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Winterwanderung und Lukull


Liebe FA - Mitglieder,

Im nun fast vergangenen Jahr haben ja viele Aktivitäten stattgefunden, darunter auch Wanderungen und Spaziergänge. Aber auch im Winter werdet Ihr sicherlich bei trockenem Wetter durch die Felder und Wälder streifen. Und dazu möchte ich Euch nun auf einen Artikel über einen Winterpilz, das Judasohr (Auricularia auricula-judae), aufmerksam machen. Dieser Pilz ist absolut ungiftig.

„Während der pilzarmen Wintermonate bleibt dem Pilzfreund endlich einmal genügend Zeit, sich mit einer besonderen Art von Pilzgewächsen zu befassen, den Gallertpilzen. Gallertpilze, die in der Tat an unregelmäßig geformte Klumpen von Gelatine erinnern, wachsen bis auf eine oder zwei Ausnahmen ausschließlich auf abgestorbenem Holz.

Das Judasohr ist ein Pilz, von dem man noch vor einigen Jahrzehnten keinerlei Aufhebens gemacht hat. Sogar in den meisten Fachbüchern wird er als unbedeutende Erscheinung abgetan bzw. kaum berücksichtigt. Das war im Altertum und im Mittelalter ganz anders. Damals war dieser Pilz sehr populär und erfreute sich großer Wertschätzung, wenn auch vielleicht nicht unbedingt aus kulinarischen Gründen. Ihm wurde nämlich eine große Heilkraft nachgesagt. Getrockneter „Holunderschwamm" wurde zu medizinischen Zwecken gesammelt und als Mittel gegen Augenentzündungen und Hals - und Ohrenkrankheiten verkauft. In alten Kräuterbüchern wird beschrieben, wie dieser „Fungus sambuci" als warmer Breiumschlag Entzündungen der Augen und Ohren lindert oder dass man ihn in Milch kochen, in Bier oder Essig einweichen kann, um ihn so bei Halsentzündungen zum Gurgeln zur Anwendung zu bringen. „Ein Holunder - Schwamm aufs Aug gelegt, hat jeden Schmerz hinweggefegt", so heißt es in einer mittelalterlichen, medizinischen Redensart. In unserer heutigen modernen Zeit ist diese ihm nachgesagte entzündungshemmende Eigenschaft ein wenig in Vergessenheit geraten. Aber vielleicht werden bald neue Untersuchungen angeregt, um die Wirksamkeit des Pilzes nachzuweisen.

Und doch gewinnt das Judasohr in letzter Zeit wieder sehr an Ansehen und Bekanntheitsgrad, und man kann es vielerorts bereits getrocknet als fernöstliche Spezialität unter der Bezeichnung „chinesische Morchel", obwohl es mit einer Morchel absolut nichts zu tun hat, in Delikatessabteilungen vieler Supermärkte kaufen. Dies hängt damit zusammen, dass in den letzten Jahren die chinesischen Gerichte bei uns zunehmend beliebter wurden. Auch in japanischen Restaurants wird uns eine Spezialität, „Kikurage" (Baum-Meduse), serviert. Hierbei handelt es sich ebenfalls ganz einfach um das Judasohr. Jede Delikatesse hat natürlich ihren Preis und wer diesen unverhältnismäßig hohen Preis, der dem Wert des Pilzes in keinerlei Weise angemessen ist, nicht bezahlen will, sollte sich die chinesischen Morcheln lieber selbst von alten Holunderstämmen pflücken.

