Greisi und ich
Von
tastifix
Freitag 21.06.2024, 10:29 – geändert Mittwoch 19.03.2025, 07:59
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tastifix
Freitag 21.06.2024, 10:29 – geändert Mittwoch 19.03.2025, 07:59
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Ich bummelte durch die Geschäfte. In einem Blumenladen fiel mir eine Kaktee auf, die ausschaute, als würde sie Haare haben.
„Wie heißt die?“
„Weiß ich auch nicht!“, erklärte die Verkäuferin.“Wir haben so viele hier. Kann mir ja nicht alle Namen merken!“
´Hm, und dann verkauft sie hier!!??`, dachte ich.
Aber die kleine Kaktee hatte mich mit ihrem Strubbelkopf betört und reiste also mit gen Heimat. Zuhause befragte ich einen großen Pflanzenratgeber nach ihrem Namen.
´Greisenhaupt!`, stand dort.
„Passt!“, stimmte ich zu.
Doch ich wollte mehr Informationen. Aha! In voller Sonne, aber kühl sollte sie stehen, alle vier Wochen gedüngt werden und im Winter gar kein Wasser bekommen.
„Kakteen -und kühl stellen?“
Meine standen alle sehr warm auf den Fensterbänken Südwestseite.
„Und Du gleich auch!“, verriet ich der Kleinen.
Anscheinend hatte sie, nun von mir liebevoll Greisi genannt, nichts dagegen. Jedenfalls trotzte sie nicht etwa. Mich trieb die Neugierde, vielleicht noch mehr über sie zu erfahren und wieder schlug ich nach. Plötzlich lachte ich laut.
„Waaas soll ich??? - Morgen, ja, morgen … Mal gucken!“
`´
Am nächsten Morgen startete ich einen sehr eigenartig zusammen gestellten Großeinkauf. Dabei hatte ich Mühe, noch ernst zu bleiben. Denn das, was ich vor hatte, wäre ja so verrückt …
Wieder daheim, begrüsste ich Greisi besonders lieb, denn die Kleine sollte sich ja bei mir wohlfühlen. Dennoch vermied ich es tunlich, sie zu streicheln. Dann trug ich sie in die Küche.
„Guck mal, was ich alles für Dich gekauft habe!“
Ja, man spreche mit seinen Pflanzen! Denen geht’s dann angeblich noch besser als ohnehin schon.
Fantasie bewirkt ja viel:
Die Kleine schien von dem Sammelsurium auf dem Tisch nicht viel zu halten.
„Was soll denn das?“
Ich sparte mir die Antwort und beförderte sie samt des gesamten Einkaufs ins Bad. Prompt guckte Greisi ziemlich irritiert.
"Nee, niich ...!?“
Ób sie sowas schon mal hat mitmachen müssen?`, grübelte ich kurz und meinte:
„Doch!!“
Bevor sie sich noch einen Schicksalabwehrtrick einfallen lassen konnte, wie etwa Dornenweitwurf in meine Richtung, setzte ich sie in den ebenfalls neu erstandenen Puppensessel und hing ihn an den Waschbeckenrand. Darin positionierte ich Greisis Untopf dermaßen schräg nach vorn, dass Greisi halb über dem Becken hing.
„Mir is schwindelig!“, jammerte sie.
„Erzähl nicht solch einen Qautsch!“, wies ich sie zurecht. „Was machste denn dann, wenn Du später riesig bist und aus luftger Höhe mal gern an Dir runter gucken würdest?“
„Dann guck ich eben nicht runter!!“, kam patzig zurück.
Trotzdem tat sie mir in dem Moiment etwas leid und so legte ich ihr den neuen Puppenfrisierumhang besonders behutsam um, zog ihn so hoch, dass wegen fehlender Sicht keine Schwindelgefühle auftreten konnten, aber Gresi genauso wenig die Chance blieb, laut zu protestieren. Hach, himmlische Ruhe wäre mir vergönnt!
Fix ließ ich Wasser ins Becken sprudeln und kippte gleich eine halbe Flasche Spülmittel hinzu. Mit dem Erfolg, dass es extrem schäumte. Bis zum Beckenrand schäumte. Darob sehr zufrieden, tauchte ich Greisis grauweißen Haarschopf so tief wie mögich hinein. Leider verrutschte dabei der schützende Umhang:
„Aua! Das tut weh!!“
„Geht nicht anders. Die Haare müssen sauber werden!“
Grummelnd verstummte Greisi.
Als ich anschließend das Spezial-Spülmittel-Wasser-Shampoo gründlich ausspülte … :
„Aufhören! Das beißt so“!“. wurde Greisi pampig und ich dann wütend.
Mir langte es nämlich.
„Motzt Du jetzt so weiter, dann beiß ich Dich mal, aber feste!“
Klar nicht, wäre ja ausgesprochen dämlich gewesen! Ich sah mich nämlich vor mir mit bluttriefendem, ringsum mit Dornen gespicktem Mund. Und, wie lange es dauert, solch Kakteengaben wieder zu entfernen, wusste ich. Vor Längerem hatte ein solcher gemeiner Piekser in meinem Finger gesteckt und ich fast eine Viertelstunde benötigt, um den wieder raus zu holen.
Inzwischen weißte es sich im Becken sehr verdächtig. Greisi sah es, ignorierte meine Drohung und meckerte wieder:
„Meine armen Haare, ich verlier ja meine Haare!!“
„Unsinn! Das sind keine. Du hattest Schuppen! Wurde höchste Zeit!“
Offensichtlich war Greisi die Prozedur Schauma-leid. Zudem fror sie so klatschnass, eindeutig arg vor sich hin.
„Nooch nicht fertig??“
„Doch, gleich! Nur noch trocknen!“
Ängstlich schielte Greisi zum Föhn.
„Aber nicht mit dem! Der ist so heiß! - Und außerdem krieg ich dann vielleicht Locken. Nee, will ich nicht!“
„Also: Entweder wir fönen oder ich lass Dich hier hocken und Du frierst weiter!“
Es saß. Nur noch leise maulend gab sich Greisi geschlagen. Bestimmt wollte sie möglichst rasch zurück auf die Fensterbak und sich dort von der ja unverschämten Quälerei erholen.
Kurz darauf - ich hatte den Föhn denn doch noch auf ´Kalt` gestellt - brachte ich die Kleine zurück zu den anderen Kakteen. Mit ihrem jetzt blendend weißen Haarschopf war sie nun die eleganteste. Greisi war versöhnt, ja stolz, schwieg endlich und benahm sich somit so, wie man es im Allgemeinen von Pflanzen erwartet. Auch ich war stolz: Greisi sah einfach toll aus!