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Der Grenzgeher

von Theo Auer

Dieser Roman bringt dem Leser, neben den Erlebnissen und Abenteuern des Ich-Erzählers, die gesellschaftliche Entwicklung im Baiern der Jahre 1795 bis 1806 nahe. Über die Lebensumstände der beginnenden Neuzeit und der Aufklärung in Baiern wird unterhaltsam berichtet. Die Veränderungen vom absolutistischen Kurfürstentum hin zum aufkommenden Selbstbewusstsein eines entstehenden Bürgertums im Königreich von Napoleons Gnaden sind plastisch und realistisch dargestellt. Der Ich-Erzähler schildert spannend und glaubhaft die Geschehnisse. Er reflektiert auch nachvollziehbar seine eigene Veränderung. Der historische Ablauf ist korrekt eingeordnet und auch von den Zusammenhängen her glaubwürdig. Sowohl in den großen Zusammenhängen, als auch im Detail ist dieser Roman eingängig und interessant gestalte. Es hätte also tatsächlich so gewesen sein können.
Thematisch zwischen Alexandre Dumas „Graf von Monte Christo“ und Ken Follets „Pfeiler der Macht“ angesiedelt, geht der Autor das Thema technisch völlig anders aber trotzdem fesselnd an. Rasante Szenenwechsel sind so nicht ohne weiteres möglich. Dennoch be- und entschleunigt der Autor die Szenerie nach Bedarf und hält die Neugierde des Lesers hoch. Veränderte Optik wird hier durch Zeitsprünge produziert, die aber im Ablauf logisch sind und keine Defizite auftun. Ein Grenzgeher in vielerlei Hinsicht ist Johannes Hainz, der als Schmuggler mit Pottasche, Salz, Höllenstein und Perlen über die Grenzen von Bayern und Böhmen schleicht. Der in Bayern, Frankreich und Österreich als Kaufmann und bayerischer Agent agiert und der nicht zuletzt die Grenzen seiner eigenen Herkunft überwindet. Bis 1799 regierte in Bayern der greise Kurfürst Karl Theodor, der Zeit seiner Regentschaft Bayern – das man damals noch mit „ai“ schrieb – gerne gegen ein anderes Herrschaftsgebiet eingetauscht hätte.
Vor dem Hintergrund der französischen Revolution herrschte in allen anderen Regierungen Europas große Nervosität. Baiern, ein machtloser Staatstorso, war zu einer Schaukelpolitik zwischen den Großmächten gezwungen. Napoleon errang in Italien erste große Erfolge und persönlichen Reichtum, während nördlich der Alpen das österreichische Heer die Revolutionsarmee wieder zurück drängte. Erst unter der Führung Napoleons übernahm Frankreich die Herrschaft über fast ganz Europa. In diesem geschichtlichen Rahmen erleben wir die Metamorphose eines einfachen, jungen Mannes aus dem Bayerwald, der zunächst mit Fleiß und Glück zu bescheidenem Wohlstand kommt und seine Familie rehabilitieren will. Dabei gerät er in die Schlachten des ersten Koalitionskriegs, befreundet sich mit General Michel Ney, dem späteren ‘Duke d´Elchingen‘, folgt jenem an die Cote Azur und kommt dort auf abenteuerliche Weise zu Reichtum. Zurück in Bayern greift er in das politische Leben ein. Er unterstützt das Haus Wittelsbach, lässt sich auf haarsträubende Unternehmen ein, und hat ein gerüttelt Maß Anteil daran, dass aus dem Kurfürsten Max Josef IV. im Jahre 1806 König Max I. Josef wird. Er ist der verlängerte Arm des Minister Montgelas und nebenher ein erfolgreicher Unternehmer im bayerischen Wald. Wir erleben ihn als Schmuggler, Aschenbrenner und als Fischer auf dem Mittelmeer. Er spekuliert an der Pariser Börse, führt eine große Glashütte, schließlich agiert er als politischer Agent und kurfürstlicher Kämmerer. Dabei hilft er mit, Baiern zu einem Königreich zu machen. Er erlebt die Säkularisation in Bayern, das gesellschaftliche Leben in Paris unter dem Kaiser Napoleon und begleitet die kurfürstlich/königliche Familie der Wittelsbacher in dramatischen Tagen. Immer aber bleibt er verbunden mit seiner Heimat, dem bayerischen Wald.

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