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E Ibrennede

küche

Nur als eingefleischter Alemanne, weiss man,
dass eine Ibrennede eine Mehlsuppe ist.


Igitt, wird mancher sagen, oder sogar Pfui Teufel, wie kann man so etwas überhaupt in den Mund nehmen. Gut, ich muss nun das Rad der Zeit zurückdrehen, bis in die 40er Jahre des letzten Jahrhunderts.
Damals sagte niemand Igitt oder Pfui Teufel, sondern man schlapperte dieses undefinierbare Trauma aus Mehl und Wasser klaglos in sich hinein und zwar schon oft morgens, anstatt Butterbrot mit Nutella oder leckere Croissants. Ich weiss sogar noch, dass man dazu Kartoffelschalen verschlang, die man vorher „knusprig“ auf der Herdplatte, des mit Holz und Kohle befeuerten Küchenherdes briet (damit waren die ersten Kartoffelchips erfunden). Und es gab keinen KABA, sondern einen Edelkaffee aus Zichorie, der mit geröstetem Eichelmehl versetzt, zu einem unvergesslichen Geschmackserlebnis auflief.

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Die meist etwas angefaulten, oft wässerigen Kartoffeln selbst gab es dann zum Mittagessen, als 2te Variante und natürlich: „Mit ohne Fleisch“.
Ich hatte dies alles längst vergessen, auch dass ich bei meiner Musterung zu Bundeswehr als Unterernährter „Tauglichkeitsgrad 2" erhielt und ich wenige Jahre später einen Wohlstandsbauch mit mir herumschleppte, mit dem ich heute noch, trotz meiner eingeschränkten Wehrfähigkeit, schwere Kämpfe austrage.
Kurz und gut, an diese Mehlsuppe meiner Kindheit habe ich nie mehr gedacht, bis, ja bis ich bei einem Einkauf in einem Schweizer Supermarkt mit dem berühmten Namen „Migros“, in einem der vielen Regale, auf eine Fertigsuppe von Knorr, mit der Tütenaufschrift:
„Basler Mehlsuppe", stiess.

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Sofort kamen suppige Erinnerungen aus meiner Kindheit in mir emporgekrochen.
Ich sah plötzlich meine Mutter wie sie morgens in der Küche verzweifelt versuchte uns Kinder mit irgendetwas abzufüttern. Ich spürte wieder die armselige Wassersuppe aus angebranntem Mehl auf der Zunge und roch gleichzeitig den Duft herdplattengeschmorter Kartoffelschalen- Chips.

Meine Frau verstand den bei mir einsetzenden Freudentaumel überhaupt nicht und konnte mich nur mit aller Mühe davon abhalten, den gesamten Bestand von 30-40 Tüten sofort in den Einkaufswagen zu packen. Ich beschränkte mich dann auf 2 Versucherle, zumal der Inhalt bedenklich viele „E’s“ enthielt und auch ein kräftiger Anteil „Geschmacksverstärker“ eingebaut war; und was mich am meisten faszinierte: Rotwein- Extrakt enthielt!

Hoppla, diese Schweizer, die ersparen uns bereits das Viertele schlotze. Zu jedem Essen kann man jetzt einfach einen Löffel Weinextrakt, je nach Geschmack Riesling oder Spätburgunder, einnehmen. Einfach toll.

Beim Lesen dieser Packungsbeilage, ergänzte ich den Text mit:
„Oder fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.“

