Neu hier? Lies hier über unser Motto gemeinsam statt einsam.
Mitglied werden einloggen




Passwort vergessen?

2 3

Pappkartons und eine tote, untote Oma (2)

Von tastifix Freitag 01.07.2022, 08:58 – geändert 03.07.2022, 10:56

Mit Wehmut im Herzen führen wir heim, wo ich dann vor Sorge um K.`s möglichen Unwohlbefindens ständig nervöser wurde.
„Mamaa!! Stell` Dich nicht so an!“
„Ja, aber, falls doch ... “
„Quatsch!“
Wegen ´Quatsch` aus dem Mund Zwillingsschwester T.`s schimpfte ich mich denn ´eine blöde Kuh` und redete den Rest des Tages ausschließlich in gewählten Worten ausgesprochen vernünftig, was T. hoch zufrieden folgendermaßen quittierte:
„Endlich biste wieder normal!“
Abends lag ich grübelnd im Bett:
„Sie hat Recht! Ist ja alles in bester Ordnung!“
Bei diesem beruhigenden Gedanken schlief ich endlich ruhig ein. Aber:
´Irren ist menschlich.`
Als wie wahr sich jener Spruch in dieser Nacht erweisen sollte, ahnte ich ahnungsloses Etwas zum Glück nicht.

K. in ihrem neuen Reich antmete auf:
„Wenigstens haben sie nicht geheult!“
Sie marschierte durch ihre Wohnung, schaute in dem einen Zimmer genervt auf die Pappkartons, im nächsten auf die wild verstreuten Handwerksutensilien, betrachtete danach jedoch stolz ihr halb eingerichtetes Schlaf- und landete schließlich im Wohnzimmer:
„Morgen müssen aber unbedingt Omas Möbel raus!“
Ihr Blick streifte nochmals den kleinen Couchtisch mit dem darauf stehenden Porzellan:
„Komisch!“
Es jetzt noch wegzuräumen, war sie zu faul und zu müde. Sie gähnte herzhaft, kroch ins Bett und war sofort eingeschlafen.


Es wurde ein sehr turbulenter Traum:

Im Wohnzimmer stehend, schnippte sie mit den Fingern wie dazumal Mary Poppins, woraufhin Omas Möbel den Raum sofort auf einem ungewöhnlich direkten Weg, nämlich durchs Fenster verließen und, wie es K. verblüfft mit verfolgte, zielstrebig gen Mars flogen.
„Die Marsmännchen werden sich freuen!“
Oma besaß nämlich sehr schöne Möbel.
K. schnippte ein zweites Mal. Im nächsten Moment standen ihr Schreibtisch, ihr Kleiderschrank, die Regale, die Cd-Vitrine, der Nachttisch plus Leuchte und den darauf liegenden, geliebten Handy-Zwillingen vor ihr. Sie nickte und schon schob sich alles an den Platz, an dem sie es zu sehen wünschte.
„Sieht klasse aus!“
Amüsiert schnippte sie sehr nachdrücklich ein drittes Mal mit dem Finger. Laut rumpelnd rutschten Pappkartonberge herzu und harrten wie Soldaten offensichtlich weiterer Befehle:
„Was, wie, wohin?“
„Karton 1-5 ins Schlafzimmer, auspacken und alles in den Kleiderschrank und auf die Regale. Aber ordentlich!“. forderte K., die daheim mit Vorliebe unordentlich gewesen war.
„Karton 6-12 fix ins Wohnzimmer: Cds aufs Regal, Schmuckkasten in die Kommode und Besteck sowie Porzellan in die Vitrine!“

