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Iih, mag ich nicht!!!

Von tastifix Donnerstag 25.02.2021, 14:36

Jede meiner Töchter hatte einen anderen Geschmack, was sich leider nicht nur bei der Vorstellung von „Mode“ bewies. Was die anbelangte, äußerte ich mich schon längst nicht mehr dazu, gedachte aber stets mit Grauen der Jeans mit der eingearbeiteten Klimaanlage (Löcher am Po, in der Kniegegend und auch Gucklöcher für die Waden). Dummerweise durfte ich selbst dann, wenn meine Töchter morgens zur Schule abmarschiert waren, jenen Anblick nicht aus dem Gedächtnis verbannen. Betrat ich nämlich die Küche, guckte mir mein geliebtes Sieb entgegen - mit noch mehr Löchern. Es fungierte als metallene Hosenvertretung, meinen Beinkleiderfrust keck ignorierend. Es gab auch keine Chance, dieser Konfrontation auszuweichen, denn mein Leben spielte sich selbst bei herrlichstem Sommerwetter hauptsächlich in jenem Raum ab.

Als engagierter Mutter interessierte mich von morgens bis abends ausschließlich das Wohl meiner Kinder. Das größte Glück bedeutete es für mich, sie von vorne bis hinten und möglichst noch rund um die Uhr zu bedienen. Um der Fürsorglichkeit die Krone aufzusetzen, spielte ich, mir sehr wohl der damit verbundenen besonderen Verantwortung bewusst, fleißig Köchin für sie. Dies erwies sich als recht kompliziert. Die älteste Tochter mochte keine Tomaten, die zweite keinen Käse, die dritte keine Eier und die vierte so rein gar nichts. Ihr war ich dann ausgesprochen dankbar.

Rein gar nichts erwies sich als äußerst praktisch, arbeitssparend und stand nach einer extrem kurzen Zubereitungszeit, nämlich so ungefähr gar keiner Minute, verlockend auf dem von mir liebevoll gedeckten Tisch und jenes Töchterlein strahlte mich prompt dankbar an. Die restliche Kinderschar jedoch hätte mich nach fassungslosem Staunen am liebsten per Blick erdolcht. Weil ich jedoch extrem am Leben hänge, blieb es mir nur, schleunigst von dieser bequemen Art, Mittagessen fertig zu stellen, Abstand zu nehmen.

Nein, ich musste unbedingt ein Gericht finden, dass allen Vieren schmeckte! So erstand ich sämtliche Kochbuchbestände Düsseldorfs und hoffte verzweifelt, sie würden mir irgendwelche Mahlzeiten ohne Tomaten, Käse und Eier präsentieren. Aber selbst die berühmten Köche der Welt standen meinem Problem offensichtlich ratlos gegenüber. Überall leuchteten mir in satten Farben künstlerisch wertvolle Fotos von Tomaten, Käse und Eiern entgegen.Verzweifelt erwarb ich ein zusätzliches Küchenregal, verstaute darauf jene klugen Bücher und vergaß sie wohlweislich.

Alle paar Wochen gönnte ich mir tatsächlich Koch-Ferien und einen ausgiebigen Bummel durch den Supermarkt.Wie ich mich dunkel erinnerte - der letzte Einkauf war schon so lange her - lagen dort viele dicke Illustrierten aus, die man in Ruhe durchblättern und, falls die Zeit dafür reichte, sogar lesen durfte. Mir war das Schicksal gut gesonnen. Ich durfte schmökern.Wahllos griff ich mir eine und erwischte ausgerechnet die Elternzeitschrift. Die erklärte, an allem Unglück im Umgang mit dem lieben Nachwuchs seien allein die Erziehungsberechtigten schuld und erklärte jene durchweg zu Irren im Geiste. Dem Nachwuchs durfte auf keinen Fall Schelte angedroht werden, denn dessen zarte Kinderseele hätte daran zerbrechen können. Irgendwie wunderte mich diese Aussage beträchtlich, denn wie oft machte sich solch ein Kleines Luft und schrie ausgesprochen frech mit droehnendem Stimmchen ´Mist!!` durch die Gegend.
Zudem vertrat jenes neunmalkluge Heft die Ansicht, dass den Erziehungsberechtigten besser deren Berechtigung zum Erziehen entzogen und sie stattdessen den Kindern übertragen werden sollte, damit aus den Großen irgendwann denn doch richtige Erwachsene werden würden. Genervt tat ich mir das Weitere nicht an, sondern blätterte die Seite energisch um. Nichtsahnend beeinflusste ich damit mein Schicksal erheblich zu meinen Gunsten. Umseitig sahen mir wirklich bunte Menüs ohne Eier, Tomaten und ohne Käse entgegen - alles Kartoffelgerichte! Ich nahm es als Zeichen des Himmels. Ja, es würde Bratkartoffeln geben. Die mochten alle Kinder. Zu denen könnte ich sogar Tochter Reingarnichts überreden.

Wieder daheim, tänzelte ich bester Laune in die geliebte Küche, kochte drei Kilo Kartoffeln, gab sie in Scheiben geschnitten in die Pfanne, mischte Zwiebelwürfel darunter und streute noch Gewürze darüber. Nach wenigen Minuten zog ein köstlicher Bratkartoffelduft durchs Haus. Ungeduldig wartete ich auf das Eintreffen der Kinderschar, die zum Glück alle gleichzeitig eintrudelten. Wir saßen zu Tisch, meine Kleinen entdeckten die Bratkartoffeln. Statt zu strahlen, zogen sie urplötzlich beleidigt-finstere Mienen. Meine Älteste machte den Anfang:
„Ich mag die nicht!"
Ihre jüngere Schwester schloss sich an.
„Ich auch nicht!"
Meine noch jüngeren Zwillinge plapperten brav nach, was die Großen gesagt hatten. Die waren ja schon so weise und mussten es wissen. Meine Vier waren sich ausnahmsweise mal einig:
„Nicht mit uns!"

Die dampfenden Teller blieben unberührt, das Besteck wurde empört zur Seite geschoben. In der Hand die Pfanne balancierend, kehrte ich wütend meinem Nachwuchs im Zeitlupentempo den Rücken zu, drehte mich zur Spüle und flehte den Himmel an:
´Bitte lass mich diesem Zirkus schnell auf friedliche Weise ein Ende bereiten. Nicht, dass ich gar noch ausraste!!`

Der hatte Erbarmen und ich in der nächsten Sekunde die passende Idee. Mit grobem Schwung riss ich die Pfanne hoch und knallte sie mit Wucht ins Spülbecken. Die lieben Kleinen mucksten sich nicht mehr. Es herrschte Totenstille. So etwas kannten sie von mir nicht. Das hatte ihre Mama noch nie gemacht. Ebenso langsam wandte ich mich ihnen wieder zu und sah in entsetzte Gesichter und auf offen stehende Münder.
„Es reicht mir!", bemerkte ich mit gefährlicher Ruhe in der Stimme. „Jetzt ist endgültig Schluss!!“
Noch am selben Tage erklärten meine Töchter die Bratkartoffeln zu ihrer Lieblingsspeise!

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