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Zu Hause angekommen, konnte ich es dann doch kaum erwarten, das bräunliche Pulver sofort nach Vorschrift in einem Liter heissem Wasser aufzulösen- inklusive dem Rotweinextrakt natürlich-.
Es schmeckte auf jeden Fall besser als das Zeug aus meiner Kindheit, denn bei Knorr war Palmöl verarbeitet, während in der Mehlsuppe meiner Mutter mangels Masse, ausser dem Mehl nur Wasser und Salz, der Zunge etwas anderes als reines Wasser vorspielen musste.
Aber eins war sicher: In Mamas Suppe gab es keinen Geschmacksverstärker!
Natürlich habe ich mir als Hobbykoch vorgenommen selbst eine richtige Mehlsuppe zu kreieren, aber meine Frau, eine Nichtalemannin zeigte an solchen Rezeptideen keinerlei Interesse und schüttelte sich bedeutungsvoll, als ich ihr die „Basler Chemie“ zum Probieren gab und stiess dabei Töne aus, die stark nach „Brrrrrrrrr“ klangen.
Daran scheiterte ich übrigens auch bei ihr bereits vor Zeiten, als ich sie für eine andere alemannische Leibspeise begeistern wollte: Suure Kuttle!
Nie, sagte sie, niemals werde ich dieses glibberige, wabbelige, scheusslich aussehende Etwas probieren, geschweige denn essen, und schon gar nicht kochen.
Da is(s)t und kocht ein richtiger Alemanne ganz alleine!

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Nun, die Basler Mehlsuppen Kreation konnte mich nicht zufrieden stellen und so begab ich mich auf Rezeptjagd.

Zwei Rezepte schienen mir des Nachkochens wert:

1) Badische Version


Zutaten: Eine kleine Zwiebel in Würfele. 90gr. Butterschmalz(Ich nehme Olivenöl). 60gr. Mehl 405.1/8 Liter Rotwein. 1 Liter Rinderbrühe (Gemüsebrühe tut es auch). Evtl. P + S zum Nachwürzen.
Zum verfeinern: Saure oder süsse Sahne. Gegebenenfalls geröstete Brotwürfel und oder geriebener Käse.
Des Ganze anrühren: Schmalz und Mehl in einem Topf unter ständigem Rühren hell anschwitzen. Zwiebeln dazugeben und mitrösten, bis das Mehl dunkelbraun wird. Mit dem Rotwein ablöschen (dabei Duft einatmen). Glattrühren und die Brühe dazugeben. Die Brennede aufkochen lassen.
Man kann nun nach Geschmack die Sahne zugeben. In heissen Tellern servieren und jeder Esser bedient sich selbst mit Brotwürfele und dem Reibekäse (z. B. Bergkäse, kein Parmesan!)

2) Schwyzer Version aus Graubünden


Zutaten: 5 Esslöffel Mehl. 3 Esslöffel Butterschmalz (oder Olivenöl). Eine Zwiebel in feine Ringe geschnitten. Ein Liter Brühe Rind oder Gemüse. 100gr. Sultaninen. 1oogr. Alpkäse wie Bergkäse oder Greyerzer. Kein Emmentaler! Evtl. P + S zum Nachwürzen.
Des Ganze anühren: Mehl in einer hohen Bratpfanne oder entsprechendem Topf haselnussbraun rösten. Schmalz beigeben, mit dem Mehl zerlaufen lassen. Zwiebelringe hinzufügen und mit andünsten. Mit der Brühe ablöschen. Sultaninen beigeben und alles eine ½ Std. köcheln lassen, dabei gelegentlich umrühren.
Suppe in vorgewärmten Teller servieren und mit dem Käse bestreuen.
Das Verwenden der Sultaninen ist eine sehr interessante Version.
Das Rezept stammt von der Schweizerin Kathrin Ruegg, die jede Woche bei uns im Dritten Hausfrauenrezepte vorgestellt hat.
In Abänderung habe ich das geröstete Mehl mit einem 1/8 Riesling abgelöscht (Duft einziehen nicht vergessen) und dann entsprechend etwas weniger Brühe angefüllt.
Än Guete

Ich weiss, dass ihr diese Rezepte niemals nachkochen werdet, was ich auch verstehe.
Und wer ä mol Kuttle koche möchte, kann sich vertrauensvoll an den Unterzeichner wenden.

Die Fotos habe ich (Käthe) aus meinem Archiv dazu eingestellt!

Autor: Fiddigeigei

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