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Wir schmücken den Weihnachtsbaum

Von tastifix Samstag 08.12.2018, 12:20 – geändert Montag 17.12.2018, 20:21

Die Dekos hatten wir bereits gekauft. Es fehlte nur noch der Baum. Wir erstanden eine wunderschön dicht gewachsene Blautanne, so etwa 2,80 Meter hoch. Daheim stutzte der Papa sie hoch oben auf der Leiter balancierend auf Deckenhöhe zurecht und sprudelte derweil Kommandos an sein Fußvolk. Das jedoch war noch im Krabbel- und Trotzalter und schied somit als möglicher Ansprechpartner aus. Also musste ich dran glauben:
„Halt den Baum mal nen Moment!“
Angestrengt umklammerte ich den Stamm.
´Hilfe, wie lange braucht er denn, bis der Stern richtig sitzt?`
Dummerweise mochte der oberste Zweig die hölzerne gezackte Schiene nicht und krümmte sich beleidigt nach unten.
„Au, verdammt!“
Entsetzt besah sich der Papa die Miniwunde am linken Zeigefinger. Besorgt beobachtete ich ihn:
´Wenn er jetzt nur nicht nicht von der Leiter fällt ...`
Nach einem fast 2m-Sturz wäre es nicht beim nun etwas ungesunden Teint geblieben. Nein, der Papa hielt sich tapfer und augenscheinlich am inzwischen fest gezurrten Stern fest.
„Kann ich den Baum jetzt los lassen?“
Ich durfte. Aufatmend stieg er von der Leiter und begutachtete sein Werk.
„Sieht gut aus!“
Die Kinderschar strahlte zur Baumspitze.
„Ein Tearn ...“
„Der is aber schöhöön!“
„Papa, wie haste den festgemacht?“

Mit wichtiger Miene wollte er es ausführlich erklären, aber schon verdrückten sich die lieben Kleinen in die angrenzende Diele und zankten sich dort nach Herzenslust.
„Kannst aufhören. Die sind weg!“, grinste ich.
Der Papa ignorierte es lieber.

An eine Verschnaufpause jedoch war nicht zu denken. Ein vierfaches Kreischen verdrängte aufkommende sentimentale Gedanken. Ich hastete in die Diele, entfernte die Hand des einen Kindes aus dem Haar des anderen und entwendete dem älteren vornahm.
„Die hat abaa den Teddy gehauen!“
Im Stillen gab ich ihr Recht:
´Das gehört sich wirklich nicht!`
Und schimpfte:
„Man haut keine Stofftiere. Aber erst recht nicht die Schwester!“
„Mamaa!“, kam von hinten. „Die Doofe hat mir das schöne Kleid dreckig gemacht!“
Ein verheultes Etwas streckte mir den Ärmel entgegen. Ich sah aber nichts.
´Gebe ich jetzt zu, dass dort nichts ist, brüllt sie noch mehr!`
„Komm, es geht mit einem feuchten Tuch wieder ab!“
Unter den argwöhnischen Blicken meiner Tochter rieb ich auf dem Ärmel herum.
„Guck`, nichts mehr da!“
Pardon, es fiel unter ´Notlüge`. Dankbar wischte sich mein Kind die Schniefnase an dem scheinbar gereinigten Ärmel ab. Jetzt saß dort wirklich ein Flecken.
Zurück ins Wohnzimmer:
„Kannste mir mal die Kugeln angeben?“
„Welche Kugeln?“
„Hääh??“
„Auf dem Tisch liegen keine. Sind die vielleicht noch im Keller?“
„Ich spinn doch nicht. Klar habe ich sie mit hoch genommen!!“
Es klang leicht gereizt.
„Aber, wieso sind se denn dann nicht hier?“
„Frag mich etwas Leichteres!“
Urplötzlich fiel mir ein, wo sie wahrscheinlich abgeblieben waren: Die Kinder!
´Bin mal gespannt, wie viele die Entführung überstanden haben!`
Mit Lupenblick kontrollierte ich den Teppichboden, ob dort verdächtig rote Scherben weihnachtlich vor sich hin glänzten. Nein, nichts. In der Diele konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen: Der Lego-Stadt auf dem Teppich hatten meine Mini-Architektinnen ein festliches Outfit verpasst.
„Wer hat Euch erlaubt, die Christbaumkugeln ... ?“
„Aber unsere Stadt hat auch Weihnachten ... Und die leuchten doch so schön ... !“, argumentierten die beiden Älteren.
Die jüngeren Zwillinge bekräftigten nachdrücklich:
"Daah!"
Gegen ´Daah` waren mütterlichen Argumente machtlos. Seufzend sammelte ich die Kugeln ein und ging zurück ins Wohnzimmer.
„Hier!“
„Nicht zu fassen!“, feixte Papa.
„Und keine kaputt!“, erklärte ich stolz.
In den nächsten Minuten arbeiteten wir sehr umsichtig.Tannenzweige haben Nadeln, an denen wir uns nicht stechen wollten.Trotzdem waren unsere Hände kurz darauf total verkratzt, so, als ob wir Igel gestreichelt hätten. Wenigstens legte der Nachwuchs wohl eine Zankpause ein, denn in der Diele war alles still.

