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10. Basler Träff 2015

Staunen – nicht ängstigen

Unter dieses Motto könnte man unseren Besuch der „Sammlung Friedhof Hörnli“ stellen, dem Museum für Bestattungskultur auf dem baselstädtischen Friedhof in Riehen, am 17.10.2015

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Ihm sei die Bezeichnung „Gottesacker“ lieber, versichert uns Peter Galler, Initiator und Kurator des Museums und nimmt uns gleich ein wenig die Scheu bei unserem kurzen Gang durch die monumentale Gartenanlage. „Ich habe gerade einmal nachgesehen, ob die Marder wieder da sind. Sie sind hier zu Hause. Sehen Sie hier die Erdlöcher neben den Grabsteinen? Ich freue mich am Marder“.

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Und fröhlich und unbeschwert öffnet er uns die Tür zum ehemaligen Krematorium des Hörnli, in dem die Sammlung untergebracht ist, die auf sein privates Engagement hin entstanden ist. Das Innere des zwischen 1928 und 1932 erbauten und 1985 geschlossenen Krematoriums ist originalgetreu erhalten. Die Lücke in den, mit Travertin verkleideten Wänden, zeigt, hier wurden die Särge in den Ofen gestoßen. Am Boden sind noch die Stellen markiert, an denen die Särge zu stehen hatten.

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Als wir uns umblicken, kommen wir aus dem Staunen nicht heraus. Was hat Peter Galler alles zusammengetragen! Zu allen Objekten kann er uns interessantes erzählen, beginnend mit der Geschichte der verschiedenen Basler Gottesäcker.

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Doch zunächst hören wir erst einmal, wie es zum Grabmachermeister und der Beschäftigung mit Sepulkralkultur kam. „Mein Gewerbelehrer prophezeite mir schon in der Schule, ich würde einmal im Hörnli arbeiten. Ich aber träumte davon, Flugzeugmechaniker zu werden. Doch nach meiner Militärzeit bekam ich dann tatsächlich eine Anstellung im Hörnli.“ Als eine seiner ersten Arbeiten sollte er 1961 alte Urnen zertrümmern, die im Friedhofskeller gelagert waren. Sie stammten grösstenteils aus den drei zwischen 1879 und 1880 erbauten Basler Friedhöfen Kannenfeld, Horburg und Wolf, die mit der Hörnli-Eröffnung weitgehend geschlossen worden waren.

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Wenigstens die schönsten Stücke aufbewahren zu dürfen, an denen Handwerkskunst und Kulturgeschichte abzulesen sind, lag ihm am Herzen. Damit fing es an und im Laufe der Jahrzehnte entstand eine einzigartige Sammlung.

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Alte eiserne Grabkreuze In Vitrinen und an Wänden, mit Rosen geschmückt, zeugen von höchster Schmiedekunst

Rössliwagen – pferdegezogene Leichenwagen erinnern an den verschwundenen Brauch des Trauerzuges.

Auch Trauerschmuck: Knöpfe, Broschen, Ketten ...der in einer Vitrine zu sehen ist, wird heute nicht mehr getragen

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...Trauerschmuck

In der Urnensammlung, ist manche Kuriosität zu sehen. Neben den historischen, kunstvoll verzierten, hat Peter Galler auch ausländische aufbewahrt, aus Ungarn oder Argentinien, den USA... Es gibt Urnen aus den verschiedensten Materialien: Holz, Ton, Blech, Filz „Tupper-Ware“... Das Grundmaterial für eine ganz ökologische ist Kaffeesatz. Es gibt Urnen, die aussehen wie eine Kaffeedose und für echte Basler Fasnächtler Urnen in Form einer Trommel. Die Urnen aus Ägypten tragen ein Relief mit Hanfblättern, was Peter Galler dazu bringt, auf eine kleine Fotogalerie hinzuweisen und uns zu erzählen, dass unter den 40 000, die er in seiner aktiven Zeit als Grabmacher zu Grabe getragen hat, auch immer wieder Rauschgifttote gewesen sind.

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Eine besondere Rarität, die Urne mit den Überresten von der Probeverbrennung eines anonymen Toten aus dem Anatomischen Institut der Universität Basel. Das war 1889, die allererste Kremation im Hörnli.

