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Ante Lipic - ein Gastarbeiterschicksal

von Josip Krivic

Buchtitel Ante Lipic - ein Gastarbeiterschicksal

Der Autor, Josip Krivic, ist 1957 aus Kroatien über Italien aus politischen Gründen nach Deutschland geflüchtet, hat also die von ihm beschriebenen Begebenheiten nicht selbst erlebt. Er hatte aber beruflich intensiven Kontakt zur Gruppe der kroatischen Gastarbeiter, half ihnen als Übersetzer und bei Behördengängen. So bekam er Einblick in die Gründe, die dazu führten, dass in den Sechzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts viele junge, kräftige Menschen ihre Heimat Kroatien verließen, um sich für den deutschen Arbeitsmarkt als „Gastarbeiter“ anwerben zu lassen. Viele sind gekommen, viele hatten privat und beruflich Erfolg und konnten von ihrem Verdienst ihre Angehörigen in der Heimat unterstützen. Andere aber gerieten in Konflikte mit Arbeitgebern, Kollegen oder deutschen Bekannten. Sie wurden oft von den eigenen Landsleuten betrogen, gerieten in private und
finanzielle Schwierigkeiten. Es blieb ihnen nur die Rückkehr in die Heimat, wo sie als Gescheiterte kein großes Ansehen genießen durften.

Von einem, der mutig den Entschluss fasste, seine geliebte Heimat Kroatien zu verlassen, um in der Fremde sein Glück zu suchen, handelt der Roman. Ante, so heißt der Protagonist, war auch zu Hause nicht erfolgreich, versuchte recht und schlecht seine Familie zu ernähren und sich politisch herauszuhalten aus den sozialistischen Klüngeln. Als die Anwerbe-Teams der deutschen Firmen ankommen, beschafft er sich eine Arbeitserlaubnis und stellt fest, dass er betrogen wurde, denn das Dokument ist nicht gültig. Er schafft es trotzdem, in die Bundesrepublik einzureisen, arbeitet auf dem Bau und lebt unter äußerst bescheidenen Lebensverhältnissen. Er kann durch seine eigene Bedürfnislosigkeit Geld nach Hause schicken, was wenigstens die Lage der Familie verbessert.

Leider gerät Ante, vielleicht auf Grund seiner eigenen Naivität, vielleicht wegen der mangelnden Sprachkenntnisse und durch falsche Freunde immer wieder in finanzielle und persönliche Schwierigkeiten.

Von diesen Schwierigkeiten handelt der Roman. Josip Krivic schreibt sehr anschaulich, wie sich die Dinge hier in Deutschland (1962-1964) für Ante und seine Landsleute entwickeln, aber auch, wie das Geld, das die Arbeiter in die Heimat schicken, auch dort die Verhältnisse ändert. Die Not schweißte die Menschen früher zusammen, der Wohlstand führte zu Neid und Missgunst.

Der Autor schildert spannend und kenntnisreich, warum und wie die Menschen aus Kroatien sich als Gastarbeiter anwerben ließen, wie es ihnen in der neuen Umgebung erging, wie sehr ihnen das Heimweh zusetzte. Die Schwierigkeiten auf Grund mangelnder Beherrschung der deutschen Sprache führten zu vielen Missverständnissen und waren oft die Ursache für Konflikte.

Ante Lipic aus Kroatien ist einer der vielen, die mit ihrer Arbeit das Wirtschaftswunder in Deutschland ermöglichten. Es ist schön, in diesem Roman eine späte Würdigung der Gastarbeiter der ersten Generation zu finden, und das auf spannend zu lesende und anschauliche Weise.

Wer sich für Zeitgeschichte und menschliche Schicksale interessiert, sollte dieses Buch lesen.

Autor: Feierabend-Mitglied

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