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Mihalic warnt davor, den Täter als psychisch krank

Von ehemaliges Mitglied Freitag 21.02.2020, 04:00

zu verharmlosen.

taz: Frau Mihalic, nach dem mutmaßlich rassistischen Anschlag in Hanau ermittelt der Generalbundesanwalt wegen Terrorverdachts. Wie bewerten Sie das Ausmaß der Ereignisse?

Irene Mihalic: Es ist natürlich schrecklich, was in Hanau passiert ist. Daher ist es folgerichtig, dass der Generalbundesanwalt jetzt die Ermittlungen übernimmt. Wir müssen davon ausgehen, dass das Ganze einen rechtsterroristischen Hintergrund hat. Deshalb ist es wichtig, dass die Hintergründe dieser Tat haargenau aufgeklärt werden. Wir müssen wissen: Was hatte der Täter konkret für Motive? Welches Umfeld hatte er? Es darf jetzt nicht passieren, dass die Tat mal wieder vorschnell als die Tat eines Einzeltäters abgetan wird.

Derzeit deutet vieles auf einen rechtsextremen Hintergrund hin. Reiht sich der Anschlag in die verschiedenen Fälle rechtsextremen Terrors der letzten Monate ein?

Wir erleben in letzter Zeit eine Welle rechtsterroristischer Taten. Wir hatten die Festnahmen einer rechtsterroristischen Zelle letzte Woche, den Mord an Walter Lübcke, den Anschlag in Halle – und nun diese schreckliche Tat in Hanau. Überall gab es einen politisch motivierten beziehungsweise einen rassistischen oder antisemitischen Hintergrund.

Wird in Deutschland genug gegen rechtsextremen Terror unternommen?

Wir sind auf diese Ereignisse nicht gut vorbereitet. Rechtsterrorismus wurde in Deutschland von den Sicherheitsbehörden viel zu lange ausgeblendet, es wurde nicht genug hingeschaut. Selbst der NSU-Terror hat nicht dazu geführt, dass es signifikante Änderungen in der Arbeitsweise gegeben hat. Wir beklagen schon seit geraumer Zeit eine wirkliche Analyseschwäche, was das Thema Rechtsextremismus angeht. Viele Dinge werden einfach isoliert betrachtet, ohne einen größeren Zusammenhang zu sehen. Aber solche Taten passieren nicht ohne Kontext. Deshalb ist es wichtig, Zusammenhänge zu erkennen, Strukturen herauszuarbeiten und sich genau anzuschauen, wer da mit wem etwas zu tun hat.

Was muss sich im Umgang mit Rechtsterrorismus konkret ändern, damit Anschläge wie dieser in Zukunft möglichst verhindert werden können?

Wichtig ist natürlich, dass allseits genau hingeschaut wird. Vor allem auch auf Seiten des Verfassungsschutzes ist das nicht geschehen. Unter dem aktuellen Verfassungsschutzpräsidenten Thomas Haldenwang ändert sich das gerade: Es werden andere Arbeitsweisen an den Tag gelegt und es gibt ein größeres Problembewusstsein. Es muss natürlich auch eine Menge aufgearbeitet werden, was in den letzten Jahren nicht stattgefunden hat.

Wir müssen zudem mehr Wissenschaftlichkeit in die Arbeit der Verfassungsschutzbehörden hineinbringen. Was die Bekämpfung des islamistischen Terrorismus angeht, sind die Behörden gut aufgestellt. Aber dass wir zum Beispiel nur 60 Gefährder im rechtsextremistischen Spektrum haben, das glaubt ja kein Mensch. In dem Zusammenhang ist es wichtig zu sagen, dass die Opferperspektive nicht vergessen gerät.

Wenn wir über die Motive und Hintergründe solcher Taten sprechen, dann landen wir fast immer beim Thema Rassismus. Deswegen müssen wir darüber nachdenken, wie wir die Opfer rassistischer Gewalt besser präventiv schützen können. Es ist wichtig, zivilgesellschaftliche Initiativen nachhaltig zu unterstützen, damit sich Menschen nicht auf so eine Art und Weise radikalisieren, dass sie rassistische Straftaten begehen, und damit potenzielle Opfer solcher Straftaten besser geschützt werden können.

Gut durchlesen, das schafft Klarheit.

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