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Die berühmte Mauer in den Köpfen

Mitglieder berichten über den Mauerbau

In den 80er Jahren erlebte ich immer wieder, wie westdeutsche Schüler und Studenten ganz unbewusst arrogant einen neuartigen Alleinvertretungsanspruch praktizierten. Wenn ich als Reiseleiter mit studentischen Gruppen in die DDR fuhr, fragten sie in der DDR-Autobahn-Raststätte „Können wir auch mit deutschem Geld zahlen?“ Schließlich kommt unser Bus in Dresden an. Wir werden neugierig gefragt: "Wo kommt ihr her?" Stroh-dumme Antwort eines Tübinger Studenten "Aus Deutschland!" Dabei hatte ich bei den Vorbereitungswochenenden so eindeutig darauf hingewiesen, dass das Kürzel DDR "DEUTSCHE demokratische Republik" heißt, entsprechend auch zumindest das "D" bei den Kürzeln "FDGB","FDJ","SED" usw. usw. durchaus ernstgenommen werden muss. Alle waren bei Hof auf das große Autobahnschild hingewiesen worden "Bitte nicht vergessen: Sie fahren weiter durch Deutschland " (beide Seiten beschriftet). Und trotzdem konnte selbst noch 1992 ein notenmäßig sehr guter schwäbischer Zehntklässler sich in Dresden wie im Ausland fühlen. Er hatte mehrere DM-Stücke auf Nimmerwiedersehen in den Telefonautomaten geworfen, kam aber nicht durch und fluchte dann "Dabei bin ich nicht mal nach Deutschland durchgekommen." In einer anderen Klasse hatte ich eindringlich erläutert, dass sich die Bewohner der DDR als Deutsche fühlen (wenn auch nicht - unbedingt - der BR Dtl. zugeneigt) und Beispiele gebracht. Unter anderem erzählte ich den Schülern von einem Hallenhandball-Finale "DDR-Mannschaft gegen die bundesdeutsche Mannschaft".Sagenhaft, wie damals die Zuschauer Humor bewiesen und immer wieder schrien "Deutschland vor, noch ein Tor", ganz egal, ob jetzt die DDR-Mannschaft oder die bundesdeutsche Mannschaft stürmte. In derselben Unterrichtsstunde erzählt eine Schülerin, dass in Berlin ein Kind in die Spree gefallen ist und sich niemand traute, dass Kind zu retten. Die Mitschüler wollten es genauer wissen: "Auf welcher Seite ist das Kind reingefallen?" Antwort:"Auf der deutschen Seite". Alle meine Unterrichtsbemühungen waren für die Katz. Für diese schwäbische Schülerin fing beim Brandenburger Tor offensichtlich "Vordersibiristan" an. Noch schlimmer erlebte ich es im März 1989 in einer Klasse 13. Es wurde besprochen, welche Modelle es gebe, langfristig die Teilung Deutschlands und Europas zu überwinden. (z.B. Österreich-Modell für die DDR, usw. usf.. Als fünftes Modell schrieb ich an die Tafel "Ein vereintes Gesamt-Deutschland im Rahmen Westeuropas". Aufregung in der Klasse. Bei den Schülern, welche massiv den Mund aufmachten, war dies ein Tabubruch, welcher den Weltfrieden gefährde. Im Jahr 1987 wurde mir als Reiseleiter leider viermal hintereinander seitens der DDR das Visum verweigert. Daraufhin verlegte ich meine Reisen nach Polen. Wenn ich dort in kirchlichen Kreisen davon erzählte, was nach meiner Erfahrung westdeutsche Schüler und Studenten von einer Wiedervereinigung halten, wurde mir immer wieder zunächst nicht geglaubt. Wenn sie es am Ende doch glaubten, erntete ich nur Kopfschütteln – sinngemäß mit dem Kommentar, dass hier die westdeutschen Pädagogen versagt hätten und von den Polen lernen könnten (Auferstehung Polens nach den Teilungen).
Noch eine kleine Anekdote aus dem Januar 1991: Ich war zu Besuch in Sachsen und bedauerte, dass Abend um Abend immer nur westdeutsche Biere aufgetischt wurden. Beruhigende Antwort eines volljährigen Sachsen: „ Doch, doch, wir haben auch deutsches Bier. „ Aha, das gab es also auch umgekehrt bei anderen, dass man im Unterbewusstsein zum Beispiel nur das eigene Bier als deutsches Bier empfand, und Stuttgarter Hofbräu, Bitburger, Jever usw. als ausländische Biere (m.E. leider) zu sehr favorisierte.

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