemacht und sicherte somit das Einkommen der Mönche. Im 16. Jh. holte Heinrich IV. Fachleute aus den Niederlanden, die das Marais weiter kultivierten. Erst seit dem vorigen Jahrhundert ist die Kanalisierung abgeschlossen. Es ist eine ganz eigentümliche Landschaft entstanden, die von den Einheimischen das „Venise verte“, das „Grüne Venedig“ genannt wird.

Unser Ziel ist die Ruine der Benediktinerabtei, die Abbaye de Maillezais. Sie wurde 989 von Willem II. von Aquitanien gegründet und mit Mönchen aus Tours besiedelt. Der erste Bau lag etwa 2 km entfernt.

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Ihren heutigen Platz erhielt die Abtei unter Wilhelm V., der ein großer Gönner des Klosters war. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er bis zu seinem Tod im Jahr 1030 in der Abtei. In der Folgezeit wurde Maillezais durch die Bewirtschaftung der trockengelegten Flächen im Marais und den Einkünften durch die Lage in der Nähe des Jakobswegs ein reiches Kloster und wurde 1317 von Papst Johanes XXII zum Bistum erhoben. Die Abteikirche wird Kathedrale.

Mit den Religionskriegen endet Wohlstand und Wachstum. 1587 wird die Abtei durch die Hugenotten niedergebrannt. 1589 werden die noch erhaltenen Gebäude zu einem befestigten Ort der Hugenotten umgewidmet. Nach der Vertreibung der Hugenotten und der Verlegung des Bischofssitz nach La Rochelle ist der Verfall der Abtei nicht mehr aufzuhalten.

In der Französischen Revolution wurden die noch stehenden Gebäudeteile als „Nationalgut“ zum Abbruch verkauft. Ein Steinbruch entstand und insbesondere bei der Abteikirche wurde wertvolle Bausubstanz zerstört. Erst 1872 übernahm der Staat die ehemalige Abtei und erklärte die Ruinen als „Monument historique“. Damit wurden Konservierungs- und Restaurierungsarbeiten möglich.

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Bei Grabungen wurden die Fundamente und das Pflaster des Kreuzgangs sowie der Brunnen und der Waschraum der Mönche, ein Vorratsraum aus dem 12. Jh. und die Grabstätten von Äbten oder Bischöfen freigelegt.

Selbst als Ruine wirkt die gotische Abteikirche St-Pierre imposant. Es stehen noch Teile der Nordwand des Langhauses, des Querschiffes und die Vorhalle, der sog. Narthex, durch die wir die Ruine betreten und nach oben steigen können.

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Nun ist es nicht mehr weit bis nach Rochefort.

Die Stadt liegt 20 km vom Atlantik entfernt. Durch den Fluss Charente ist sie mit dem Meer verbunden, was wir auf der Fahrt zum Hotel durch den Hafen und die dort liegenden Yachten und Schiffe sehen können.

Im 11. Jahrhundert war Rochefort – laut Wikipedia – eine Burg namens Roccafortis. Als im 17. Jahrhundert Frankreich unter Ludwig XIV. eine Flotte aufbaute, um als Seemacht unter den europäischen Mächten gelten zu können und seine Handelswege mit den Kolonien zu schützen, fiel die Wahl für einen Marinestützpunkt wegen der günstigen Lage auf Rochefort. Minister Jean-Baptiste Colbert ließ 1666 hier durch den Architekten François Blondel das größte Marinearsenal Frankreichs aufbauen.

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Im Verlauf von 250 Jahren wurden in Rochefort etwa 350 Schiffe gebaut, ausgerüstet, ausgebessert und gewartet.

Ab 1689 wurde die schachbrettartig angelegte Stadt mit einer Festungsmauer umgeben. Als Relikt aus damaliger Zeit ist heute noch die Königliche Seilerei („Corderie Royale“) als Teil des Arsenals zu besichtigen, in dem in der Vergangenheit Tauwerk für die Französische Marine hergestellt wurde.

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Die Bedeutung des Arsenals für die französische Marine sank ab 1900 zusehends, sodass es 1927 geschlossen wurde. Dafür entwickelte sich ab 1916 in Rochefort eine Basis der Marineflieger mit angeschlossener Flugschule und schließlich eine Luftwaffenbasis.

Von 1941 bis 1943 unterhielt die deutsche Kriegsmarine in Rochefort ein Marinelazarett. (Quelle: Wikipedia.de)

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Im Hôtel des Remparts beziehen wir kurz nach 18 Uhr unsere geräumigen Zimmer. Für vier Nächte logieren wir in einem Familienzimmer mit Doppelbett und zwei Einzelbetten. Endlich können wir unsere Koffer auspacken.

Um 19.30 Uhr treffen wir uns zum Abendessen, das aus einer Zwiebelsuppe, Schweinebraten bzw. Fisch, Lauchgemüse, Graupen und Eis besteht.


Zu den Bildern der ersten drei Tage von fidelis45/Dieter und Rose56/Rosemarie klicke hier


Und hier geht's weiter zum 2. Teil

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