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Besichtigung des Hüttenwerkes Krupp Mannesmann in Duisburg

13 Mitglieder unserer Regionalgruppe und 6 mitgebrachte Gäste trafen sich am 30.April 2010 um 15 Uhr am Eingang vom Hüttenwerk Krupp Mannesmann (nachher HKM genannt). Ein Gästeführer begrüßte uns sehr freundlich und gab uns in einem Begrüßungsraum einen kleinen Vorgeschmack auf das was uns gleich erwartete. Er schilderte uns einen Querschnitt über die Produktion, die Marktanteile, erzählte Allgemeines über die Firma und ließ im Anschluss einen Dokumentarfilm laufen. Dann erhielten wir Sicherheitskleidung und einen Helm. Zur besseren Verständigung wurden jedem Besucher Kopfhörer incl. Empfangsgerät ausgehändigt, die mit dem Mikrofon des Gästeführers verbunden waren. Danach wartete ein großer Bus auf uns, der eine Rundfahrt durch das Betriebsgelände startete. Fotografieren war leider verboten, schade der Bericht wäre ansonsten viel interessanter geworden.

Das Werk befindet sich in Duisburg-Huckingen und hat am Rhein einen eigenen Hafen. Die heutigen Gesellschafter haben unterschiedliche Anteile, es sind:
1. Thyssen Krupp Steel AG zu 50%
2. Salzgitter Mannesmann GmbH zu 30%
gemeinsam mit der Vallourec & Mannesmann Tubes zu 20% , letztere Gesellschaft der Salzgitter AG.

Hier einige Daten zur Information der Firmengeschichte des Hüttenwerkes in Huckingen:

1909 Inbetriebnahme der Siemens-Martin-Stahlwerke durch die Fa. Schulz-Knaudt
1914 Übernahme durch die Mannesmannröhren-Werke AG
1929 Inbetriebnahme Sinteranlage, Hochöfen 1 und 2, Thomasstahlwerk
1951 Eingliederung in die Mannesmann AG
1958 Inbetriebnahme der Kokerei
1966/78 Inbetriebnahme LD-Stahlwerk S1 und Brammenstranggießanlagen
1970 Arbeitsteilung zwischen Thyssen und Mannesmann
Aufgabe Flachproduktion, Konzentration auf Röhren
1972 Bau der neuen Sinteranlage
1973 Inbetriebnahme Hochofen A
1981 Inbetriebnahme Hochofen B
1982 Inbetriebnahme Rundstranggießanlage 1
1984 Inbetriebnahme der neuen Kokerei und Rundstranggießanlage 2
1990 Gründung der Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM)
2000 Inbetriebnahme Brammenstranggießanlage 3
2001 Inbetriebnahme Brammenstranggießanlage 1
Um eine etwas genauere Vorstellung von den einzelnen Dimensionen zu erhalten, werde ich in diesem Bericht auch Zahlen nennen. Das Betriebsgelände umfasst eine Fläche von 2,4 km², hat ein Straßen- und Schienennetz von 136 km und insgesamt eine 146 km lange Gas- und Wasserleitung die ein jährliches Durchflussvolumen von über 2,9 Millionen m³ aufweist.
Der Werkschutz achtet sehr penibel darauf, dass die auf den Verkehrsschildern angegebenen Geschwindigkeiten, teilweise nur bis zu 10 km/Std., genauestens eingehalten werden. Ist das nicht der Fall, erfolgen Verwarnungen bis hin zum Fahrverbot.
Über die 126 km langen Hochspannungsleitungen mit ihren 64 Schaltanlagen von HKM läuft der Strom mit Spannungen von 5.000 - 110.000 Volt.
Das Schienennetz für die Werksbahn beläuft sich auf 78 km Länge. 3000 Beschäftigte sind hier rund um die Uhr tätig und produzieren jährlich mehr als 5,6 Millionen Tonnen Stahl. Arbeitsschutz wird hier sehr groß geschrieben, überall findet man Hinweise und Anordnungen. Im Treppenaufgang zum Stahlwerk kann man die aktuelle Situation der Arbeitsunfälle, auch die der letzten 12 Monate, auf elektronischen Tafeln nachlesen.
Das Werk hat sich auf die Herstellung von Brammen für Flachprodukte und für Rundstahl spezialisiert. Den Kundenwünschen wird hier entsprochen, so entstehen hier z.B. Brammen über zwei Meter Breite und maximal 12 Meter Länge. Der Röhrenrundstahl kann von einem Durchmesser von 180 bis 404 mm und bis zu 14m Länge hergestellt werden. Je nachdem für was der Stahl beim Kunden am Ende verarbeitet werden soll, gibt es 1.000 unterschiedliche Stahlgüten im Angebot. Jede einzelne Produktion unterliegt strengsten Qualitätsvorgaben, eine laufend Kontrolle ist durch die Probeentnahmen gewährleitet. Am Ende werden die Brammen vor dem Verladen mit Nummern gekennzeichnet, dass man zu jeder Zeit nachalten kann aus welcher Produktion diese gekommen sind.

