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Über die völkischen Siedlungsprojekte

Von Feierabend-Mitglied Dienstag 16.05.2023, 15:07

wurde hier schon geschrieben. Das Thema wird auch tangiert beim Verschwörungstheoretiker-Kongress in Zürich, gegen den sich Widerstand regt.

"Am 27. und am 28. Mai veranstalten Verschwörungstheoretiker und Esoterikerinnen einen Kongress im Volkshaus in Zürich. Titel: «Vision des Guten und das Manifest der neuen Erde».

Wer mit dabei sein möchte, zahlt für das günstigste Ticket schlappe 189 Franken, für ein «Gönnerticket» 777 Franken. Dafür sitzt man dann in der ersten Reihe, bekommt ein kleines Geschenk und darf einen Apéro mit den Referenten und Referentinnen geniessen.

Als Referenten geladen sind Grössen der Szene wie Daniele Ganser oder Christa von Dreien. Ganser ist bekannt dafür, die russischen Kriegsverbrechen in der Ukraine anzuzweifeln. Von Dreien wird von ihren Anhängern als Medium verehrt und vertritt unter anderem die Theorie, dass intelligente Dinosaurier in unterirdischen Höhlensystemen leben.

Das Programm
Während zwei Tagen wollen sich die Teilnehmenden über das «Manifest der neuen Erde» unterhalten – eine «durch Dutzende Menschen erschaffene Vision einer nahen Zukunft» oder «eine erste Grundlage, um unsere Welt von morgen zu schaffen», wie es online heisst. Esoterische Lehren hätten den Rang von Dogmen.

In der Welt von morgen seien Parteien verboten und die Weisenräte besässen weitgehende Vollmachten – die Demokratie werde abgeschafft. Daniele Ganser und Christina von Dreien haben das Manifest beide unterschrieben. In der Welt von morgen würden sie zu den Weisenräten gehören, wie es auf der Homepage der Vision heisst.

Die Gegenreaktionen
Linke Kreise sind empört über den Kongress. Sogar eine Online-Petition namens Reclaim Volkshaus wurde aufgesetzt. Bisher haben über 3000 Menschen die Petition unterschrieben.

Sie fordern: «die sofortige Auflösung des Mietvertrags für den rechten Verschwörungskongress ‹Vision des Guten – Manifest der neuen Erde› am 27./28. Mai 2023» und: «eine grundsätzliche Revision der Vermietungskriterien».

Falls diese Forderungen nicht berücksichtigt würden, sähen sie sich «gezwungen, eine Gegenmobilisierung vorzubereiten».

Das Volkshaus und die Querdenkenden
Das Volkshaus ist bisher nicht auf die Forderungen der Aktivistinnen und Aktivisten eingegangen. In einer ersten Stellungnahme des Volkshaus-Stiftungsrates im April hiess es: «Wir teilen die Inhalte der Veranstaltung in keiner Weise und lehnen Verschwörungstheorien aller Art dezidiert ab.» Jedoch werde die Meinungsfreiheit in diesem Fall höher gewichtet und daher am Anlass festgehalten.

Es ist nicht das erste Mal, dass im Volkshaus in Zürich Veranstaltungen der Verschwörungsszene durchgeführt werden. Die Leitung wollte bisher jedoch nicht einschreiten.

Doch nun hat der Präsident des Volkshauses, Kaspar Bütikofer, im vorliegenden Fall beim Israelitischen Gemeindebund abgeklärt, ob es noch zulässig sei, Ganser auftreten zu lassen, schreibt der Tagesanzeiger. Der Israelitische Gemeindebund gab grünes Licht: Man habe bisher keine antisemitischen Vorfälle bei Ganser registriert. Eine Einschätzung, die nicht alle jüdischen Gemeinden teilten.

Ricardo Leppe wird ausgeladen
Während Ganser also auftreten darf, wurde Ricardo Leppe ausgeladen.

Das Volkshaus ist damit zumindest teilweise auf die Forderungen der Petition eingegangen. Bütikofer teilt der NZZ mit: «Wir haben mit dem Veranstalter vereinbart, Ricardo Leppe als Redner auszuladen.» Zu diesem Entscheid sei die Betriebskommission gekommen, nachdem ein Austausch mit Relinfo und Infosekta stattgefunden habe. Beides sind Fachstellen für religiöse und weltanschauliche Bewegungen.

Bei Leppe handelt es sich um einen selbsternannten Bildungsexperten und Zauberkünstler aus Österreich. Er unterstützt fragwürdige Schulprojekte.

Religionsexperte Georg Schmid, Leiter von Relinfo, befürwortet es, dass Leppe ausgeladen wurde: «Er passt nicht zum Leitbild des Volkshauses, da er die Anastasia-Buchreihe empfiehlt. Kritiker werfen der Anastasia-Bewegung vor, sie sei rassistisch, antisemitisch und propagiere problematische Heilmethoden.»

Laut Schmid wäre Leppe die problematischste Person am Anlass gewesen. Beim Rest handle es sich um Personen, die zum Teil immer wieder im Volkshaus aufträten, schreibt die NZZ.

Leppe und die Anastasia-Bewegung
Die Anastasia-Bewegung hat ihren Ursprung in Russland und verfolgt völkische Siedlungsprojekte. Unter anderem in Österreich wird sie vom Verfassungsschutz beobachtet. In den deutschen Bundesländern warnt man vor der Bewegung.

Dazu kommt, dass Leppe auch Anhänger der «Neuen Germanischen Medizin» sei, wie Schmid sagt. Diese Lehre lehnt die Schulmedizin ab, da sie eine Erfindung der Juden sei. In der Vergangenheit hat diese Einstellung bereits zu Todesfällen geführt.

Eine Sprecherin von Leppe teilte auf Anfrage der NZZ mit, dass die Vorwürfe gegen Leppe immer dieselben seien. Um sie zu entkräften, verweist sie auf ein Video, welches Leppe vor einem Jahr aufgezeichnet hatte. Darin thematisiert er den Antisemitismus der Anastasia-Bewegung aber nicht explizit, sondern sagt nur, er finde nicht alles in der Bewegung gut.

Stiftung «Seelenzucker»
Der Erlös des Events soll an die Stiftung Seelenzucker des Berner Handauflegers Patric Pedrazzoli gespendet werden. Auf eine Anfrage der WOZ reagiert er nicht.

Die Stiftung gibt jedoch vor, eine Reihe von NGOs und Kinderhilfsprojekten zu unterstützen. So zum Beispiel das NGO Wasser für Wasser (WfW). Als die WOZ die Stiftung kontaktierte, veranlasste diese die sofortige Löschung des Eintrages auf der Seite von Seelenzucker. Man sei entsetzt, dort als Partnerin aufgeführt worden zu sein, teilte WfW der WOZ mit. Der vor ein paar Jahren gespendete Betrag über 2000 Franken werde der Fachstelle Infosekta überwiesen.


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Ich staune, dass es offensichtlich nicht wenige Menschen gibt, die bereit sind sich die diversen kruden Theorien nicht nur anzuhören sondern dafür auch noch Geld zu bezahlen. Ich frage mich, wie verbreitet sind inzwischen die Anhänger solcher Theorien. Bei dem sektenähnlichen Charakter wird wohl kaum jemand von diesen Menschen noch sachlichen Argumenten zugänglich sein.

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