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Hören lernen mit Hörgeräten: Ein Prozess der Geduld und der Übung

Das Tragen von Hörgeräten ist oft ein lebensveränderndes Erlebnis für Menschen, die mit Hörverlust leben. Doch während diese Geräte das Potenzial haben, die Hörqualität zu verbessern, ist der Prozess der Anpassung an sie oft nicht leicht und erfordert Geduld und Übung. Das Wiederentdecken von Klängen, die man vielleicht seit Jahren nicht mehr gehört hat, kann anfangs überwältigend sein. Das Zwitschern der Vögel, das Rascheln von Blättern oder sogar das Brummen eines Kühlschranks können überraschend und ungewohnt sein. Zudem können Hörgeräteträger in lauten Umgebungen Schwierigkeiten haben, bestimmte Gespräche von Hintergrundgeräuschen zu unterscheiden. Was also tun?

Frau mit Hörgerät

Warum kann man nicht sofort wieder gut hören?

Das menschliche Ohr ist ein komplexes Organ, und der Hörprozess geht über das reine "Hören" hinaus. Es umfasst auch das Verstehen und Interpretieren von Klängen. Bei längerem Hörverlust haben sich das Gehirn und das Ohr an eine eingeschränkte Hörkapazität angepasst. Wenn nun Hörgeräte genutzt werden, präsentieren sie dem Gehirn plötzlich eine Fülle von neuen und lauteren Klängen, die es nicht mehr gewohnt ist zu verarbeiten. Das macht sich bemerkbar. Deshalb muss man sich erst wieder an das Hören gewöhnen und es trainieren. Wichtig ist es dabei, offen für Veränderung zu bleiben und bereit zu sein, sich an die neuen Klänge und Erfahrungen anzupassen.

Frustration und enttäuschte Erwartungen

Kritisch schauender Mann, der ein Hörgerät hält

Hörverlust und die Anpassung an Hörgeräte sind nicht nur physische Herausforderungen, sondern bringen auch eine tiefgreifende emotionale Dimension mit sich. Viele Menschen, die Hörgeräte zum ersten Mal tragen, tun dies mit der Hoffnung und Erwartung, dass sie sofort wieder so hören können wie zuvor. Aber wenn die Realität nicht sofort den Erwartungen entspricht, kann das zu erheblichen Gefühlen der Frustration und Enttäuschung führen.
Frustration kann aus dem ständigen Bemühen entstehen, Gesprächen in lauten Umgebungen zu folgen oder dem wiederholten Bitten um Klarstellung, wenn man etwas nicht versteht. Das ständige „Was?“ oder „Kannst Du das bitte wiederholen?“ kann sowohl für den Hörgeräteträger als auch für die Personen in seiner Umgebung belastend sein. Hinzu kommt, dass Hintergrundgeräusche, die für andere als normal oder sogar unauffällig gelten, für den neuen Hörgeräteträger überwältigend und ermüdend sein können. Es ist wichtig zu erkennen, dass diese Gefühle völlig normal sind.


Welche Übungen kann man selbst machen?

Die gute Nachricht: Auch wenn es sich anders anfühlen kann, bedeutet es nicht, dass die Hörgeräte nicht richtig arbeiten. Es ist es möglich, das Gehör und das Gehirn im Alltag zu trainieren.

Alltägliche Geräusche identifizieren

Übung: Setze Dich in einen Raum und schließe die Augen. Versuche, alle Geräusche, die Du hörst, zu identifizieren – von der tickenden Uhr bis zum Fernseher im Nebenzimmer. Notiere die Geräusche und überprüfe später, ob Du sie richtig identifiziert hast.
Ziel: Diese Übung hilft, das Bewusstsein für Umgebungsgeräusche zu schärfen und die Fähigkeit zu verbessern, einzelne Klänge in einer Umgebung zu unterscheiden.

Gespräche in geräuschvollen Umgebungen

Übung: Gehe in ein belebtes Café oder Restaurant. Versuche, Dich auf ein Gespräch zu konzentrieren, während Du die Hintergrundgeräusche ausblendest.
Ziel: Diese Übung hilft dem Gehirn, sich auf wichtige Klänge zu konzentrieren und unwichtige Hintergrundgeräusche zu filtern, aber trainiert auch den Umgang mit Störgeräuschen.

Hörbücher mit Textbegleitung

Übung: Höre ein Hörbuch, während Du dem gedruckten Text folgst. Wenn Du ein Wort oder einen Satz nicht verstehst, wiederhole diesen Abschnitt.
Ziel: Dies trainiert das Gehirn, gesprochene Worte korrekt zu interpretieren und verbessert das Sprachverständnis.

Musik-Identifikation

Übung: Höre ein Musikstück und versuche, die verschiedenen Instrumente zu identifizieren. Höre das Stück mehrmals und konzentrieren Dich jedes Mal auf ein bestimmtes Instrument.
Ziel: Diese Übung hilft, das differenzierte Hören zu fördern und verschiedene Klänge in einer komplexen Klanglandschaft zu erkennen.

Wann muss man zum Hörakustiker?

Grundsätzlich wird der Prozess der Anpassung vom Hörakustiker begleitet. Es erfordert ohnehin mehrere Gänge zum Spezialisten, um das Hörgerät bestmöglich einstellen zu können. Wichtig ist dabei eine offene Kommunikation. Nur wenn Du Deine Erfahrungen und Schwierigkeiten teilst, kann Dir optimal geholfen werden. Möglicherweise sind Anpassungen an den Geräten oder zusätzliche Übungen erforderlich, die über Wochen bis hin zu Monaten dauern kann.

Fazit

Der Weg zur vollen Anpassung an Hörgeräte ist oft ein langer Prozess und jeder hat sein eigenes Tempo. Regelmäßiges Üben kann dazu beitragen, dass sich das Gehirn schneller an die Klänge gewöhnt und die Verwendung von Hörgeräten effektiver macht. Es kann hilfreich sein, sich mit anderen Hörgeräteträgern auszutauschen, professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen oder sich durch Online-Plattformen und Support-Gruppen Unterstützung zu suchen. Das Wichtigste ist, sich daran zu erinnern, dass man nicht allein ist und dass Geduld und Zeit oft die besten Verbündeten sind. Mit der richtigen Unterstützung und der richtigen Einstellung kann die Anpassung an Hörgeräte letztlich zu einer wesentlich verbesserten Lebensqualität führen.

Hast Du auch Erfahrungen mit Hörübungen gemacht? Welche haben Dir geholfen?

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