Unsere Rundreise begann mit der Fahrt zum werkseigenen Hafen. Der Hafen hat eine Fläche von 45.000m² und die Länge der Kaimauer beträgt 900 m.

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Hafen

Hier liefern die Schiffe Kohle an, die auf Eisenbahnwagen umgeladen und anschließend zur Kokerei transportiert wird. Es wird aber auch Schweröl angeliefert, dieses wird aus den Tankschiffen gepumpt und in Tanklager „gebunkert“. Um eine Vorstellung über die gewaltige Mengen zu erhalten, jede Woche werden hier 4 Tankschiffe abgepumpt und ca. 5.000 t Kohle werden angeliefert. Zusätzlich werden aber noch aus anderen Schiffen Eisenträger in Form von Feinerz, Stückerz oder Pellets (kleine Stücke) entladen. Tag für Tag werden hier 22.000 t Erz umgeschlagen. Die flachen Schiffe werden „Leichter“ genannt und sie haben ein Fassungsvermögen bis 2.700 t. Eine Entladung nimmt ca. 4 Std in Anspruch. Drei große Hafenkrane haben hier ständig Arbeit. 11Millionen Tonnen Material können hier je Jahr umgeschlagen werden, 9 Millionen Tonnen davon werden angeliefert.

Weiter ging die Reise zum Hochofen. Die Luft roch hier sehr nach Schwefel, es war für uns gewöhnungsbedürftig. Hier haben wir nur von außen schauen können, der Rest wurde uns in Form von Theorie über die Kopfhörer mitgeteilt. Draußen standen mehrere Torpedowagen in die das flüssige, rot glühende Roheisen gefüllt und dann in das Stahlwerk zur Weiterverarbeitung transportiert wurde.
Durch die Produktion anfallende Gase werden durch vier große Rohre am Ofenkopf abtransportiert. Jede Stunde fallen so ca. 350.000- 450.000m³ Gas an. Das Gas wird zur Weiterverarbeitung abtransportiert.
Im Hochofen sammeln sich im unteren Bereich des Ofens das Roheisen und die Schlacke, diese werden täglich in 8-10 Abstichen abgestochen. Man bohrt mit einer Stichloch- Bohr- und Stopfmaschine sogenannte Stichlöcher in den unteren Teil des Ofens. Je Abstich laufen ca. 700 t Roheisen und ca. 200 t Schlacke über feuerfest ausgemauerte Rinnen ab.

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Abstich am Hochofen

Das Roheisen fließt in Transportpfannen oder Torpedowagen und die mitlaufende Schlacke wird in Schlackenpfannen oder gleich in die am Ofen befindliche Granulieranlage abgeleitet. In dieser Anlage wird die Schlacke mit Wasser abgekühlt und am Ende entsteht ein feinkörniger Hüttensand, der später in der Zementherstellung Verwendung findet. Würde man auf dem abgekühlten „Hüttensand“ barfuß laufen, bekäme man überall feine Schnittwunden weil es ein glasartiges, sandähnelndes Produkt ist. Auf dem Freigelände befinden sich mehrfache große Anhäufungen für die Zwischenlagerung.
Die Torpedowagen und auch die Transportpfannen werden noch während des Abstiches ins Stahlwerk gefahren, in dem die Weiterverarbeitung zum Stahl erfolgt.

Wir stiegen in den Bus und fuhren durch das Gelände, und hielten kurz vor der Kokerei an.