Das Judasohr hat mit der Form eines „normalen" Pilzes wenig gemein. Die jungen becher - oder schüsselförmigen Fruchtkörper sitzen wie kleine ovale, nach oben geöffnete Muscheln auf den Ästen. Später werden sie unregelmäßig lappig. Ist der Pilz dann ganz ausgewachsen, hat er
tatsächlich eine frappierende Ähnlichkeit mit einer menschlichen Ohrmuschel. Sogar einzelne adrige Leisten sind an der Innenseite zu erkennen. Der Pilz erreicht einen Durchmesser von 3 - 10 cm. Die obere, glatte und bei Feuchtigkeit glänzende Innenseite ist beige/graubraun bis fast schwarz mit violetten Beitönen. Die äußere Seite, die die Fruchtschicht trägt, ist leicht gräulich und samtig oder körnig rauh. Dem Pilz fehlt ein ausgeprägter Stiel. Der Fruchtkörper sitzt mit einem kurzen stiel -ähnlichen Gebilde oder ohne ein solches seitlich auf dem Ast oder Stubben auf.

Das Fleisch des Pilzes ist gallertartig weich und knorpelig biegsam. Bei Trockenheit schrumpfen die Fruchtkörper zu beinharten, brüchigen kleinen Klumpen ein. Sobald sie jedoch wieder mit Feuchtigkeit in Berührung kommen, quellen sie zu ihrer alten Größe auf. Auch der Frost kann ihnen, wie allen während des Winters wachsenden Pilzen, nichts anhaben. Selbst wenn sie viele Male gefroren und wieder aufgetaut, geschrumpft und wieder aufgequollen sind, verlieren sie nichts von ihrer Qualität.

Das Judasohr ist einer der wenigen Pilze, die während des ganzen Jahres zu finden sind. Aufgrund seiner unauffälligen Farbe und seines düsteren Standortes wird er oft nicht beachtet, vor allem bei Trockenheit, wenn er wirklich wenig Ähnlichkeit mit einem Pilz hat. Da seine Hauptwuchszeit zwischen September und März liegt, wird man im Sommer und Herbst, wenn es die vielen anderen qualitativ besseren Speise - Pilze gibt, auch nicht nach ihm suchen. Erst in der pilzarmen Winterzeit gilt ihm das Interesse der Pilzsammler. An alten, abgestorbenen und entrindeten Stämmen des Schwarzen Holunder (Sambucus nigra), der bei uns überall wächst, sprießt das Judasohr recht gesellig, in feuchten und milden Witterungsperioden auch schon einmal massenhaft.

Im Gegensatz zu den ostasiatischen Ländern wird das Judasohr bei uns nicht so sehr geschätzt. Es ist zwar essbar und auch recht nahrhaft, aber da es fast völlig geruch - und geschmacklos ist, kann man es nur als „Füllsel" in einem Gericht oder Salat benutzen. Wird das Pilzfleisch zu schnell gegart, dann wird es hart und zäh. Somit eignet sich das Judasohr nicht zum Braten oder Grillen. Am besten lässt man es in Milch oder Brühe ganz langsam garziehen und verwendet es dann kleingeschnitten für asiatische Reisgerichte. Getrocknet kann das Judasohr unbegrenzt aufbewahrt werden. Vor dem Verbrauch wird es dann nur für kurze Zeit in Wasser eingeweicht. Durch den Trocknungsprozess gewinnt der Pilz auch ein wenig an Aroma.

So lange die Preise für getrocknete Judasohren hoch sind, desto eher wird nach einer Anbaumöglichkeit dieser Pilze im Hausgarten gesucht werden. Ein Anbau müsste ohne weiteres auf Stammstücken von Holunderbäumen möglich sein. Soweit mir bekannt ist, gibt es noch keine Brut im Handel zu kaufen, so dass man hier einmal die natürliche Infektion durch wildwachsendes Myzel ausprobieren sollte. Auf diese Weise wurde das Judasohr, allerdings die fernöstliche, jedoch kaum von unserem Pilz zu unterscheidende Variante Auricularia polytricha, über viele Jahrhunderte hinweg in China vermehrt. Heute erfolgt dieser Anbau nach modernsten Gesichtspunkten sowohl in China als auch in Japan und ist ein bedeutender, lukrativer Wirtschaftszweig.“
Quelle: Apotheken - Magazin 2/89 (Elke Normann)

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