Zackig drehten die Kartons ab und verschwanden in die befohlene Richtung. Kurz darauf vernahm man ein lautes Klimpern und Klappern. Alarmiert eilte Generalin K. in die verschiedenen Zimmer, kontrollierte den Armee-Pappkarton-Gehorsam und war des Lobes voll:
„Gut gemacht!“
Und befahl:
„Achtung: Flach zusammen klappen!“
„Jawohl, Frau Generalin!“, antworteten die Klappdeckel im Chor.
Prompt lagen sie platt aufeinander gestapelt in der Diele neben der Eingangstür. Unsere Tochter wunderte sich nun ja doch, dass sie sich kein bisschen über all dies ver-rückte Geschehen wunderte:
„Komisch!“
Die Kartons noch zu entsorgen, war ihr zu mühsam.
„Mach` ich morgen!“
Sie ging ins Bett und zog sich die Decke über den Kopf.
Mehrere Stunden vergingen. Plötzlich aber schellte es dermaßen aufdringlich Sturm, dass K. im Bett in die Kerzengerade schoss.
„Hääh?“
Verdrossen schielte sie auf den Wecker:
„Ich werd` bekloppt: Mitternacht!“
Schlagartig ergriff sie Panik.
„Einbrecher! - Nee, die würden nicht klingeln!!“, sagte sie sich und gedachte ihrer Restfamilie.
„Mama und Papa hätten vorher angerufen, wenn was passiert wäre!“
Derweil schellte es unentwegt weiter. Sauer krebste K. zur Tür.
„Wer ist denn dort?“
Kurz eine unheilverkündende Stille. Danach aber dröhnte es ihr beleidigt entgegen:
„Na gut, wenn Du nicht öffnest, dann eben anders!“
Einen Moment später drohte K. in Ohnmacht zu fallen, denn neben ihr stand plötzlich eine Gestalt mit kalkweißem Gesicht, einer Stimme wie aus einem Grab und eingehüllt in ein wallendes, ebenso weißes Leinengewand. Kreidebleich und keines Wortes mehr mächtig starrte unsere Tochter ihr Gegenüber an.
´Ich bin durchgedreht!`
„Ist das etwa eine Art, Deine Oma zu begrüßen?“, versetzte die Gestalt und huschte an ihr vorbei zielsicher ins Wohnzimmer.

Inzwischen hatte sich K. wieder notdürftig berappelt, ihr logisches Denkvermögen zurück und fühlte sich wieder in der Lage, sich wenigstens stotternd zu äußern:
„A..Aber, Du bist doch tot!“, hauchte sie, während sie ihre für einen Bewohner des Jenseits ungewöhnlich untote, eher ausgesprochen lebendig um den Wohnzimmertisch herum wuselnde Großmutter beobachtete.
„Papperlapapp!“, war die ungerührte Antwort.
Und dann:
„Wir müssen uns beeilen. Gleich werden sie hier sein!“
„Be..Beeilen?“, schnappte K. nach Luft, „Wieso das denn? - Und ´sie`? Kommen etwa noch welche!?“
Fassungslos schaute sie Oma zu, die resolut die Kaffeetassen vom Couchtisch nahm und sie zurück in den Vitrine stellte.
„Also, nein, wie altmodisch! Höchste Zeit, dass ich Dein Stilgefühl auf Vordermann bringe!“
K. wollte eigentlich entgegnen, dass es sich bei dem angefeindeten Porzellan eindeutig um Omas eigene Kaffeetassen handelte, jedoch hatte es ihr genauso eindeutig ein weiteres Mal die Sprache verschlagen. Wie neben sich stehend registrierte sie, wie Oma, lautlos durch den Raum schwebend, mit einem denn wahrlich ungeheuer sicherem Gespür für Geschmack den Tisch in eine Mini-Tafel verwandelte.
´Komisch! Das hätte ich ihr nie zugetraut!`
Allerdings traute sie dann den Augen beinahe genauso wenig, denn der Anblick dessen, was sich dort so irre geschmacklos präsentierte, raubte ihr fast den Atem. Sechs unmöglich verschnörkelt gestylte Kaffeegedecke schmückten den Tisch. Weil der jedoch sehr klein war, passten die Tassen nicht mehr drauf und schwebten eine jede rechts des zugehörigen Tellers in der Luft.
„Himmel!“, murmelte K..
Ja, der hatte eindeutig die Hand mit im Spiel, was sich bald unbezweifelbar nachdrücklich bewies, denn dann folgte der Clou ...









.

Du möchtest die Antworten lesen und mitdiskutieren? Tritt erst der Gruppe bei. Gruppe beitreten

Mitglieder > Mitgliedergruppen > Kreativ Schreiben > Forum > Pappkartons und eine tote, untote Oma (2)