Gao Xingjian

In diesem Jahr habe ich mir von den mir noch unbekannten Literaturnobelpreisträgern einige Werke im Internet-Antiquariat besorgt. So traf ich auf Gao Xingjian, Preisträger 2000.

Er ist Jahrgang 1940, 15 Jahre jünger als ich, in
Ostchina geboren. Bis 1962 studierte er in Peking französische Literatur. Die Kulturrevolution schickte ihn zur "Umerziehung" aufs Land.
Vier Jahre nach Maos Tod erschienen 1980 seine ersten Schriften. Literarisch ein Durchbruch, politisch Verbot und Kampagnen, die wieder zum Rückzug aufs Land zwangen.
1987 verließ er China und lebt seither in Paris.
1992 wurde er Träger des Chevalier de lÓrdre des Arts et des Lettre, 1998 französischer Staatsbürger.
Seine großen Romane aus dieser Zeit "Der Berg der Seele" (1992) und "Das Buch eines einsamen Mannes"" (1999) habe ich inzwischen mit großer Anteilnahme gelesen.
Hier geht es aber um einen kleinen Erzählband "Auf dem Meer" (Deutsche Erstausgabe bei Fischer TB 2000,jetzt 4.Aufl. April 2007,ISBN 978-3-569-15183-7).

Die erste Geschichte "25 Jahre"(S.7-26) ist ein Kleinod der Weltliteratur:
Er, verheiratet, 2 größere Kinder, Mittelschul-Lehrer auf dem Lande. Im Einvernehmen mit seiner verständigen Frau verbindet er eine Dienstreise mit einem Besuch einer alten Freundin, seiner Jugendliebe, die er seit der gemeinsamen Universitätszeit 25 Jahre nicht mehr gesehen, aber auch nie vergessen hat. Er sucht sie in ihrem Büroalltag. Behutsame Gespräche der Annäherung und des Wiedererkennens. Sie begleitet ihn beim Abschied bis zum Haupteingang der Behörde. Ihre letzten Worte: "Lieber Li, beim nächsten Besuch mu8t du unbedingt zu mir nach Hause kommen".
Er heißt nicht Li, sondern Zhang. Seine Gedanken über dieses Wiedersehen, das nur 10 Minuten gedauert hat, lässt diese Geschichte enden.