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Aber es gab ja noch einen Opa

Von Feierabend-Mitglied Montag 11.02.2019, 16:34 – geändert Montag 11.02.2019, 16:41

Meinen Opa väterlichseits lernte ich erst mit 4 Jahren kennen und das auch nur für einen einzigen Abend. Ich werde ihn nie vergessen. Wir wohnten bei meiner Tante, die selbst 2 Kinder hatte und meine Eltern mit 4 Kindern, alle zwischen 7und 1 Jahr. Wir lagen schon in den Betten, immer 2 in einem, mehr Platz war nicht. Da kam Besuch. Nach einiger Zeit kam ein alter Mann ins Zimmer, knochendürr, weiße Haare und sein Lächeln sehe ich noch immer vor mir.
Er schaute jedem von uns ins Gesicht, setzte sich auf den Bettrand und sagte, er sei unser Opa und er freut sich so, dass er uns nun kennenlernt. Dann erzählte er uns ein Märchen, das erste Mal, dass jemand so etwas tat. Ich erinnere mich kein bisschen an den Inhalt, aber seine strahlenden, lieben Augen und seine Stimme werde ich nie vergessen.
Dann sagte er jedem gute Nacht, strich uns über die Haare und sprach jedes Kind mit seinem Vornamen an. Über den Betten war eine Lampe, gelb, gewölbt und nach oben offen. Er stieg auf einen Stuhl und legte in die Lampenschale ein Geldstück mit den Worten: Wer zuerst einschläft darf sich das Geld rausnehmen. Dann ging er in die Küche.
Wir waren so aufgeregt, wollten ganz schnell einschlafen, um das Geldlstück zu holen, aber es ging nicht. Wir hörten aus der Küche einen furchtbar lauten Streit und irgendwann knallte eine Tür.
Am nächsten Morgen war das Geld aus der Lampe weg und der Opa und die Oma auch. Jeder hat jeden verdächtigt, als Erster eingeschlafen zu sein, damit haben wir uns tagelang beschäftigt und nie eine Lösung gefunden.
Der Opa und auch die Oma waren weg, wir wussten nicht warum und wohin. Ich bekam von niemandem eine Antwort und war sehr traurig. Man sagte, sie sind in eine andere Stadt gezogen und wenige Jahre später gestorben.
Viel später, ich war schon erwachsen, erfuhr ich von meiner Mutter, dass meine Großeltern in der bekennenden Kirche waren und Juden versteckt haben. Mein Vater hat sie an die Gestapo verraten und sie kamen bis zum Kriegsende ins KZ. Meine Oma ist dort durch Medikamentenversuche erblindet.

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