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Hasenöhrl

Von Muehlbachhexe1 Mittwoch 05.12.2018, 22:26 – geändert Mittwoch 05.12.2018, 23:10

noch eine Geschichte von der Omel, die dieses
wunderbare Schmalzgebäck so gut machte, wie niemand sonst!

Meine Schwiegermutter hatte weder zum Kochen noch zum Backen jemals ein Rezept gebraucht, sie hat genau das gekocht was auch ihre Mutter schon gekocht - und so, wie sie es von ihr gelernt hat.
Es ist die einfache Küche des Bayrischen Waldes und die bäuerliche des Rottals- regional, saisonal, nahrhaft und schmackhaft - die meine Schwiegermutter in achzig Jahren Hausfrauendasein beinahe täglich auf den Tisch gebracht hatte.

Ich wollte gerne, dass diese alten und ganz eigenen Rezepte der Familie erhalten bleiben und nachgekocht werden können und dazu musste ich sie aufschreiben.

War sicher nicht überhastet, als ich damit anfing, die Omel, wie sie in der Familie genannt wird, war 98 Jahre alt und grad für eine Woche zur Kurzzeitpflege im Altenheim. Am Nachmittag war ihr eh immer langweilig, „weilsd mid de oidn Leit da herinn nix mea ofonga konnst“(die Mitbewohner sind zu alt und zu fad), und so hatte ich mich mit Block und Stift bewaffnet, habe beim „Wagner- Bäck“ eine Zwetschgennudel erstanden, weil der Omel der Kuchen im Heim immer „z drugga“ ( zu trocken) war und bin sie besuchen gegangen.

Die Omel hatte schon kreuzfidel in der Cafeteria gewartet und sich gefreut- besonders über die Zwetschgennudel. Nachdem ich ihr noch ein Haferl Kaffee mit ordentlich Milch und 4 Löffel Zucker versetzt hatte, war sie gerüstet, mir ihre Rezepte in den Stift zu diktieren.
Ich wollte mit ihren sensationellen Hasenöhrln anfangen.
Jetzt muss ich aber noch erklären, dass das Hasenöhrl deswegen so heißt, weil es ein bißl so aussieht wie selbiges, nämlich dreieckig. Beim Ausbacken im Butterschmalz plustert sich der zarte Teig auf wie ein kleines Polster, wird goldgelb und knusprig. Wunderbar!
Ungezuckert werden die Teile zu Tomaten- und Kartoffelsuppe-, mit Puderzucker bestäubt, zum Kaffee gegessen.

Die Omel fertigte bei einem Produktionsgang immer einen Riesenberg, weil erstens in unserer Familie gern und viel gegessen wird, zweitens die Dinger so zart und gut sind, dass auch ein durchschnittlicher Esser problemlos mehrere davon verdrücken kann und drittens, eventuelle Reste, gleichmäßig unter den Anwesenden verteilt und eingetuppert, gerne mit heim genommen wurden.
Die Omel schlürfte also ihren Kaffee und mampfte glücklich die Nudel und ich legte los.

Hier der O-Ton mit Übersetzung in`s Deutsche:
Omel, wiavui Mei brauch i fia d Hosenehrl? (Wieviel Mehl benötige ich für die Hasenöhrl?)
Scho ebbs, wias d hoid d Leid host! (Einiges, je nach Anzahl der Personen, die es zu bewirten gilt!)
Wiavui host du oiwei gmochd? (Was war für dich die übliche Menge?)
A Backl scho, oba a Leffe mehra schod a ned! (Ein Kilo mindestens, aber ein Löffel mehr schadet auch nicht!)
Aha! Bleim ma bei am Backl, wos brauch i no? (Gehen wir mal von einem Kilo aus, was kommt noch dazu?)
Oa und bei de Oa braugsd ned sparn! (Eier, bei deren Anzahl du großzügig sein solltest!)
Wiavui? (Wieviel Eier soll ich nehmen?)
A sexe, simme oiwei, oda mehra und a guads Schnepfe Soiz! (Sechs oder sieben Stück mindestens, oder auch mehr und dazu eine ausreichende Prise Salz!)
Und wos dua i no eini? (Was muß noch in den Teig?)
A Ladung Sauerrahm, kannst a weng an siassn dazua doa und a Mili , wosd hoid grod do host!
(Jede Menge Sauerrahm, die nötige Flüssigkeit kann aber mit Sahne und Milch ergänzt werden, sollten sich davon eventuell noch Reste im Kühlschrank finden!)
Wiavui is des iban Dam? (Wieviel Menge Flüssigkeit wäre das wohl insgesamt, so über den Daumen gepeilt?)
Mei, des segst scho, des hod ma im Gfui. Da Doag muaß hoid muid sei! (So lange nach Gefühl Mehl und Flüssigkeit mischen, bis ein geschmeidiger Teig entstanden ist!)
Die Omel war fertig mit Kaffee und Rohrnudel und liess ihren Blick entspannt durch die Cafeteria schweifen. Als sich ein – ich sag jetzt mal ausgesprochen gut genährter- Mann in ihr Blickfeld schiebt, guckte sie interessiert und sagte dann ganz allgemein und an niemand gerichtet, aber deutlich vernehmbar „ A Mo ohne Wampm is a Krippe“ (Ein Mann ohne Bauch ist körperlich behindert!) und übergangslos weiter zu mir:
Und a weng rostn muaß man lossn! (Er sollte etwas ruhen dürfen!)
Ich war kurz irritiert:
Wen? (Von wem sprichst du?)
An Doag! (Vom Teig!)
Eh klar- wia long? (Wie lange?)
Mei! (Verbales Schulterzucken!)
?? (??)
Danoch muaßd n auswoigln, oba ganz dinn, daß a da ned hocka bleibt! (Nach dem ruhen muß der Teig ganz dünn ausgerollt werden, damit er richtig aufgehen kann!
Dann radlsd n aus und loßt d Ehrl so long im Butterschmoiz, bis aufganga- und sche goidgeib san! (Den Teig in Dreiecke schneiden und die Öhrchen in Butterschmalz goldgelb sieden!)
Die Omel strahlte mich an: Segst- so oafach gengans! (Siehst du- alles ganz easy!)

Ich hatte mit ihr ausgemacht, dass ich das nächste Mal aufschreib, wie sie Fingernudeln und Zwetschgenbavesen macht.
Leider „ is mir davor davo- mitt`n unter da Arnt“! (Leider ist sie davor gestorben)
Aaaber…..ich hab mittlerweile beides solang probiert, bis ich meine, dass es gut gelingt und auch ihr schmecken würde.
Aber auch dazu gibt es einen Ausspruch der Omel (nachdem sie mein Essen ungehemmt in sich reingehauen - und mit sichtlichem Wohlbehagen den Bauch gerieben hat), der mittlerweile zum Running-Gag in der Familie geworden ist- "Glori, guad host kocht, oba i iß eh ois!"
(Gloria, gut hast du gekocht- aber ich esse eh alles!)


Muehlbachhexe1

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