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Hörmemory

Von Feierabend-Mitglied 28.02.2021, 21:59

Meine Gruppenkinder hatten eine Phase, in der sie unerträglich laut waren. Manchmal verstanden sie sich gegenseitig nicht mehr und was ich sagte, schon gar nicht. Selbst ein freundliches Ermahnen hatte im höchsten Fall für 3 Minuten Erfolg. Mir war klar, dass dahinter eine unbändige Lebensfreude steckte, denn es war nicht aggressiv. Aber die schüchternen Kinder kamen völlig zu kurz und sozial oder gruppenfreundlich konnte man es auch nicht mehr nennen. Auch spürte ich, dass ich zunehmend gereizt wurde.

Ich wollte nicht reglementieren, also wurde es Zeit für ein neues Projekt. Und da meine Knirpse so gern Memory spielten beschloss ich, für die Gruppe ein Hör-Memory selbst zu machen.

Ich besorgte mir 30 schwarze Filmdosen, die man gut verschließen konnte und immer in 2 Dosen tat ich die gleichen Dinge. Alles Mögliche kam da hinein (Erbsen, Zucker, Büroklammern, Wasser, Sand, kleine Holzstifte, eine kleine Münze, Pinienkerne, Haferflocken, Knöpfe, Mehl, Glitzerstaub, eine Holzkugel, Nägel,und kleine Kunststoffperlen).

Sechs Kinder setzten sich an einen Tisch, ich schraubte alle Dosen auf und ließ die Zwerge die Dinge einzeln benennen, so taten wir noch ganz nebenbei etwas für die Sprachentwicklung. Während dieser Zeit waren die anderen Kinder im Nebenzimmer und mussten leise spielen, damit sie als nächste Gruppe drankamen und schon mal üben konnten. Dann schloss ich alle Dosen. und verteilte sie ganz durcheinander wie beim Memory. Und nun erst einmal 2 Minuten totale Stille, damit die Ohren aufmerksam werden konnten. Nacheinander probierten wir alles aus und hielten die Dosen dicht ans Ohr.

Robert begann zu horchen, ob 2 Dosen den selben Klang hatten. "Das geht nicht", schimpfte er und guckte mich böse an, dann kam der Nächste dran. Nach 5 Versuchen hatten wir das erste Pärchen. Es dauerte eine Weile, bis sich die Ohren auf die Stille einstellten, die schüchternen Kinder hatten bessere Erfolge, aber dann war die Begeisterung groß.

Es berührte mich sehr, weil sie nicht aufgaben, sondern immer neu versuchten. Auch Frustration muss geübt werden und damit tun sich verwöhnte Kinder besonders schwer. Sie lernten das nebenbei im Spiel.

Die zweite Gruppe war jünger und so nahm ich nur die Hälfte der Dosen, um eher Erfolgserlebnisse möglich zu machen. Dieses Spiel wurde über Wochen zum absoluten Renner. Als es anfing langweilig zu werden brachte Micha neue Dosen von zu Hause mit und wir erweiterten die Anzahl. So sammelten die Kinder draußen Beeren, Steinchen, andere Früchte und sogar zwei Haarklemmen und so ging es noch eine Zeitlang weiter. Das Achten auf kleine Dinge und leise Geräusche nahm zu und so übten wir manchmal zur Abwechslung beim Essen zu flüstern, das machte Spaß und übte das Zuhören.

Auch zu Hause wurden bei einigen Kindern Hör-Memorys gebastelt, nur waren manche Eltern nicht so froh darüber, weil ihre Kinder anfingen, an Türen zu lauschen und Dinge aus Gesprächen mitbekamen, die nicht für sie bestimmt waren.

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