„Hach, ist das schön, diese Ruhe!“
Es wurde uns sehr weihnachtlich zumute. Gerade wollten wir es so richtig genießen, als das Gebrüll wieder einsetzte. Die Kleinen hatten enorm viel neue Energie getankt.
„Gib mia sofort die Puppe wiedaa!“
„Ist ja meine!“
„Gar nich wahr. Das sag ich dem Christkind! - Dann kriegste nichts geschenkt. Bääh!“
„Sag doch!!“
„Ich mach gleich dein Haus kaputt, wenn du mir sie nich wieder gibst!“
Leider besagte ´gleich` ´sofort`. Die Älteste rannte triumphierend mit der Puppe unterm Arm durch die Wohnung. Die Zweite raste brüllend hinterher, entschloss sich aber dann zu dem bereits angekündigten Rachefeldzug. Kreuz und quer latschte sie durch die Lego-Stadt, sehr darauf bedacht, dass wirklich kein Stein auf dem anderen blieb. Es tröstete ungemein.
„Mamaa!! Die macht alles kaputt!“
„Nee, mach ich gar nich ...“
„Mamaa, die gibt mir die Puppe nich wiedaa!!“
Auch die Zwillinge ließen sich etwas zur Unterhaltung ihrer bereits reichlich genervten Eltern einfallen. Wofür lagen denn sonst massenweise Holzklötze herum?
„Daah!“
Die Ältere der Beiden zielte mit einem Klötzchen und traf ihr Schwesterchen am
Arm. Es schrie jämmerlich und ließ Tränchen fließen. Alle Vier brüllten um die Wette.
„Es sind ja nur drei Tage!“, suggerierten wir uns.

Unterstützung bekam ich von Eurasier ´Knödelchen`. Mein sensibler Hund ertrug flennende Ersatzgeschwister nicht. Um die ohrenbetäubende Sirene auszuschalten, schmuste er der Reihe nach mit ihnen. Den jüngeren Zwillingen gönnte er hingebungsvoll sogar Vollwäschen.
„Du bist lieb, Knödelchen! - Der ist viel lieber als ihr!“
„Die sind doof, nich Knödel?“
„Wauwau, ei!“
„Ei, lieber Wauwau!“
„Wauwuff!!“
Stolz setzte sich Knödelchen vor mich hin.
„Na, jetzt ist ja wohl ein dickes Lob fällig!“, schien er zu sagen.
„Ach, Knödel, das haste prima gemacht!“
Noch wagte ich es, so mit ihm zu reden, noch war ich ja nicht fürs Fest geschminkt. Die darauf folgende Vollwäsche dauerte circa drei Minuten.

Meine Kinderschar beobachtete es, der Streit war vergessen und sie lachten! Darüber total happy stimmte Knödel sein Freude-Wolfsgeheul an:
„Wuwuwuuh!!“
„Klasse: Jetzt weiß wenigstens die ganze Nachbarschaft Bescheid! - Mensch, könnt ihr denn nicht leiser sein? Der Lärm ist ja zum Aushalten!“, beschwerte sich Papa.
„Sei doch froh, dass sie sich nicht zanken!“
„Wuff!“, bekräftigte Knödel dies.
Offensichtlich hatte er Oberwasser und bewies es dann auch wenige Minuten später, als endlich der Tannenbaum im Wohnzimmer im Festtagsstaat erstrahlte. Wahrscheinlich hatte er sich gesagt:
„Ich hab` Frauchens Kinder getröstet. Die haben mich doll gelobt. Und Frauchen mich sogar noch doller! - Jetzt darf ich mir bestimmt auch den Baum angucken!"
Knödel setzte alles, was er sich vor nahm, in die Tat um. Hoch gestreckter Nase schritt er ins Weihnachtszimmer. Er war sehr auf seinen Revierchef-Ruf bedacht und sah es als seine Pflicht an, alles, was zum Besitz zählte, zu markieren. Nicht, dass etwa so Katzen blöde, fremde Rüden gar ...
Mit stolzem Seitenblick zu mir lief er zum Baum, schnüffelte und hob das Bein ...
„Neeiin!!!“
Jetzt brüllten wir.
Trotzdem wurde es noch ein gemütliches Fest und die Kinder waren mit den Gaben des Christkindes sehr zufrieden. Dagegen spielte Knödelchen den restlichen Abend lang´beleidigte Leberwurst` und ignorierte uns eisern.

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