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Steine der Erinnerung

Autor: Kate O‘Riordan

empfohlen von Melanie/Melanchthon


Die Regenfälle ihrer Kindheit, jeder einzelne mit seinem eigenen Charakter. Da gab es den feinen Sprühregen, den man nicht einmal wahrnahm, bis er einem plötzlich das Gesicht nass machte und bei der ersten Berührung das Haar kraus werden ließ. Der schräg einfallende, stechende Nachtregen, der herabkam, als würde er nie wieder aufhören, der durchs Pubfenster schimmerte wie eine Untiefe voll winziger, silbriger Fische. Der Sommerregen nach einem Gewitter, einzelne dicke Tropfen, die auf den Boden prasselten; anfangs konnte man zwischen ihnen tanzen, bis der Himmel ungeduldig knurrte und ganze Kübel davon ausrülpste. Regen der sich mit Eis zu einer Mansche vermischte, die auf den Schuhen, wenn sie erst wieder trocken waren, Ränder wie aus Raureif hinterließ. Der Winterregen, vom Wind gepeitscht, der einem aus jedem Winkel zusetzte, das Gesicht mit Nadelstichen überzog und gleichzeitig von hinten gegen den Mantel schlug, Kapuzen durchnässte, unter ohnmächtigen Regenschirmen hereinschoss, in Gummistiefel lief. Rauschender, prasselnder, rieselnder, strömender Regen. Wurde hart, sanft, leise oder erbarmungslos genannt und spiegelte dabei auch immer die Stimmung dessen wider, der sich an einem gegebenen Tag dazu äußerte. Wurde ein Fluch genannt. Wurde einfach Wetter genannt. Tat nur eins kaum jemals: nämlich aufzuhören.

Aber, wenn es aufhörte, riss der Himmel auf wie eine schrumpelige Apfelsine, und alles darunter sah glitzernd und wie frisch gewaschen aus. Sah neu aus. So grün, dass das Auge es kaum ertragen konnte, dass es einem fast auf der Zunge prickelte. Die Luft schmeckte nach Vanilleeis. Die fernen Hügel kamen wieder ins Blickfeld, das Meer erstreckte sich weiter als in der Erinnerung, die Bäume hoben sich jeder für sich von den Hecken ab, die Äste ausgestreckt, als nähmen sie ein Sonnenbad. Alles war die ganze Zeit hindurch da gewesen, auch während des Regens. Auch während des Exils.

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Habt Ihr schon jemals so eine Beschreibung von Regen gelesen?
Wie dieses Buch in meinen Fundus gelangte, ist mir nicht mehr geläufig, aber von dieser Autorin möchte ich gerne noch mehr lesen.
Ein Hoch auch auf die Sabine Hediger, die ein stimmiges deutsches Werk daraus machte.

Ein packender Irland-Roman, der viele wunderbare Stellen hatte, die ich hier gerne wiedergegeben hätte. Der Regen, für den Irland ja bekannt ist, hat mich fasziniert.


Inhalt vom Buchrücken:

Nach über dreißig Jahren kehrt Ness Hennessy in ihre irische Heimat zurück. Tochter Ali und Enkelin Grace brauchen Hilfe. Die kuriose Hinterlassenschaft ihrer Mutter, eine Sammlung datierter Steine, hilft Nell, die Verknotungen eines empfindlichen Familiengefüges zu lösen.
Kate O’Riordan verstrickt uns in den Kummer und die unentrinnbaren Zwänge der Generationen. Dabei durchleuchtet sie so zärlich wie scharfsichtig den dunkles Gefühlsgrund der Bande zwischen Müttern und Töchtern.

Dumont, 410 S.

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