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Kokerei bei HKM

Die Kohle wird nach der Anlieferung durch die Bahn oder mit dem Schiff in Tiefbunkern gelagert und von dort aus unmittelbar dem Prozess zugeführt. In der Kohlenmischanlage werden in zwölf Bunkern mit einem Gesamtinhalt von 2.400 t die unterschiedlichen Kohlesorten getrennt gelagert. Die Kokerei ist ein langes „Gebäude“ in dem 70 große Ofenkammern nebeneinander angeordnet sind. Durch Wärmezufuhr und Luftabschluss wird die Kohle in den einzelnen Kohlekammern durch die beheizten Wände auf 1.000°C erhitzt. Die Kohle verbleibt dort 22 Stunden und nach Beendigung der Verkokung werden die Ofentüren an der Vorder- und Rückseite des Ofens geöffnet. Ein großer Stempel drückt die glühende Masse in Löschwagen. Allerdings erzeugt jede Kammer 41 t Koks. Das bei der Verbrennung entstandene Gas wird nun abgesaugt, gereinigt und Teer usw., gewonnen. Diese Nebenprodukte werden gelagert und später verkauft. Das Koksofengas wird nach dem Verdichten als Ersatz für Erdgas auf der Hütte eingeleitet oder auch dem Kraftwerk zugeführt.
HKM hat für den Koks ein eigenes Nasslöschverfahren entwickelt. Wenn die Löschmaschine mit dem glühenden Koks unter den Löschturm kommt, fallen in einer Minute ungefähr 70m³ Wasser darauf. Der entstehende Wasserdampf wird durch einen 40m hohen Schornstein abgeleitet.

Neben diesem selbsterzeugten Koks wird auf dem Weltmarkt zusätzlich Koks eingekauft. Später werden die Sorten gemischt und nach Größe abgesiebt. Die grobe Kohle geht in den Hochofen und die feinere Kohle findet in der Sintermaschine Verwendung.

Der nächste Gang war zum Stahlwerk, von außen ein relativ schlichtes Gebäude, von innen aber total kompakt konstruiert. Es ist so ausgelegt, das man jährlich bis zu 6 Millionen Tonnen hochwertigen Stahl aus Roheisen herstellen kann. Insgesamt gingen wir 3 Etagen hoch, eine Hitzewelle kam uns entgegen. Die Luft war hier ziemlich staubig, die einzelnen Arbeitsgänge waren arg laut und zwischendurch gab es immer wieder Signale in bestimmten Tonarten. Auf den Treppengeländern und überall auf den Tribünengängen lag ein schwarzer aber dennoch glänzender Staub und nun wussten wir auch warum eine vorher angelegte Schutzkleidung incl. Helm erforderlich waren. Wir unternahmen hier einen Rundgang, zum größten Teil betrachteten wir die Arbeitsabläufe hinter Schutzfenster.
Ebenfalls hinter Glasscheiben sah man in die Steuerzentralen. Alles wird hier über Computer gesteuert und gelenkt, egal ob es um eine genaue Legierungsmittelzugabe oder die geforderten Stahlanalysen handelt. Große Kräne „laufen“ unter der Decke. Die Arbeit der Kranführer ist schwierig und erfordert hohe Konzentration. Die Zeiten des Konverter-transports mit dem Kran müssen sehr genau mit dem Computerprogramm des Schmelzens abgestimmt werden, damit kein wesentlicher Temperaturverlust entsteht.
Das Roheisen aus den Torpedowagen wurde inzwischen in große Kübel gefüllt. Die Kübel wurden so geleitet, dass der Inhalt in die bereitstehenden Konvertergefäße umgefüllt wurde. In einen Konverter werden als Mittelmaß ca. 228 t Roheisen gefüllt. Zuerst wurde der Schwefelgehalt reduziert, hierzu setzt man Magnesium, Calziumkarbid und Kalk ein. Durch einen nachfolgenden mechanischen Abschlackungsvorgang wurde anschließend die entstandene Schwefelschlacke entfernt. Damit die aus Stahl hergestellten Konverter der Hitze standhalten, sind sie generell im Inneren mit einem feuerfesten Material dick beschichtet. Gleich zu Beginn wurden ebenfalls 70 t Schrott zugeführt. Die Schrottart und auch die Menge, eigentlich die ganze Zusammensetzung der Schmelze wird im Vorfeld genau errechnet, damit so eine ganz bestimmt Konstellation des Stahles hergestellt werden kann. HKM benötigt für diesen Arbeitsvorgang im Jahr die für uns fast unvorstellbare Menge von 1.000.000 t Schrott.
Nun konnten wir erkennen wie eine große Lanze in den Konverter einfuhr. Über mehrere Düsen wurde jetzt in Überschallgeschwindigkeit Sauerstoff eingeblasen, dadurch verbrennen im Roheisen bestimmte Begleitelemente, wie z.B. Silizium, Mangan usw.
Der Konverter drehte sich dann in die Abstichposition, ein Stopfen löste sich und die glühende Menge Rohstahl floss in bereitgestellte Gießpfannen. Die Schlacke wurde am Ende durch das entgegengesetzte Drehen des Konverters in einen ebenfalls bereitstehenden Schlackekübel gekippt und wird später noch einer Verwertung zugeführt.

