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Heimatgeschichte mit Werner Störk
Wenn man von Basel durch das Wiesental in Richtung Feldberg fährt, fällt einem unwillkürlich kurz hinter Zell links oben die Kapelle von Pfaffenberg auf ihrem exponierten Hügel ins Auge.
Dort oben standen wir am 12. Juni bei schönstem Sommerwetter in froher Erwartung, was uns Werner Störk wohl alles zu erzählen hätte. Aber was wir dann von diesem leidenschaftlichen Geschichtsforscher zu hören bekamen, ist kaum in Worte zu fassen, geschweige denn - meine Aufgabe - alles gar in einem Bericht darzustellen.
Maria Frieden, wie diese Kapelle heißt, ist erst 1946 eingeweiht worden, ist also noch sehr jung. Pfarrer Eugen Thoma (1906 – 1983) war der Initiator für den Bau, denn schon lange fand er, dass auf diesen Hügel eine Friedenskapelle passen würde. Für den Bau mussten die Schulkinder aus Zell und der Umgebung die Bausteine vom Tal hinauftragen, denn das Baumaterial war oben nicht vorhanden. Was für ein intensiver und lehrreicher Religionsunterricht muss dies gewesen sein, denn der Pfarrer war ja immer dabei! In unserer heutigen Zeit wäre eine solche Aktion wohl kaum vorstellbar; von allen Seiten reine Empörung!
Und dann kommt ein Werner Störk, der die Topografie der umgebenden Landschaft versteht und deuten kann und vor allem auch die Geschichte bis ins kleinste Detail kennt. Er kann beweisen, dass der Hügel nicht natürlichen Ursprungs ist, sondern dass diese Kapelle auf einer alten Befestigungsanlage steht, auf einer Fünfeck - Schanze.
Auch erklärte er uns, warum genau hier, zeigte uns die ehemaligen Schanzen am Hang gegenüber und unterhalb der Hohen Möhr; aber warum unterhalb der Höhen Möhr und nicht auf dem höchsten Punkt? Seine Beobachtungen erklären alles: denn bei bestimmter Wetterlage befindet sich der Gipfel im Nebel und die Wachposten mussten Sichtkontakt zueinander halten, da es zur damaligen Zeit weder Handys noch Funkverkehr gab.
Werner Störk zeigte uns den Verlauf der Religionsgrenze, die heute natürlich keine Bedeutung mehr hat, in früherer Zeit aber lebensgefährlich war. Das kaum beachtete Angerbachtal, das wir von dort oben einsehen konnten, war eine direkte Verbindung zum Kloster St. Blasien, das viele Ländereien besaß und sehr reich war, und zu dem wichtigsten regionalen Wallfahrtsort der Katholiken nach Todtmoos.
Werner Störk breitete uns sein Wissen mit all den geschichtlichen Zusammenhängen dann in der Kapelle aus, wo es angenehm kühl war, und spickte seine Erzählungen mit unterhaltsamen Einzelheiten so, dass man sich alles bildlich gut vorstellen konnte. Man muss ihn gehört haben, wie er aus dem Stegreif zu erzählen weiß und wieviel Herzblut dabei fließt. Es gibt viele geschichtliche Zufälle und manchmal Entscheidungen einzelner Personen mit oft gravierenden Auswirkungen, die dann die Bevölkerung ertragen muss.
Auch Teile der Geschichte der Schweiz und Frankreichs bezog er in seinen Vortrag ein und vor allem: wieviel Einfluss und Wichtigkeit die Stadt Basel für unsere Gegend hatte, die auch oft letzte Hoffnung und Zufluchtsort für viele Menschen war. Auch damals hieß es schon: Es reicht, keine Fremden mehr und sie wurden vor den Stadtmauern ausgesperrt!
Er betonte auch, dass wir im Süden von Deutschland incl.Teilen der Schweiz, dem Elsass und einem Stück Österreich eigentlich eine eigene nationale Identität hätten, basierend auf der gemeinsamen alemannischen Sprache.
Wer weiß schon, dass in unserer Gegend zeitweise schwedische Soldaten die evangelische Bevölkerung vor Übergriffen schützte und - etwas total anderes - dass der letzte Hexenprozess in Fahrnau (bei Schopfheim) um 1758 stattgefunden hat. Wir hörten auch, dass es im kleinen und großen Wiesental insgesamt 30 Burgen gab und 8 Pestwellen die Bevölkerung bis auf ein Drittel dezimierte. Selbst wie die Wälder durch die Glasbläserei verschwanden und wieviel Baumstämme man zum Bau eines einzigen Bauernhauses verbrauchte, erfuhren wir.
Er erzählte so umfassend, denn wir leben in einem geschichtlich hochinteressanten Gebiet, dass ich selbst bei meinen Notizen keinen Durchblick mehr habe und deshalb auch absichtlich keine Jahreszahlen einbringe, um nichts Falsches zu veröffentlichen.
Als wir dann nach mindestens 10 „letzten“ Sätzen (Originalton Werner Störk) den Hügel mit der Kapelle verließen, zeigte er uns noch einmal genau die künstlichen und natürlichen Formen der Umgebung; um diese zu erkennen und entsprechend zu beurteilen da muss ein Auge schon sehr geschult sein. Wir waren jedenfalls überzeugt! Wir haben sehr informative und lehrreiche 1,5 Stunden mit Werner Störk erleben dürfen und selbst wenn man nicht so geschichtskundig ist, bleibt bei solchen lebendigen Führungen immer einiges hängen.
Wir freuten uns dann so richtig auf unser Mittagessen im prämierten Gasthaus zum Schlüssel in Pfaffenberg. Gemütliches und fröhliches Zusammensein und dabei noch so kulinarisch verwöhnt zu werden – was kann man sich besseres wünschen?
Sollte einer Leserin oder einem Leser
dieses Berichtes noch etwas Wissenswertes
einfallen, würde es mich freuen,
wenn es als Kommentar zugefügt würde,
Käthe
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