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Seit 1932 gibt es die normierten Hörnli-Urnen. Ihre Betrachtung gibt mir zu denken. Sie vermitteln mir die alte Botschaft des „Basler Totentanzes“. Im Angesicht des Todes sind alle gleich, ob alt ob jung, ob arm ob reich, ob Bauer oder Edelmann ...

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Trauerweiden, die sich im Winde wiegen, ein Anker oder ein Schiff, das die letzte Reise angetreten hat. All diese Symbole wurden in der Biedermeierzeit aus den Haaren verstorbener Frauen geflochten. Diese Haarbilder sind weitere, ganz besondere, Ausstellungsstücke in der Sammlung. Zur Erinnerung bekamen Knaben Uhrketten aus den Haaren der Mutter, Mädchen ein Armband oder einen Ring. Aus den Jahren 1750 bis 1905 stammen die Haarbilder, dann brach diese Tradition schlagartig ab.

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Fast unvergänglicher Grabschmuck waren wohl auch die großen Kränze aus Draht, Glasperlen und Porzellanblumen, die es ebenfalls zu sehen gibt. Allerdings, so erzählt Peter Galler: „wenn die Kränze aus weniger edlen Materialien bestanden und durchrosteten, dann klaubten Kinder die Glasperlen schon einmal auf und machten sich Ketten oder Armbänder daraus“.

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...Ausschnitt

Auch zu den verschiedenen Särgen kann der Museumsgründer vielerlei erzählen. Die Geschichte vom „Jackson“, dem 20 000 Dollar teuren Sarg aus blauem Stahl, einem US-Fabrikat. Er konnte sich auf dem Schweizer Markt nicht durchsetzen, weil sich darin viel zu lange die Feuchtigkeit hält.

Oder die Geschichte vom Meisterstück des ersten Basler Bestattungsunternehmers, der 1907 ein Unternehmen gründen wollte, wie wir es heute kennen. Das Prüfungsstück, das er den Zunftmeistern vorlegen musste, ist im Museum zu bestaunen.

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Die Funktion des wieder verwendbaren Pestsargs führt Peter Galler uns vor. Die Bodenklappen werden durch einen Mechanismus geöffnet, sodass der Leichnam direkt ins Grab fällt.

Der Transportsarg aus Weidengeflecht hat so kurze Haltegriffe, dass er auch auf Wendeltreppen seine Dienste tun kann.

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Große Verwunderung vor einer weiteren Vitrine. Was sind das für Metallteile? Medizinische Implantate sind’s. Künstliche Hüft- und Kniegelenke, lange Knochenschrauben, klobige Herzschrittmacher, vor Jahren noch so groß wie eine Zigarettenschachtel. Sogar eine Zahnspange liegt in der Vitrine.

Diese Dinge bleiben übrig bei einer Kremierung. Und darüber hinaus? Was bleibt? Ein kleiner Rest mineralischer, nicht brennbarer Teile aus den Knochen. Peter Galler erklärt es uns unsentimental.

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Zwei Stunden sind wie im Fluge vergangen, für die Erläuterung der Werkzeuge und Maschinen, die im Laufe der Jahre auf dem Friedhof genutzt und eingesetzt wurden, den ersten Ofen, den das Krematorium angeschafft hat, bleibt kaum noch Zeit.

Peter Galler möchte uns doch noch mit einem Glas Wein und Saft bewirten und uns einen kurzen Film über die Baugeschichte des Hörnli vorführen.

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Den Kopf voll mit vielen, vielen hochinteressanten Informationen verabschieden wir uns dankend vom „Sammler des Todes“ (Zitat Migros-Magazin, 46,2006) Mit welcher Liebe, welcher Hingabe und Humor hat er uns durch sein Lebenswerk geführt. Gewiss könnte er noch viel mehr erzählen. Mich regt dieser Besuch an, mehr über das Thema „Bestattungskultur“ erfahren zu wollen.

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Natürlich muss ein Ausklang folgen, bei dem wir die Eindrücke im Gespräch noch einmal Revue passieren lassen können. Aber wo? Alle Cafés, Gaststätten, Beizen in der Umgebung haben geschlossen. Freundlicherweise hat die Chefin des Chinarestaurants „Palast“ in Grenzach sich bereit erklärt, ihre Mittagspause zu opfern und ihr Lokal für uns zu öffnen. Auf diesem Wege herzlichen Dank für den Service.

Die Fotos sind von Kermet- Roland und Markus

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Autor: sternwald

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