Wir waren noch ganz beeindruckt von der Größe der Anlage und nach kurzem Weg standen wir oberhalb der Gießhalle über der Adjustage. HKM hat maßgebend an dem Verfahren Stahl in einem Strang zu gießen mitgearbeitet. Das Gießen selbst konnte man leider nicht einsehen, aber der Rest war auch noch interessant. Im letzten Bereich des Stahlwerkes werden die Brammen und Rundstäbe in Produktionshitze als Heißtransport auf offenen Waggons zur Walzstraße gefahren.

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Heiße Rundstäbe

Der Kunde kann die Länge bestimmen, sie werden dann vor dem Aufladen entsprechend zugeschnitten. Die Brammen und Rundstäbe laufen teilweise noch rot glühend unter der „Fußgängerbrücke“ her, ein komisches Gefühl ergreift einem dabei.


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Brammen im Stahlwerk

Die fertigen Produkte für den Kunden kann man auf den beiden nachfolgenden Bildern sehen.

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Geschnittene Rundstäbe

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Kalte Brammen vor dem Verladung


Zum Schluss sei noch gesagt, dass HKM etwa 2 Millionen Tonnen Nebenprodukte herstellt. Ungefähr 80% davon findet im Straßen- und Wasserbau und in der Zementindustrie Verwendung.
HKM als produzierendes Unternehmen arbeitet ständig an Weiterentwicklungen oder auch Erneuerungen. Die Mitarbeiter der Instandhaltung sind z.B. in acht Gruppen eingeordnet, diese lösen ihre gestellten Aufgaben schnellstens und immer wirtschaftlich. Jede Gruppe hat ihre eigenen Schwerpunkte, aber sie unterstützen sich auch gegenseitig.

Wir alle waren von der Besichtigung beeindruckt und die Zahlen sind vor lauter Ansehen und Beobachten der Arbeitsabläufe wohl nicht immer per Kopfhörer bei uns angekommen. Deshalb habe ich hier in diesem Artikel die Zahlen aufgenommen um die Größe eines solchen Unternehmens darzustellen. Jeder Besucher, der diesen Artikel bis zum Ende nachgelesen hat wird die Theorie als Abrundung der Begehung betrachten.
Ende der Besichtigung war um 18:30 Uhr!

Ich danke an dieser Stelle KlausDu für die Material-Zusendung, ansonsten hätten wir keine Möglichkeit gehabt uns noch Tage nach dem Rundgang nachhaltig mit dem Erlebten auseinanderzusetzen. Ebenso möchte ich mich nochmalig bei KlausDu bedanken, dass er uns dieses tolle Erlebnis ermöglicht hat und dass auch noch ohne einen Unkostenbeitrag.

Ich habe während der Ausarbeitung dieses Berichtes viel Text verarbeiten müssen, dadurch habe ich um ein Vielfaches mehr an theoretisches Wissen erfahren können und muss sagen, ich sehe seither HKM mit anderen Augen. Nun möchte ich davon ausgehen, dass meine Mühe nicht ganz umsonst war und Ihr etwas mit diesem Bericht anfangen könnt.

Pecky, 13.05.2010

Quellen:
HKM Stahl. Das sind wir 04/2009
Unternehmensdarstellung 6/2008
HKM Arbeitsblätter: Rohstofflogistik, Kokerei, Hochofen, Stahlwerk-Primärmetallurgie, Stahlwerk-Sekundärmetallurgie, Stahlwerk-Gießanlagen
Bilder: Hat uns freundlicherweise KlausDu besorgt. Die beigefügten Bilder waren für Flyer und Broschüren, sie sind also für Veröffentlichungen freigegeben.

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